Steuerverschwendung Wo der Bund Steuergelder verprasst

Der Staat hat 2016 ein Plus von 24 Milliarden Euro erwirtschaftet. Doch die vollen Kassen täuschen, sagt der Bund der Steuerzahler. Er diagnostiziert ein gravierendes Ausgabeproblem. Die Beispiele sind haarsträubend.

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Der Bund der Steuerzahler Quelle: dpa

Computerspiele scheinen dem Bundestag furchtbar wichtig zu sein. Wieso sonst sollte auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin für 145.000 Euro die weltweit größte Computerspielesammlung entstehen. Ausgaben, die den Bund der Steuerzahler in Deutschland (BdSt) ärgern. Die 145.000 Euro mögen in Relation zum gesamten Bundeshaushalt von über 300 Milliarden Euro zwar wenig sein. Doch die vielen kleinen Beispiele summieren sich. Der Steuerzahlerbund hat für seine Aktion „Frühjahrsputz“ etliche dieser Fälle zusammengetragen – und kommt auf mögliche Sparmaßnahmen von fast 22 Milliarden Euro.

Vor dem Haus des BdSt hängt eine digitale Schuldenuhr: 2,032 Billionen Euro Schulden weist diese für Deutschland aus. Pro Sekunde kommen 68 Euro hinzu, weil fünf Bundesländer mit neuen Schulden planen. Bald könnte sich der Gesamtschuldenstand allerdings verringern. Immerhin erwirtschaftete der Staat im vergangenen Jahr ein Plus von 24 Milliarden Euro.

Einen Grund zur Entwarnung sieht der Steuerzahlerbund deswegen aber noch lange nicht – vielmehr warnt er energisch. Für seine jährliche Aktion „Frühjahrsputz“ analysierte der Verein den Bundeshaushalt 2017 und die Eckwerteplanung der Bundesregierung bis ins Jahr 2021. Bei der Vorstellung dieser Ergebnisse kommt der Präsident Rainer Holznagel zu dem Schluss: „Leider sind die Weichen für einen konsolidierten Haushalt – inklusive Schuldenabbau und Prioritätensetzung – nicht richtig gestellt.“

Wo der Staat sparen könnte
Platz 10: Computerspielesammlung Quelle: dpa
Platz 9: Kupferbergbau in Chile Quelle: dpa Picture-Alliance
Platz 8: Kostenlose Sprachkurse Quelle: dpa
Platz 7: Konfliktärmeres Fahrradfahren Quelle: dpa
Platz 6: Markenfleisch von Edeka Quelle: dpa
Platz 5: Grüne Moscheen in Marokko Quelle: dpa
Platz 4: Internationale Fernsehserien Quelle: dpa

Denn der gegenwärtige Überschuss beruhe in erster Linie auf externen Faktoren und täusche über strukturelle Mängel hinweg. „Wer Jahr für Jahr Rekordsteuereinnahmen erzielt, gleichzeitig historisch geringe Zinsausgaben hat und dennoch mit Milliarden-Defiziten plant, der hat kein Einnahmenproblem, sondern ein gravierendes Ausgabeproblem“, sagt Holznagel. Er vermisst Sparmaßnahmen und einen Tilgungsplan für die Bundesschulden.

Bei der Suche nach dem Einsparmöglichkeiten hat der Steuerzahlerbund eine Anfang gemacht. Für den Frühjahrsputz durchforstete der Verein den 3000 Seiten starken Bundeshaushalt, nahm Einzelpläne, Titelgruppen, Haushaltsvermerke und Wirtschaftspläne unter die Lupe und hinterfragte Sinn, Zweck und Nutzen der einzelnen Ausgabeposten. Dabei errechnete der BdSt alleine für den Bundeshaushalt ein Einsparpotenzial von knapp 22 Milliarden Euro.

Große Posten sind darunter. Wie die 600 Millionen Euro, die der Steuerzahler aufbringen soll, um den Absatz von Elektroautos anzukurbeln. „Es macht aus ökonomischer Sicht wenig und aus Steuerzahler-Sicht keinen Sinn, eine Technologie, die immer noch Alltagsschwächen aufweist, mit aller Macht am Markt etablieren zu wollen“, heißt es in der Broschüre zum Frühjahrsputz.

Auch dass das Bundeswirtschaftsministerium die Produktion von Fernsehserien wie „Babylon Berlin“, „You are Wanted“ und „Dark“  jährlich mit insgesamt 10 Millionen Euro fördert, stößt beim BdSt auf Unverständnis. Schließlich seien die Co-Produzenten unter anderem Unternehmen wie Paramount und Warner Bros. Entertainment. Und: Um die Serien  auf dem Pay-TV-Sender Sky oder beim Streaming-Anbieter Netflix sehen zu können, muss der Steuerzahler nochmals die Geldbörse zücken.

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