Terror-Abwehr-Übung Einfache Antworten für den Ernstfall

Die Anti-Terror-Übung von Bundeswehr und Polizei war offenbar nötig: Bis zu 15 Stunden dauerte es zunächst, bis über einen Einsatz der Bundeswehr entschieden wurde. Ursula von der Leyen war am Ende dennoch zufrieden.

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Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU, l-r), und Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU). Quelle: dpa

Berlin Dschihadisten bedrohen die Trinkwasserversorgung im Großraum Stuttgart. Doch weil gleich mehrere Terroranschläge parallel verübt werden, sind keine Polizeikräfte aus anderen Bundesländern verfügbar. Die Bundeswehr könnte helfen – doch bis zu einer Entscheidung über einen Einsatz vergehen 15 Stunden.

Zum Glück war es nicht der Ernstfall, den die Bundeswehr und Polizei von Dienstag- bis Donnerstagmorgen in sechs Bundesländern probte, sondern nur eine Übung. Unter der Hypothese, dass sich die Bundesländer nicht gegenseitig unterstützen können und deshalb die Bundeswehr um Hilfe bitten müssen, wurden die Kommunikation, Koordination und Alarmketten getestet. Öffentlich sichtbar war die Übung nicht, sie fand nur in den Büros statt.

Grundlage für die sogenannte Stabsrahmenübung war die Maxime: „Das Undenkbare denken“. Schließlich heißt es im Weißbuch 2016 des Verteidigungsministeriums, dass Terroristen zunehmend über die Fähigkeit verfügen, „Ziele mit Cyberfähigkeiten anzugreifen oder chemische, möglicherweise künftig auch biologische und radioaktive Substanzen bei einem Anschlag einzusetzen“. Eine vergleichbare, länderübergreifende Stabsrahmenübung von Landes-, Bundespolizei sowie der Bundeswehr hatte es bislang nicht gegeben.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Bundesinnenminister Thomas de Maizière zogen nach der Übung ein positives Fazit – trotz dieser 15 Stunden, die in Stuttgart im Ernstfall vergangen wären, bis es grünes Licht für den Einsatz der Bundeswehr gegeben hätte. Allerdings wurde die Kommunikation im Laufe der Übung deutlich beschleunigt. Am zweiten Tag war in der Spitze schon nach 20 Minuten eine Entscheidung gefallen. „Allein diese Tatsache beweist den Sinn dieser Übung“, sagte von der Leyen.

Schon in der Vorbereitung der Übung seien Kommunikationsprobleme aufgetreten. Es habe sich gezeigt, dass Polizei und Bundeswehr für dieselben Dinge offensichtlich unterschiedliche Ausdrücke hätten. Zudem habe, so erklärte von der Leyen, vor allem auf den unteren Ebenen eine große Unsicherheit darüber geherrscht, wann die Bundeswehr im Inneren eingesetzt werden dürfe und wann nicht.

Das Grundgesetz erlaubt ihn nur in Ausnahmefällen. Zum Beispiel bei „einem besonders schweren Unglücksfall“. Was das bezogen auf Terroranschläge heißt? „Ansbach und Würzburg waren keine Terroranschläge katastrophalen Ausmaßes – Mumbai und Paris schon“, sagte de Maizière.

Von den 46 Anträgen der Bundesländer waren während der Übung 16 eben solche Ausnahmefälle. Wobei die Aufgaben, die die Bundeswehr in der theoretischen Übung zu übernehmen hatte, sich deutlich von den zuvor von Kritikern gemalten Schreckensszenarien unterschieden. Es wären im Ernstfall keine Panzer durch die Stuttgarter Innenstadt gerollt, stattdessen wäre die Bundeswehr zur Bewachung von Krankenhäusern eingesetzt worden oder hätte den Verkehr geregelt. Das darf sie nach Gesetzeslage nur in Ausnahmefällen, weil sie damit in die Rechte anderer eintritt. „Es zeigt, dass die öffentliche Aufregung nicht so groß sein müsste“, sagte de Maiziere und von der Leyen ergänzte: „So eine Übung gibt relativ einfache Antworten. Aber die muss man im Ernstfall auch haben.“

Vor allem habe die Übung das Verständnis dafür gestärkt, was der andere kann. „Es war kein Bewusstsein dafür da: Was kann der andere?“, sagte von der Leyen. „Die Bundeswehr hat zum Beispiel eine besondere Expertise bei der Entschärfung von Sprengfallen und bei der Versorgung von Schuss- und Brandwunden.“ Deshalb soll es weitere Übungen geben, damit das gegenseitige Verständnis weiter verbessert wird. „Ich halte weitere Übungen für selbstverständlich und notwendig", sagte de Maizière. Ob künftige Übungen auch an realen Orten stattfinden, ließ er offen.

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