Dafür sprechen auch die Ergebnisse des TK-Reports: 56 Prozent der Arbeitnehmer, die angeben, häufig gestresst zu sein, sind auch rund um die Uhr auf Facebook und Co unterwegs. Bei den manchmal Gestressten sagen das 50 Prozent, bei den selten oder nie gestressten aber nur 37 Prozent. Das ist ein deutlicher Hinweis dafür, dass wer immer online ist, im Job oft an seine Grenzen gerät. Arbeitnehmer die auch schon mal abschalten und sich mit den heute unverzichtbaren Hilfsmitteln E-Mail, SMS und etwas altmodischer Telefonanruf begnügen.
Diese Dinge auf der Arbeit können krank machen
Die Folgen von permanenten Überstunden können Angst, Depressionen, Schlafstörungen, Feindseligkeit, Irritation als auch Herz-Kreislauf-Schwäche sein. Vor allem Schichtarbeit erhöht laut Report das Risiko für einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall.
Die Initiative Gesund und Arbeit hat in ihrem Report untersucht, welche Faktoren auf der Arbeit möglicherweise krank machen können.
Wer wenig Handlungsspielraum bei der Arbeit hat, erkrankt laut Untersuchung mit höherer Wahrscheinlichkeit an Bluthochdruck. "Je geringer der Handlungsspielraum, desto höher der systolische Blutdruck", heißt es. Deshalb bewertet die IGA das Fehlen eines Handlungsspielraumes als Gesundheitsrisiko.
Wenn die Arbeitsbelastung über einen längeren Zeitraum enorm stark ausfällt, besteht laut Studie die Gefahr, dass Arbeitnehmer an psychischen Störungen oder Depressionen erkranken. Für somatische Erkrankungen sei kein Risikofaktor nachweisbar gewesen.
Mobbing, aber auch sexuelle Belästigungen führen möglicherweise zu Depressionen und Angstzuständen.
Mit sinkender sozialer Unterstützung steigt laut Report das Risiko für Depressionen.
Wer seine Rolle bei der Arbeit nicht genau kennt – oder aufgrund seiner Arbeitsrolle Konflikte austragen muss, hat laut Studie ein erhöhtes Risiko für Depressionen, Angst und Anspannung.
Dieses Modell beruht auf der Annahme, dass beruflicher Stress insbesondere dann entsteht, wenn der Arbeitnehmer gleichzeitig hohen Anforderungen und geringem Kontroll- und Entscheidungsspielraum ausgesetzt ist.
Die Folgen können psychische Erkrankungen, Bluthochdruck, Herzinfarkt und Diabetes sein.
Geforderte Verausgabung ohne Belohnung kann laut Report zu psychischen Beeinträchtigungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.
Pendler neigen laut Studie eher dazu, gestresst zu sein.
Befristete Verträge sowie Leih- und Zeitarbeit können zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führen. Das liegt laut Report daran, dass diese Arbeitnehmer das Leben nicht vorausschauend planen können, sich dem Unternehmen nicht zugehörig fühlen und meistens geringer entlohnt werden als andere Mitarbeiter.
Arbeitsplatzunsicherheit kann laut Untersuchung zu einem signifikant erhöhten Risiko von psychischen Beeinträchtigungen wie Angst, Depressionen und Stresserleben führen sowie zu kardiovaskulären Erkrankungen.
Die Studie hat für dieses Phänomen des Sich-selbst-unter-Stress-setzens als Folge „disruptiver“ technischer Neuerungen, um die es bei der Digitalisierung zweifellos geht, eine historischer Parallele gefunden: So berichtet der Historiker Andreas Rödder, dass die Verbreitung der Elektrizität zu Beginn des 20 Jahrhunderts ähnlich einschneidend war. Auch damals seien öfter „Abspannung der Seelenkräfte“ und Neurasthemie (Nervenkrankheit) diagnostiziert worden. Die Symptome seien denen des heutigen Burnouts sehr ähnlich. Und es sei gerade erst 200 Jahre her, dass vor dem Lesen von Romanen gewarnt wurde. Kritiker fürchteten, schöngeistige Literatur könnte Hausfrauen von der Arbeit abhalten und sie süchtig machen. Heute wird vor der Internetsucht gewarnt.
