Steueroasen Politiker fordern schärfere Gesetze

Prominente, Politiker, Unternehmer - in den Millionen von Dokumenten über weltweite Steuervermeidung tauchen viele Namen auf. Nun fordern Politiker nicht nur in Deutschland Konsequenzen.

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Einkommenssteuer Quelle: dpa

Nach neuen, umfangreichen Veröffentlichungen zur globalen Steuervermeidung wird der Ruf nach schärferen Gesetzen lauter. Die Bundesregierung forderte die beteiligten Medien auf, den deutschen Finanz- und Strafverfolgungsbehörden die Originaldaten zur Verfügung zu stellen. In den 13,4 Millionen Dokumenten der „Paradise Papers“ über Briefkastenfirmen und Geschäfte mit Hilfe von Steueroasen tauchen laut Medien die Namen von 120 Politikern aus fast 50 Ländern auf - sowie von zahlreichen Prominenten und Unternehmen.

Die Daten von zwei Finanzdienstleistern und aus Unternehmensregistern von 19 Steueroasen waren der „Süddeutschen Zeitung“ zugespielt worden, die sie mit dem Netzwerk investigativer Journalisten ICIJ und einem internationalen Reporterteam aufarbeitete. Zum Beispiel soll US-Handelsminister Wilbur Ross als Privatmann von Geschäften mit einer Firma profitiert haben, die dem Schwiegersohn des russischen Präsidenten Wladimir Putin und Kreml-nahen Geschäftsleuten gehöre. Ross wies am Montag in Washington zurück, dass er die Verbindungen verheimlicht habe.

In den Daten tauchten die Namen von weiteren Beratern und Spendern von US-Präsident Donald Trump auf, der irische Musiker Bono, ein Vertrauter des kanadischen Premiers Justin Trudeau, Firmen wie Nike oder Apple, die deutsche Milliardärsfamilie Engelhorn und Glücksspiel-Unternehmer Paul Gauselmann. Die Praktiken müssen nicht illegal sein.

Interimsfinanzminister Peter Altmaier (CDU) sagte bei einem Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel: „Wir werden die neuen Dokumente klar überprüfen, wir werden Auswirkungen diskutieren, die das hat auf anstehende EU-Gesetzgebungsvorhaben, und wir werden uns auch national damit auseinandersetzen.“ Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, die Regierung begrüße die Veröffentlichungen.

Akteure steuerlicher Parallelwelten würden bekannt, Druck werde erzeugt. Im Kampf gegen Steuerflucht habe es zwar Fortschritte gegeben. Doch müsse die Arbeit intensiv fortgesetzt werden. Deutschland trete etwa für eine Mindestbesteuerung ein, so ein Sprecher des Finanzressorts.

Aus Sicht der EU-Kommission erhöhen die Veröffentlichungen der „Paradise Papers“ die Notwendigkeit für mehr Transparenz. „Eine Reihe von Dingen wurde bereits getan, aber es muss noch mehr geschehen“, sagte Finanzkommissar Valdis Dombrovskis am Rande des Brüsseler Treffens. Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling forderte einen strengeren Kurs gegen Steueroasen. „Wir sollten die Maßnahmen verhärten“, erklärte der konservative ÖVP-Politiker. Bis Ende des Jahres soll in der EU eine „Schwarze Liste“ von Ländern erstellt werden, gegen die es steuerrechtliche Bedenken gibt. „Die Konsequenz, auf eine Schwarze Liste zu kommen, ist eine dramatische“, sagte Schelling.

Einig waren sich die Finanzchefs, dass die Probleme auch jenseits von Europas Grenzen angegangen werden müssten. „Was die letzten Nachrichten zeigen, ist, dass eben weltweit, global etwas geschehen muss“, sagte Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna. Oder, wie Schelling im Bezug auf die vor eineinhalb Jahren veröffentlichten Panama Papers erklärte: „Wenn eine Oase stillgelegt wird, taucht die nächste wieder auf.“

Auch aus dem EU-Parlament mehren sich kritische Stimmen: „Die Bundesregierung muss ihre Blockaden gegen europäische Gesetze gegen Steuerdumping und Finanzkriminalität aufgeben“, meinte der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold. Der CSU-Europapolitiker Markus Ferber sagte, auch innerhalb der EU gebe es ein Problem mit Steueroasen. „Solange wir das nicht in den Griff bekommen, ist es unglaubwürdig, mit dem Finger auf andere zu zeigen.“

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) forderte transparentere Steuerregeln in der EU: „Nur so können wir auch weltweit glaubwürdig für mehr Steuergerechtigkeit eintreten.“ SPD-Chef Martin Schulz verlangte ein konsequenteres Vorgehen gegen Steuerflucht und Steueroasen. Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft verlangte eine „Obergrenze Null“ für Steuerflucht.

Das Bundesland Hessen bot an, die „Paradise Papers“ federführend auszuwerten. Vor gut eineinhalb Jahren hatten bereits die „Panama Papers“ über Offshore-Praktiken für eine Welle der Empörung und zahlreiche Konsequenzen gesorgt.

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