Und so dienen Kuznets Berechnungen eines fallenden "National Income" dem amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt schon bald zur Begründung staatlicher Investitionen (“New Deal“). Mehr noch: Die nackte statistische Information steigt in jenen Jahren zu einem Fortschrittsindikator auf, an dem sich von nun an nicht nur der wirtschaftliche Erfolg eines Landes, sondern auch der politische Erfolg seiner Regierung bemisst: “Wir müssen wieder den langen, stetigen und aufwärts führenden Weg eines steigenden Volkseinkommen einschlagen”, so Roosevelt 1938 in seiner Budgetrede. Seither lautet der kleinste gemeinsame Nenner aller Politiker weltweit: Mit Wachstum aus der Krise.
Es ist schließlich der Zweite Weltkrieg, der unseren Blick auf die ökonomische Landschaft entscheidend verändert und bis heute prägt. Die große ökonomische Frage damals lautet: Wie hoch ist das Kriegspotential der Wirtschaft? Wie hoch lässt sich der Rüstungssektor fahren, ohne Engpässe in anderen Wirtschaftsbereichen zu riskieren? In England stellt Keynes 1940 Überlegungen über die Frage “How to pay for the war” an - und empfiehlt, neben Konsum und Investitionen auch Staatsausgaben ins Volkseinkommen einzurechnen. Und in den USA stellt man erfreut fest, dass die Umstellung von einer Friedens- auf eine Kriegswirtschaft den Konsum zwar belastet, sich aber zugleich (nicht nur wegen steigender Staatsausgaben) positiv auf Beschäftigung, Innovation und Produktivität auswirkt.
Seither jenen dunklen Jahren steht die Steigerung der Gütermenge (das BIP) im Blickpunkt des politischen Interesses und nicht mehr die Steigerung der besteuerbaren Einkommen. Daran ändert auch die erneute Umstrukturierung auf eine Friedenswirtschaft nach 1945 nichts. Kuznets mahnt: Im Krieg verändere sich der Endzweck der Wirtschaft, sicher, der Staat spiele eine entscheidende Rolle, die Produktion von Gütern stehe im Vordergrund. Aber in Zeiten des Friedens sei die Güterproduktion für den Menschen da und nicht umgekehrt - deshalb müsse die “Vorstellung des guten Lebens das Kriterium” für die Messung des Wohlstands sein. Doch Kuznets Einwände bleiben unerhört: Künftig steht nicht mit dem Zweck des Wirtschaftens (der Bereitstellung von Gütern) der Konsument und der Verbraucher im Mittelpunkt der ökonomischen Statistik, sondern das Mittel zur Erreichung des Zweckes: die Produktion - das BIP.