Streitgespräch Brauchen wir die D-Mark neben dem Euro?

Der Ökonom Dirk Meyer glaubt, dass die Einführung nationaler Parallelwährungen den Zusammenbruch des Euro verhindern kann. Sein Kollege Rolf Langhammer hält das für eine gefährliche Idee. Ein Streitgespräch.

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Nur Euro oder auch D-Mark, das ist hier die Frage! Die Ökonomen Rolf Langhammer (links) und Dirk Meyer streiten über die Chancen nationaler Parallelwährung. Quelle: Arne Weychardt für WirtschaftsWoche

WirtschaftsWoche: Herr Professor Meyer, Sie wollen Europa retten, indem Sie jedem Land der Euro-Zone das Recht geben, eine eigene Währung parallel zum Euro einzuführen. Können Sie uns die Idee hinter diesem Konzept erläutern?

Meyer: Der Euro ist ein Experiment, und wie bei jedem Experiment ist es wichtig, Fehlentwicklungen zu vermeiden oder zumindest zu korrigieren. Daher müssen wir den Ländern die Möglichkeit geben, aus dem Euro auszutreten oder eine eigene Währung parallel zum Euro einzuführen, wenn sich herausstellt, dass sie nicht reif sind für die Währungsunion.

Aber Parallelwährungen wären doch ein ebenso waghalsiges Experiment wie der Euro.

Meyer: Parallelwährungen sind ein Experiment, aber der Euro fungiert dabei als Sicherheitsnetz. Der Vorteil liegt in den korrigierenden Kräften des Wettbewerbs. Währungswettbewerb diszipliniert die Notenbanken, eine verantwortungsvollere Geldpolitik zu betreiben. Mit dem Euro haben wir in Europa eine Monopolwährung eingeführt, die dem auf Wettbewerb ausgerichteten Grundgedanken des europäischen Binnenmarktes widerspricht.

Herr Professor Langhammer, Sie haben die Währungspolitik vieler Länder untersucht. Führt der Wettbewerb zwischen Währungen zu besseren Ergebnissen?

Langhammer: Es lässt sich viel Positives über Währungswettbewerb sagen, wenn sich ein Land oder eine Gruppe von Ländern am Anfang der Suche nach einer geeigneten Währung befindet. In der aktuellen Situation wäre die Einführung von Parallelwährungen in Europa jedoch eine gefährliche Operation am offenen Herzen. Die Befürworter von Parallelwährungen unterstellen, dass der Euro zu einer inflationären und instabilen Währung wird, vor der man die Bürger durch alternative Währungen schützen muss. Dafür gibt es aber keine Belege. Die Inflationsraten in der Euro-Zone sind vergleichsweise niedrig.

Zu den Personen

Meyer: Darum geht es doch gar nicht. Der entscheidende Punkt ist, dass Parallelwährungen weniger krisen- und manipulationsanfällig sind als eine Monopolwährung, die sich keinem Wettbewerb vor ihren Bürgern stellen muss. Parallelwährungen geben den Staaten die Möglichkeit, neben dem Euro eine eigene Währung einzuführen und eine eigenständige Geldpolitik zu betreiben, die stärker den Wünschen der Bürger entspricht. Die Deutschen könnten auf die D-Mark zurückgreifen, wenn ihnen die Inflation im Euro zu hoch wird. Und die Griechen könnten ihre eigene Währung abwerten, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.

Langhammer: Ich warne davor, das Heil für die Krisenländer in einer Währungsabwertung zu suchen. Nehmen Sie Griechenland. Falls Athen tatsächlich die Drachme parallel zum Euro einführt, würde diese kräftig abwerten. Das ließe die Importpreise und das Defizit in der Handelsbilanz sehr rasch in die Höhe schnellen. Die Regierung dürfte zudem auf den Inflationsschock mit Preiskontrollen, Handelsbeschränkungen und anderen Regulierungen reagieren. Am Ende brächte der Währungswettbewerb den Griechen statt mehr Freiheit mehr Regulierung. Ich halte es daher für sinnvoller, die Wettbewerbsfähigkeit durch interne Abwertung, also durch Lohnsenkungen und Lohnzurückhaltung, zu verbessern. Irland hat mit dieser Strategie Erfolg. Wir sollten uns daher darauf konzentrieren, die politischen Widerstände in den Krisenländern gegen die interne Abwertung zu überwinden.

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