ind also alle Warnungen vor zu viel Digitalisierung in Job und Privatleben und den möglichen negativen Folgen für die Gesundheit nur Panikmache? Nicht wirklich. Je höher das Gehalt und je höher der Bildungsgrad, umso häufiger müssen Arbeitnehmer rund um die Uhr erreichbar sein – und können das Dank der digitalen Hilfsmittel auch. 29 Prozent der Berufstätigen geben an, sie müssten auch nach Feierabend, an den Wochenenden und im Urlaub erreichbar sein. Nur noch 13 Prozent leben laut Studie noch offline. TK-Chef Jens Baas fordert daher öfter mal Feierabend für always on. „Die Digitalisierung, die Globalisierung der Märkte und der Anspruch der Kunden, rund um die Uhr alles erledigen zu können, haben unsere Arbeitswelt in den vergangenen 20 Jahren deutlich verbändert.“
Was bei der Arbeit stresst
Was sorgt im Büro für Stress? Der Personaldienstleister Robert Half hat im höheren Management nach den wichtigsten Gründen gefragt. Dabei gaben 18 Prozent der Befragten zu viel Verantwortung oder ständiges an die-Arbeit-denken auch in der Freizeit als Grund für Stress bei der Arbeit an. Nur in Tschechien können die Beschäftigten außerhalb des Arbeitsplatzes schwerer abschalten - dort gaben 28 Prozent an, dauernd an die Arbeit denken zu müssen. Auf der anderen Seite der Skala ist Luxemburg: nur fünf Prozent haben dort dieses Problem.
Keinen Stress haben dagegen nur sieben Prozent der deutschen Befragten. Genauso niedrig ist der Anteil derer, die ihren aktuellen Job nicht mögen.
Unangemessener Druck vom Chef nannten 27 Prozent der Befragten hierzulande als Stressgrund. In Brasilien sind es dagegen 44 Prozent.
Wenn der Chef sich eher um sein Handicap kümmert, statt ordentlich zu führen: 28 Prozent der Befragten sind mit der Managementfähigkeit des Chefs unglücklich. Das Unvermögen des führenden Managers, das zu Stress führt, scheint in Luxemburg relativ unbekannt zu sein - nur 11 Prozent der Befragten sind dort mit den Befragten unglücklich, in Dubai sind es gar neun Prozent.
Dass unangenehme Kollegen oder fieser Büroklatsch zu Stress führen kann, ist allgemein bekannt. Dementsprechend führen auch 31 Prozent der Befragten das als Stressgrund an - der Anteil derer, die das ähnlich sehen, liegen in allen anderen Ländern fast gleich hoch - außer in Brasilien: 60 Prozent der Befragten geben unangenehme Kollegen und fiesen Büroklatsch als Stressgrund an.
Ein weitere Stressgrund: personelle Unterbesetzung. 41 Prozent der Befragten sehen das als wichtigen Grund für Stress bei der Arbeit an - ein Wert, der fast in allen Ländern ähnlich ist.
Doch am problematischsten, laut der Studie: die hohe Arbeitsbelastung. 51 Prozent der Befragten gaben dies als Stressgrund an. Deutschland liegt damit im Schnitt, auch in den anderen elf Ländern ist ein ähnlich hoher Anteil der gleichen Meinung.
Die Beschäftigten müssten deutlich flexibler sein. Wenn das aber für 30-Prozent um die Uhr-Erreichbarkeit bedeute, „dann läuft in der Betriebsorganisation was falsch. Das spricht nicht für gesunde Unternehmenskultur“ so der TK-Chef.
Ex-Fußball-Star Stanislawski meint, Flexibilität sei nötig. „Wichtig ist aber auch, dass die Beschäftigten wissen, dass das auch wieder ausgeglichen wird und nicht immer mehr gefordert wird.“ Das sei eine Haltung und habe was mit Unternehmenskultur zu tun, fügt Baas hinzu. Noch mehr staatliche Regulierung könne da wenig ausrichten.