Stuttgart, München, ...? Wo als nächstes Diesel-Fahrverbote drohen könnten

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Reutlingen zieht Blaue Plakette in Betracht

In Reutlingen (mit 66 Mikrogramm pro Kubikmeter Platz 3 im Stickoxid-Ranking hinter München) wurde gerade Anfang Juni die Aktualisierung des Luftreinhaltungsplans diskutiert – ohne klaren Beschluss. Grundsätzliche Dieselfahrverbote scheinen öffentlich derzeit kein Thema zu sein. Dafür wird die Einführung einer Blauen Umweltzone diskutiert.

Die Blaue Plakette und die damit verbundene Blaue Umweltzone sind eine Forderung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und weiterer Umweltverbände. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks befürwortet das Konzept der Blauen Plakette, hat der Initiative die Unterstützung des Bundes bislang aber verwehrt. Die Blaue Plakette soll ein Teilschritt zum Dieselfahrverbot sein, da sie nur für Fahrzeuge mit besonders niedrigem Stickstoffdioxid- Ausstoß erhältlich ist. Das heißt, nur noch für Diesel-Fahrzeuge, die der Abgasnorm Euro 6 entsprechen sowie Benzin-Fahrzeuge mit der Norm Euro 3. „Sie gibt den Kommunen die Möglichkeit, Maßnahmen gegen die vielerorts auftretenden Stickstoffdioxid-Überschreitungen umzusetzen“, so die DUH.

Die Stadt Reutlingen habe bezüglich der Wirkung einer Blauen Umweltzone „noch weiteren Klärungsbedarf“ heißt es in der Beschlussvorlage. Neben den Neuberechnungen der Grenzwerte müsse auch die Betroffenheit von Reutlinger Dieselfahrern berücksichtigt werden. Reutlingens Oberbürgermeisterin Barbara Bosch fordert in dem Beschluss Bund- und Landesregierung dazu auf „mit der Autoindustrie schnellstmöglich eine wirksame Schadstoffreduzierung vorhandener Diesel-Fahrzeuge zu vereinbaren“.

Fragen und Antworten zu Diesel-Fahrverboten

Köln und Kiel bleiben vorerst zurückhaltend

In Köln, wo sich im Jahresmittelwert 63 Mikrogramm pro Kubikmeter (Platz 5) messen lassen, entwickelt die zuständige Bezirksregierung gerade einen neuen Luftreinhalteplan. Auf mögliche Dieselverbote angesprochen, verweist die Bezirksregierung auf ein laufendes Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Dort wird voraussichtlich im Herbst entschieden, ob die Bundesländer für solche Verbote zuständig sind. In der Vergangenheit zeigte sich die parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Rekers wenig begeistert von einem Dieselverbot. „Bei Diesel-Fahrverboten habe ich große Bedenken hinsichtlich der Praktikabilität und der Verhältnismäßigkeit“, sagte sie kürzlich.

Die Stadt Kiel, die mit 65 Mikrogramm pro Kubikmeter (Platz 4) im Jahresmittel zu kämpfen hat, war Dieselverboten in der Vergangenheit eher abgeneigt und plant auch in Zukunft keine. Sie begründet das damit, dass die Grenzwerte nur an einer einzelnen Stelle und in keiner Zone überschritten werden. Stattdessen überprüfe die Stadt mehrere Möglichkeiten, um die Belastung zu reduzieren. Dazu gehören unter anderem auch der Bau eines Tunnels oder die künstliche Durchlüftung der Straße, ebenso wie ein selektives Fahrverbot.

Düsseldorf wegen Gerichtsurteil unter Druck

In Düsseldorf (Platz 7 im UBA-Ranking mit 58 Mikrogramm pro Kubikmeter) steht die Kommunalpolitik besonders unter Druck – quasi von Gerichts wegen. Denn nach einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH), wegen zu starker Luftverschmutzung und überschrittener Grenzwerte, entschied das Düsseldorfer Verwaltungsgericht im Oktober 2015, dass die NRW-Landeshauptstadt mehr tun müsse zur Luftreinhaltung.

Die Bezirksregierung bekam eine Frist gesetzt bis Oktober 2017. Bis dahin muss der Luftreinhalteplan für die Stadt Düsseldorf so überarbeitet sein, dass die Stickstoffdioxid-Grenzwerte eingehalten werden können. Und nicht nur das. Die Richter legten der Bezirksregierung darüber hinaus nahe, Diesel-Fahrverbote in ihre Pläne aufzunehmen.

In der Düsseldorfer Kommunalpolitik traf diese Aufforderung jedoch bislang auf wenig Gegenliebe – konkrete Pläne, die Luftverschmutzung zu senken, sind bislang nicht bekannt. Und sowohl die Düsseldorfer SPD (die den Oberbürgermeister stellt) als auch die CDU sehen drängende Maßnahmen eher beim Nahverkehr. So forderten sie zuletzt vom Düsseldorfer Verkehrsunternehmen Rheinbahn die Diesel-Busse auf Elektroantrieb umzurüsten. Deren Chef lehnte ab. Außerdem verweist die Stadt darauf, dass zur Zeit über einen weiteren Ausbau der Fahrradinfrastruktur diskutiert wird. Ob es zu Dieselverboten kommt, könne derzeit noch nicht abschließen gesagt werden.

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