Streit in der Union Kritik an Rente mit 63 wird zum Bumerang

Die Rente mit 63 ist dem Wirtschaftsflügel in der Union ein Dorn im Auge. Angesichts der neuesten Antragszahlen kommt wieder der Wunsch nach Änderungen. Der CDU-Sozialflügel hält das für verantwortungslos.

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Einen Anspruch auf die Rente mit 63 haben seit dem 1. Juli 2014 alle Arbeitnehmer, die mindestens 45 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Quelle: dpa

Berlin Mit scharfer Kritik hat der Bundesvize der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, auf Forderungen namhafter Unionsvertreter nach Änderungen bei der Rente mit 63 reagiert. „Es ist verantwortungslos, eine Rentenreform nach nicht einmal einem Jahr wieder zu korrigieren“, sagte Bäumler dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). „Menschen richten ihre Lebensplanung nach Gesetzen aus und verlassen sich auf deren Bestand.“

Behauptungen die Rentenreform verursache eine Kostenlawine wies der CDU-Politiker als „Stimmungsmache“ zurück. „Die Wirtschaftsverbände sollten das Lamentieren lassen und die Arbeitsbedingungen so verbessern, dass ältere Arbeitnehmer länger arbeiten können“, sagte Bäumler.

Wirtschaftspolitiker von CDU/CSU hatten zuvor Korrekturen bei der Anrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit verlangt, weil die Rente mit 63 einen großen Zulauf erlebt und nicht zu teuer werden solle. Bis Ende Februar stellten nach Angaben der Rentenversicherung rund 255.000 Menschen einen Antrag auf die abschlagsfreie Rente mit 63.

Auch das Bundessozialministerium, die SPD und die Gewerkschaften wiesen die Forderungen zurück. Es hätten keineswegs mehr Menschen die Rente beantragt als erwartet, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Montag in Berlin.

Der CSU-Mittelstandspolitiker Hans Michelbach hatte dagegen in der „Rheinischen Post“ erklärt: „Wenn die Antragszahlen deutlich über den Erwartungen liegen, müssen wir die Rente mit 63 spätestens in einem Jahr überprüfen.“


CDU-Wirtschaftsrat fordert unverzügliches Umsteuern

Christian von Stetten (CDU), Chef des Parlamentskreises Mittelstand in der Unionsfraktion, sagte, es sei zwar in Ordnung, wenn Menschen nach 45 Beitragsjahren mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können. „Aber die Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld dürfen künftig nicht mehr auf die Beitragsjahre angerechnet werden.“ Wenn weiterhin so viele Anträge eingingen, „müssen wir spätestens in vier Jahren den Rentenbeitrag anheben“.

Der CDU-Wirtschaftsrat forderte von der Regierung gar ein unverzügliches Umsteuern. „Die Rente mit 63 verschärft zur Unzeit bei einer gut laufenden Konjunktur den Fachkräftemangel.“ SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi entgegnete: „Für uns gibt es keinen Anlass, über diese Frage zu diskutieren. Wir haben ein eindeutiges Rentenkonzept, dazu stehen wir.“

Der Ministeriumssprecher rechnete vor, einschließlich der freiwillig Versicherten seien bis Ende 2014 rund 240.000 Anträge erwartet worden. Für das Jahr 2015 seien von seinem Ministerium keine Prognosen über die Zahl der Rentenanträge gemacht worden.

Von daher sei die Kritik nicht nachvollziehbar. Grundsätzlich sei pro Jahr mit 650.000 Menschen zu rechnen, die in Altersrente gehen könnten. Wie viele davon Rente mit 63 beantragen wollten, sei nicht vorherzusagen.

Einen Anspruch auf die Rente mit 63 haben seit dem 1. Juli 2014 alle Arbeitnehmer, die mindestens 45 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Das Eintrittsalter für die abschlagsfreie Rente wird jährlich angehoben. 2029 wird sie wieder bei 65 liegen.

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