Steuern Kampf gegen die Steuertrickser

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US-Companys auf Kriegskasse

Alte und neue Steueroasen
Ein Strand auf den Tobago Keys Quelle: dpa
Ein Schild mit dem Zeichen von Liechtenstein Quelle: REUTERS
Eine Stadt in Zypern Quelle: dapd
Festungsmuseum in Luxemburg Quelle: dpa
Wiener Opernball Quelle: dpa
Bauern in der Schweiz Quelle: dapd
Dubai Quelle: dapd

Europäer und insbesondere in der sozialen Marktwirtschaft aufgewachsene Bundesbürger mag es bei diesen Worten schaudern. Doch in den USA ist kapitalistisches Gedankengut keineswegs verpönt. Im Gegenteil, die US-Regierung unterstützt das Steuersparmodell à la Google tatkräftig – solange die Konzerne für ihre inländischen Aktivitäten daheim brav ihre Steuern von bis zu 40 Prozent zahlen.

Was kaum jemand weiß: Seit die Regierung 2009 einen „Tax Holiday“ ausgerufen hat, stundet der US-Fiskus Google & Co. die Steuern auf ausländische und in der Karibik gebunkerte Gewinne. Mit dem Segen von Präsident Barack Obama sitzen die US-Companys auf einer gigantischen Kriegskasse, mit der sie die Weltmärkte erobern. Von den Triple-B-Inseln Barbados, Bermudas und British Virgin Islands stammten 2010 mehr ausländische Direktinvestitionen als aus Deutschland, empört sich Schäubles Spitzenbeamter Sell.

Ein Hauch von United Fruits umweht die neuen US-Konzerne, nur dass es heute nicht um mittelamerikanische Bananen geht, sondern um Internet-Dienste, Smartphones und ein hippes Kaffeegefühl für die ganze Welt. Und an die Stelle von Kungeleien mit Diktatoren sind steuerliche Tricksereien getreten.

Gegen den Fiskalimperialismus der Amerikaner kommen weder Finanzminister Schäuble allein noch alle Europäer zusammen an. Allein die vage Hoffnung bleibt, die klamme US-Regierung werde eines Tages doch die gestundeten Steuermilliarden kassieren.

Steueroasen

Derweil gelingt es den Europäern nicht einmal, den Kampf gegen Steuererosion und Gewinnverschiebung wenigstens innerhalb der EU auszutragen.

Ohne das Ausnutzen von irischen und niederländischen Steuerspezialitäten hätten es beispielsweise die amerikanischen Konzerne viel schwerer, ihre Gewinne aus Europa steuerschonend abzusaugen. Auch der Möbelriese Ikea nutzt die Niederlande, um seine Steuern zu minimieren. Selbst die Rolling Stones täten dies, berichtete der grüne Abgeordnete Jesse Klaver aus Den Haag bei einer Anhörung im Bundestag; die Rockband streckt dem Fiskus die Zunge raus und zahle nur 0,008 Prozent Steuern. Überdies deponierten viele afrikanische Unternehmen ihre Markenrechte in den Niederlanden und schöpften so Gewinne vom schwarzen Kontinent ab, empört sich Klaver: „Wir Niederländer haben immer einen großen Mund, wenn es um Menschenrechte geht. Aber steuerlich schaden wir der Dritten Welt.“

Beim Geld hört eben die Nächstenliebe auf! Steuern gehören zur nationalen Identität, die fiskalische Selbstbestimmung ist höchster Ausdruck staatlicher Souveränität.

Selbst und erst recht in der größten Not. So ließen die Iren nicht an ihrem Steuersystem rütteln, als ihre Banken 2009/10 vor dem Kollaps standen und Deutsche, Franzosen und andere Retter eine Gegenleistung für ihre 52 Milliarden Euro Hilfsgelder verlangten. Die Grüne Insel lockt weiterhin mit einem regulären Unternehmensteuersatz von 12,5 Prozent. Und ebenso besteht die Möglichkeit, mittels eines zweiten Firmensitzes auf den Bermudas Gewinne direkt ins ferne Steuerparadies zu transferieren.

Luxemburg lässt sich ebenfalls nicht hineinreden. Bisher verkniff sich die Bundesregierung Kritik am kleinen Nachbarn, aus diplomatischem Kalkül, weil man Ministerpräsident Jean-Claude Juncker in sei in seiner Zeit als Euro-Gruppen-Chef nicht vergrätzen wollte. Auf die jüngsten Äußerungen aus Berlin, Länder wie Zypern hätten künstlich aufgeblasene Finanzsektoren und müssten ihr Geschäftsmodell ändern, reagierte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn gereizt. Schon das Wort „Geschäftsmodell“ könne er sehr schwer ertragen.

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