Was passiert denn mit den auf Euro lautenden Altverträgen?
Meyer: Forderungen gegenüber Banken wie Sparkonten und Girokonten würden nach wie vor in Euro geführt. Dann gibt es keine Panik und keine Kapitalflucht. Dagegen sollten die Verbindlichkeiten der Unternehmen gegenüber Banken in Drachme umgestellt werden, weil die Betriebe ihre Umsatzerlöse ebenfalls in Drachme erzielen. Damit verlagert man das Problem zwar auf die Banken. Denn deren Forderungen verlieren durch die Abwertung der Drachme an Wert. Das Problem lässt sich aber lösen, indem man den Banken Ausgleichsforderungen gegen die nationale Zentralbank gewährt. Ähnlich ist man bei der Währungsreform 1948 und im Zuge der Deutschen Wiedervereinigung vorgegangen, als man den Banken Ausgleichsforderungen gegen die Deutsche Bundesbank gewährt hat.
Damit verlagern Sie das Problem aber auf die Bilanz der Zentralbank...
Langhammer: ...die es dann durch Inflation löst.
Meyer: Die Ausgleichsforderungen von 1948 in Höhe von 8,7 Milliarden D-Mark werden ab 2024 in zehn Jahresraten getilgt. Damit findet eine Streckung der Kosten über 85 Jahre statt, was diese Lösung für alle Beteiligten tragfähig macht. Verglichen mit den Kosten eines Auseinanderbrechens der Euro-Zone, sind die Kosten bei der Einführung von Parallelwährungen gering.
Langhammer: Das ist der entscheidende Unterschied zwischen uns. Sie betrachten den Euro als gescheitert, ich sehe ihn im Krisenmodus. Deshalb halte ich es unter den aktuellen Umständen für das Sinnvollste, das Euro-System unter Beibehaltung des Euro zu reformieren.
Wie soll diese Reform denn aussehen?
Langhammer: Entscheidend ist, dass wir eine Insolvenzordnung für Staaten und andere Gebietskörperschaften auf die Beine stellen. Die Gläubiger müssen auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichten und die insolventen Staaten im Gegenzug harte Reformauflagen erfüllen. Die bisherige Strategie des Durchwurstelns wird nicht mehr lange funktionieren.
Ist die Einführung von Parallelwährungen in der Euro-Zone rechtlich überhaupt möglich?
Meyer: Juristisch sauber wäre es, den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu ändern, damit jeder Staat die Möglichkeit hat, aus dem Euro auszusteigen oder eine nationale Währung parallel zum Euro einzuführen. Alternativ könnte man im Einzelfall ein Land durch Zustimmung des EU-Rates aus der ausschließlichen Kompetenz der EU in Währungsfragen entlassen. Möglich wäre auch, dass ein Land autonom eine eigene Währung einführt. Dann könnten die anderen Länder dagegen vor dem Europäischen Gerichtshof klagen. Da es in der Regel bis zu drei Jahren dauert, bevor das Gericht Urteile fällt, wären bis dahin längst Fakten geschaffen.
Wer soll die Parallelwährung denn ausgeben und steuern?
Meyer: Dafür wäre die Zentralbank des jeweiligen Landes zuständig, in Deutschland also die Bundesbank. Sie würde die D-Mark ausgeben. Zugleich säße ihr Präsident als Mitglied im Rat der EZB und würde deren Geldpolitik mitbestimmen. Theoretisch könnte das zwar zu Interessenkonflikten führen, aber die Prioritäten der Bundesbank lägen eindeutig bei der Steuerung der nationalen Währung. Wenn Bundesbank-Präsident Jens Weidmann wie derzeit im Rat der EZB in der Minderheit ist, könnte er sein Missfallen mit der Politik der EZB durch die Geldpolitik der Bundesbank zum Ausdruck bringen.