Als nichtstaatliche Abgabe zählt auch die Rundfunkgebühr von 17,98 Euro im Monat. Damit sich niemand der Gebühr entziehen kann, müssen seit Jahresbeginn jeder Haushalt und Betrieb zahlen – egal, ob sie Radio- oder TV-Geräte besitzen oder nicht. Für einen Privathaushalt sind das 215,76 Euro im Jahr; insgesamt kassieren ARD und ZDF rund 7,5 Milliarden Euro. Kalendarisch gesehen: Einen guten Tag arbeiten wir nur für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Also noch ein Sekt gefällig? Der 13. Juli böte einen Anlass.
Zu den Tricks der Politik gehört auch, das Volk mit Euphemismen zu narkotisieren. Der Solidaritätszuschlag etwa hat nur noch wenig mit brüderlicher Aufbauhilfe für den Osten zu tun. Den 14 Milliarden Euro Soli-Aufkommen stehen in diesem Jahr nur schätzungsweise sechs Milliarden Euro an Ausgaben für den Aufbau Ost gegenüber. Bis 2019 summieren sich die Überschüsse aus der Sonderabgabe auf ungefähr 100 Milliarden Euro, die allein dem Bundeshaushalt zugute kommen. Ob der Soli danach wie ursprünglich vereinbart verschwindet? SPD, Grüne und die Linke fordern schon jetzt den dauerhaften Fortbestand des 5,5-prozentigen Zuschlags auf Einkommen-, Abgeltung- und Körperschaftsteuer. Das erinnert an die Sektsteuer, die im Kaiserreich zur Finanzierung der Kriegsflotte eingeführt wurde und unter den Nazis als Beitrag für den U-Boot-Bau galt. Zwei verlorene Kriege und 111 Jahre hat diese Steuer inzwischen überlebt.
Als „Ökosteuer“ adelte die rot-grüne Bundesregierung 1999 gar die Einführung der Stromsteuer und Aufschläge bei der Mineralölsteuer. Um die Akzeptanz zu erhöhen, versprach die Regierung, die Einnahmen zur Stabilisierung der Rentenversicherung zu verwenden. Ähnlich obskur war und ist der Umgang mit der Tabaksteuer. Diese wurde unter anderem erhöht, um zusätzliche Sicherheitsausgaben nach den New Yorker Anschlägen vom 11. September 2001 zu finanzieren. Kommentar des damaligen FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle: „Rauchen für die Sicherheit, Rasen für die Rente. Das ist keine Finanzpolitik, das ist Gaga.“
Dass Westerwelle später zu schwarz-gelben Koalitionszeiten auf eine Rücknahme dieser Steuern gedrängt habe, ist indes nicht überliefert. Einmal eingeführte Steuern fristen ein zähes Eigenleben, sobald sich das Volk an sie gewöhnt hat.
Heimliche Steuererhöhungen passen da ins Regier- und Kassiermuster. Am bekanntesten und effektivsten ist die sogenannte kalte Progression (siehe Tabelle). Beschäftigte rutschen dabei durch Lohnerhöhungen auf der progressiven Steuertarifkurve nach oben und müssen einen höheren Prozentsatz ihres Einkommens an den Fiskus abliefern. Bei einem Single mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 30.000 Euro beispielsweise bedeutet dies nach Berechnungen des Steuerzahlerbundes: Gehaltszuwächse um 13 Prozent bis 2017 führen zu 23 Prozent mehr Steuerlast. Im Extremfall kann das dazu führen, dass Arbeitnehmer nach einer Lohnerhöhung netto weniger im Portemonnaie haben.
Musterrechnung: Ärgernis kalte Progression | |||||
Wenn das Einkommen innerhalb von vier Jahren um 13,3 Prozent* steigt... | ...erhöht sich die Steuerlast der Arbeitnehmer überproportional... | ...und das zusätzlich verdiente Geld bleibt z einem großen Teil beim Staat | |||
2013 | 2017 | 2013 | 2017 | Veränderung Einkommen (netto) | Veränderung der Steuerlast |
20.000 | 22.600 | 2823 | 3596 | +10,6 Prozent | +27,4 Prozent |
30.000 | 33.990 | 5908 | 7274 | 10,9 | 23,1 |
40.000 | 45.320 | 9476 | 11.571 | 10,6 | 22,1 |
50.000 | 56.650 | 13.527 | 16.454 | 10,2 | 21,6 |
60.000 | 67.980 | 17.938 | 10,6 | 10,6 | 19,7 |
*Wert entspricht dem fortgeschriebenen Tarifabschluss im öffentlichen Dienst; Annahme: Alleinstehender, konstanter Steuertarif Quelle: Bund der Steuerzahler, eigene Berechnungen |
Drei Milliarden Euro pro anno kassiert der Fiskus durch die kalte Progression. Ende vorigen Jahres wollte die schwarz-gelbe Koalition endlich diesen leistungsfeindlichen Automatismus abschaffen, doch scheiterte sie am rot-grünen Widerstand im Bundesrat. Die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen und SPD-Wortführerin Hannelore Kraft erklärte ihr Nein zum Abbau der kalten Progression mit den Worten: „Auch ich würde gerne Geschenke verteilen, aber Ländern und Kommunen fehlen dafür die notwendigen Finanzmittel.“
Krafts Worte sind bemerkenswert. Zum einen reichen die Rekordeinnahmen offenbar immer noch nicht aus, um die öffentlichen Haushalte in Ordnung zu bringen. Zum anderen illustriert die Formulierung der SPD-Politikerin – „Geschenke verteilen...“ –, wie sie das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern sieht. Was der Staat seinen Bürgern nicht wegnimmt, versteht die Sozialdemokratin als „Geschenk“. Das wirkt wie roter Absolutismus.
Dazu passen trefflich die Wahlprogramme von SPD, Grünen und der Linken, die Einkommensteuer für Gutverdiener zu erhöhen und die Vermögensteuer wiederzubeleben. Allein die Grünen-Pläne würden das Steueraufkommen um 40 Milliarden Euro in die Höhe treiben, errechnete der Wirtschaftsverband Die Familienunternehmer. Statistisch gesehen müssten die Deutschen dann noch eine Woche länger für den Staat arbeiten – bis zum 20. Juli.