Terror-Warnung und die Folgen Sorge, Skepsis, Schrecken

Nach der Absage des Fußball-Länderspiels wegen einer Terrorwarnung in Hannover sind viele Menschen verunsichert. Auf den Bahnhöfen patrouillieren schwer bewaffnete Polizisten. Die Fahndung nach einem Verdächtigen läuft.

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Polizisten patrouillieren in Hauptbahnhöfen mit Maschinenpistolen. Quelle: dpa

Hannover Am Tag danach ist alles anders. Noch läuft die Fahndung nach dem Unbekannten, der gestern eine Bomben-Attrappe in einem Intercity in Hannover platziert haben soll. „Derzeit läuft die Auswertung mehrerer Kameras am Bahnhof“, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Der Mann war aufgefallen, als er das Paket nach der Absage des Fußball-Länderspiels wegen Terroralarms in eine Ablage gelegt hatte und weggegangen war. Ein Reisender hatte das verdächtige Paket in dem Zug bemerkt und den Unbekannten darauf aufmerksam gemacht, dass er etwas vergessen habe. Letztgenannter reagierte darauf aber nicht, sondern flüchtete aus dem Zug.

Nach der Terrorwarnung, die zur Absage des Fußballspiels Deutschland-Niederlande geführt hatte, geht die Angst um – wie an den wichtigsten Bahn-Verkehrsknotenpunkte in Deutschland. Morgens um 7 Uhr schauen viele Pendler mit gemischten Gefühlen auf schwer bewaffnete Polizisten, die in den Bahnhofshallen patrouillieren. „Normalerweise würden Sie jetzt dreimal so viele Pendler sehen, da wäre hier alles rappelvoll“, sagt ein Bahnmitarbeiter am Hauptbahnhof Hannover.

„Ich habe das Gefühl, dass der Bahnhof leerer als sonst ist, ich vermute, dass viele Pendler aufs Auto ausgewichen sind“, sagt die Lehrerin Sarah Dreiwes aus Hannovers Südstadt. Für die 29-Jährige, die täglich mit dem Regionalzug zu ihrer Arbeit fährt, verändert die Terrorwarnung ihr Verhalten. „Durch die eingetretene Verunsicherung handle ich nun bewusster“, sagt sie. Künftig wolle sie große Menschenansammlungen meiden.

„Ich habe Angst“, gibt die Ghanaerin Hotau Afia unumwunden zu. „Ich habe auf BBC gehört, was passiert ist; das Misstrauen ist plötzlich da“, sagt die 45-Jährige, die nach eigenen Angaben nun aufmerksamer als sonst ihr Umfeld beobachtet. „Es ist traurig, aber man fühlt sich plötzlich schutzlos“, gibt ein anderer Bahnfahrer zu, der selbst als langjähriger, treuer Fan des Bundesligisten Hannover 96 künftig erstmals bei Stadionbesuchen pausieren wolle.

„Es ist jetzt halt nichts mehr normal“, bringt es Christina Egger auf den Punkt, die an diesem Mittwochmorgen zu einer Projektbesprechung unterwegs ist. Die medizinisch-technische Assistentin nimmt die starke Polizeipräsenz im Hauptbahnhof als „beruhigend“ wahr. „Die ist auch durchaus angemessen“, sagt der Bremer Horst Möller. Ihn plagen allerdings auch Zweifel. „Ich habe mich schon gewundert, dass der Bundesinnenminister keine konkreten Angaben zu den konkreten Hinweisen für die Gefährdungslage genannt hat“, sagt der 64-Jährige. Der IT-Spezialist vermutet: „Ich habe mitunter das Gefühl, dass aus politischen Gründen bewusst Verunsicherung geschaffen wird.“

Viele Pendler äußern sich jedoch fast schon trotzig: Dem Terror die Stirn bieten, Solidarität zeigen, heißt das Gebot der Stunde. Dieses Motto wird auch wenige hundert Meter entfernt an Hannovers zentralem Platz Kröpcke propagiert. Nach den blutigen Anschlägen in Paris war dort zunächst nur die nach Frankreich weisende Spitze einer in den Boden eingelassenen Windrose mit Blumen und Kerzen geschmückt. Mittlerweile zieren Zettel, Karten oder Blumen alle Himmelsrichtungen – für Terroropfer in Paris, aber auch Syrien, dem Libanon und anderen Krisengebieten.

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