Täuschung bei Lebensmitteln Der schwierige Kampf gegen Etikettenschwindel

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Tee als Wundermittel für die Schönheit


Kritisch sehen die Verbraucherschützer auch, dass Hersteller die EU-weit definierten „Health Claims“ oftmals umformulierten und damit weniger exakte Gesundheitsversprechen machten. Jedoch nur wissenschaftlich bewiesene Gesundheitsversprechen seien erlaubt. „Der große Bereich allgemeiner Wohlfühl- und Fitnessclaims ist nicht geregelt, das nutzen die Hersteller aus“, kritisiert der VZBV.

Müllers Verband fordert daher, dass die wichtigsten Informationen zu einem Produkt wie Name, Abbildungen und enthaltene Menge der Zutaten auf der Vorderseite der Verpackung abgebildet werden. Bei der Aufmachung und Kennzeichnung von Lebensmitteln müsse einfließen, wie Verbraucher die Informationen wahrnehmen und einordnen.

Die größten Lügen der Lebensmittelindustrie
Der Name kann über Erfolg oder Misserfolg eines neuen Produktes entscheiden. Deshalb verpflichten Unternehmen zum Teil extra Namenserfinder: Das hilft aber nicht immer - manchmal sind die Namen irreführend und es versteckt sich nicht das dahinter, was man auf den ersten Blick erwartet. "Crispy Chicken" ist schlichtweg paniertes Hähnchenbrustfilet und in einem Frischkäse mit Ziegenmilch wird nicht nur Ziegenmilch drin sein, sondern auch andere Milchbestandteile. Ein Blick auf die Rückseite hilft den "richtigen" Bestandteilen auf die Spur zu kommen.Der Ratgeber "Lebensmittel-Lügen – wie die Food-Branche trickst und tarnt" deckt diese und andere 'Lügen' auf. Er ist für 9,90 Euro bei allen Verbraucherzentralen oder im Internet unter www.vz-ratgeber.de erhältlich. Quelle: dpa
Man vermutet es nicht, aber nicht selten versteckt sich Alkohol in der Zutatenliste - das ist vor allem für Alkoholiker gefährlich, die schon bei kleinsten Mengen rückfällig werden können. Achtung: Sollte sich nur eine sehr geringe Menge Alkohol in den Lebensmitteln verstecken, kann das häufig auch als Trägerstoffe oder Lösungsmittel getarnt sein und taucht dann nur als Aroma auf. Quelle: dpa
Immer mehr Verbraucher achten bei ihrem Einkauf auf regionale Produkte - das kann sich aber schnell als Lüge entpuppen. Denn ein einheitliches Gesetz gibt es dafür nicht, sondern es liegt im Ermessen der Anbieter, ob die Produkte wirklich regional sind, also dort hergestellt wurden oder nur dort verkauft werden. Man sollte sich also ganz genau die Verpackung anschauen. Quelle: dpa
Für Zutaten, die - meist verführerisch - auf Gläsern, Verpackungen oder Dosen abgebildet sind, besteht eine "Mengenkennzeichnungspflicht", die anzeigt, wie viel davon tatsächlich im Produkt steckt. Vorsicht ist noch an anderer Stelle geboten: Steht auf der Verpackung der Hinweis "Serviervorschlag", dann entfällt eine Kennzeichnungspflicht. Zutaten, die dann auf dem Glas gezeigt werden, sind oft gar nicht enthalten, kritisiert die Verbraucherzentrale. Quelle: dpa/dpaweb
Noch eine Lüge kann sich hinter dem Terminus 'Hausfrauenart' verstecken. Denn neben der Regionalität der Produkte liegen auch solche im Trend, die auf Geschmacksverstärker und Konservierungsstoffe verzichten. Es erklärt sich allerdings beinahe von selbst, dass die Produkte aus dem Supermarkt, vor allem in der Vielzahl, wie sie dort stehen, direkt aus dem Kochtopf von Oma in das Glas hüpfen. Quelle: dpa
Lecker und gesund schließt sich leider in der Mehrzahl der Fälle aus: Die Wahrheit zeigt dann ein Blick auf die Nährwerttabelle - und hilft dabei die Lebensmittel, die zwar mit einer "Extraportion Milch" werben, aber verschweigen, dass da auch mehr Zucker und mehr Fett drin ist, zu entlarven. Quelle: dpa
Immer mehr Hersteller ersetzten Originalzutaten durch Billigstoffe und deklarierten das nicht deutlich genug auf der Verpackung, kritisieren Verbraucherschützer. Ein weiteres Problem: Oft fehlt das Zutatenverzeichnis ganz oder ist nur schwer lesbar. Ausnahmen darf es etwa bei Käse oder Getränken mit Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Prozent geben, sonst aber nicht. Der Verbraucherschutz empfiehlt deshalb, sich beim Hersteller zu beschweren, wenn das Verzeichnis fehlt. Quelle: AP

Damit Informationen auf Lebensmittelpackungen für die Kunden klarer werden, arbeiten die Verbraucherschützer zudem künftig eng mit dem Bundesernährungsministerium zusammen. Das Portal „lebensmittelklarheit.de“ soll, so der Plan, in Zukunft die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission (DMLBK) über Produktbeschwerden informieren.

Die Kommission soll daher nach neuen Grundsätzen arbeiten, wie der zuständige Minister Christian Schmidt (CSU) kürzlich ankündigte. „Was draufsteht, muss auch drin sein -und umgekehrt“, sagte Schmidt. Unter anderem legt eine neue Präambel in der Geschäftsordnung der Kommission nun ausdrücklich als Ziel fest, alle Wirtschaftsbeteiligten, insbesondere aber die Verbraucher vor Irreführung und Täuschung zu schützen. Schmidt sagte: „Eine „Geflügelwurst“ muss auch hauptsächlich aus Geflügel bestehen und nicht aus Schweinefleisch.“

Die Kommission erarbeitet Leitsätze für das Deutsche Lebensmittelbuch, das für rund 2000 Lebensmittel die Herstellung und Beschaffenheit beschreibt, die üblicherweise von dem Produkt erwartet wird. Die Leitsätze sollen zudem aktueller als bisher überprüft werden.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch forderte die Abschaffung der Kommission. Sie bleibe „ein Geheimgremium, in dem Lobbyisten der Lebensmittelwirtschaft weiterhin mit am Tisch sitzen und jede verbraucherfreundliche Lösung mit ihrem Veto blockieren können“. Der Kommission gehören je acht Vertreter von Verbrauchern, Wirtschaft, Wissenschaft und Lebensmittelüberwachung an.

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