Streit mit Heiko Maas Wie Facebooks Lobbymaschine versagte

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Ein Lobbyentwicklungsland im Facebook-Reich


Um mehr Wohlwollen in Berlin zu gewinnen, müsste Facebook endlich guten Willen zeigen und klar rechtswidrige Inhalte freiwillig löschen, so wie es Unternehmensgründer Mark Zuckerburg stets verspricht. Doch ein Blick auf die Zahlen lässt am Selbstverpflichtungswillen von Facebook zweifeln. Laut einer Stichproben-Untersuchungen im Auftrag der Bundesregierung löscht Facebook bislang viel zu langsam. Nur etwa ein Drittel der umstrittenen Inhalte, die nach dem geplanten Gesetz binnen 24 Stunden gelöscht werden sollten, seien fristgerecht entfernt worden. Bei YouTube, im Besitz des Rivalen Google, waren es hingegen 90 Prozent. Die Gegner des Facebook-Gesetzes argumentieren, die Stichprobe sei viel zu klein gewesen. Doch während sich YouTube nach mehreren Prüfrunden signifikant steigern konnte, hinkt Facebook weiter hinterher. Dem Konzern, befand Maas, fehle der Wille zum Löschen.

Siegessicher: Justizminister Maas droht mit Strafen. Quelle: Laif

Wird Facebook sich weiter taub stellen? Der Blick in andere Hauptstädte legt einen anderen Schluss nahe. Das soziale Netzwerk dürfte schon bald seine Lobbyaktivitäten in Berlin intensivieren. So hat es Facebook bislang stets gehalten, wenn politischer Ärger drohte.

In Washington, D.C. bestand noch 2007 das gesamte Lobbybüro des Konzerns aus dem Wohnzimmer eines jungen Aktivisten, der Facebook-Schulungen für Kongressabgeordnete anbot. Statt aggressiv für Konzerninteressen zu werben, ließ sich Facebook als Kraft des Guten feiern, etwa weil man mit Obamas Wahlkampfteam kooperierte.

Drei Jahre später, als auch in den USA Debatten über den Einfluss des Netzwerkes aufflammten, umfasste das Lobbyteam in Washington bereits zwölf Leute – darunter der Vize-Stabschef des ehemaligen Präsidenten George W. Bush. Zuletzt gab das Unternehmen neun Millionen Dollar pro Jahr nur für die Beeinflussung von Politik und Politikern in Amerikas Hauptstadt aus.

von Katharina Matheis, Marc Etzold

Ähnlich entschlossen ging der Konzern in Brüssel vor. Seit 2011 betreibt Facebook dort ein eigenes Lobbybüro, mittlerweile mit zehn Interessenvertretern. Sie residieren am Rond Point Schuman, ganz nahe der Schaltzentrale der EU-Kommission und des Ratsgebäudes, wo die Staats- und Regierungschefs Gipfel abhalten. Und auch gute Beziehungen hat sich das Unternehmen teuer eingekauft. Als Lobbyistin fungierte zunächst die deutsche Europaabgeordnete Erika Mann (SPD). Seit November 2015 steht der Däne Thomas Myrup Kristensen an der Spitze des Brüsseler Lobbyteams, der schon für Microsoft Strippen zog.

Die Bundesrepublik ist dagegen noch ein Lobbyentwicklungsland im Facebook-Reich. Aber vielleicht ist die Frage, ob sich das bald ändern wird, auch zweitrangig und Facebook ist einfach zu spät dran. Minister Maas möchte das „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ Ende Juni verabschieden – und sich mit der Lex Facebook ein Denkmal setzen.

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