Bereits vor einem halben Jahrhundert wusste Marshall McLuhan, was das im Kern bedeutet: "Die elektrische Geschwindigkeit... vereinigt Nichtalphabeten mit Halbalphabeten und Nachalphabeten." Gewiss, McLuhan argumentierte im heraufziehenden Fernseh-Zeitalter noch mit dem klassischen (sokratischen) Begriffsbesteck der Medienkritik. Er warnte vor Reizüberflutung und Oberflächlichkeit - und natürlich: vor dem Egalitarismus einer schnellen Elektronik, die "vorgeschichtliche Kulturen mit dem Ramsch der industriellen Markthändler" verschmilzt. Der amerikanische Medienwissenschaftler Neil Postman ("Wir amüsieren uns zu Tode") popularisierte diese Gedanken 1985, unter anderem in seiner Eröffnungsrede auf der Frankfurter Buchmesse, und bündelte sie in der Beobachtung, dass Fernsehen komplexe Inhalte wohl vermitteln könne - allerdings um den Preis ihrer Komplexität: "Problematisch am Fernsehen ist nicht, dass es uns unterhaltsame Themen präsentiert; problematisch ist, dass es jedes Thema als Unterhaltung präsentiert."
Kurzum, der doppelte Topos von der Überforderung (Reizflut) und Unterforderung (Komplexitätsreduktion) des modernen Medienkonsumenten einerseits und von der Rangerniedrigung der Hochkultur durch Radio und Fernsehen andererseits ist nicht neu. Bekanntlich hat schon Theodor W. Adorno die Opfer des kulturindustriellen Verblendungszusammenhangs mit dem herausragenden Satz verspottet: "Bei vielen Menschen ist es bereits eine Unverschämtheit, wenn sie ich sagen." Seither sind ganze Regalmeter von Literatur entstanden, die den Niedergang der Lesefähigkeit und der Allgemeinbildung beklagen... - nähme man sie beim Wort, müsste man religiös werden angesichts des Wunders, dass die Menschheit sich nicht längst schon blöd und träg zu Grabe getragen hat.
Freilich, was die Klassiker der modernen Medientheorie noch nicht ahnen konnten: Dass der Mensch in der Digitalen Welt zu einer Art Informationsschnittstelle wird, die laufend Daten konsumiert und zugleich liefert - und wie eminent daher die Folgen der multimedialen Informationsverdichtung sind: Dass wir zu Gefangene des Hier-und Jetzt werden, vor lauter unverbundenem Nebeneinander zunehmend unempfindlich für Herkünfte und Traditionen.