Terroristen auf der Spur Die Jäger der Bombenbauer

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Funkfernzündung verhindern

Dass C-IED in der Bundeswehr mittlerweile so stark aufgestellt ist, resultiert aus den zahlreichen in Afghanistan verwundeten und gefallenen Soldaten, seit 2001 waren es mehr als 3500 Todesopfer. Ab 2006 wurden die Strukturen konsequent optimiert. Oberst Ludwigs Abteilung übernimmt für die C-IED-Community in der Bundeswehr die Rolle des „Fernlichts“: Auch in künftigen Einsätzen sollen deutsche Soldaten und internationale Verbündete bestens vorbereitet und geschützt sein.

Die Informationsgewinnung, auch zu konkreten Attacken mit IEDs, ist in den deutschen Streitkräften schon seit vielen Jahren ein Thema. Die Koordinierung zwischen Aufklärungsergebnissen und der Einleitung von Schutzmaßnahmen und Ausbildung habe es in der Bundeswehr in diesem Umfang bis 2012 aber nicht gegeben.

Die Abteilung C-IED bringt - in zivile Begriffe übersetzt - Analysten, Chemiker, Computerspezialisten, Militärpolizisten, Juristen und Techniker zusammen und hält Kontakt mit Nachrichtendiensten. In Lehrgängen für das Bundeswehr-Stabspersonal in Eschweiler bringen auch externe Spezialisten ihr Fachwissen ein. „Von uns ausgebildete C-IED Spezialisten beraten die Truppe zum Beispiel zu elektronischen Gegenmaßnahmen, um eine Funkfernzündung zu verhindern. Ein Nachteil ist, dass damit auch der eigene Funkverkehr beeinträchtigt werden kann“, sagt Ludwig. „Unsere Erkenntnisse und die Fachexpertise fließen unmittelbar in Rüstungsvorhaben und in materielle Weiterentwicklungen ein.“

So tarnen sich Soldaten verschiedener Armeen
Die Bundeswehr rüstet ihre Soldaten mit einer neuen Uniform aus. Was sich ändert, zeigt dieser Truppenversuch in Afghanistan: Ganz links ist die derzeit verwendete, dreifarbige Wüsten-Uniform der Bundeswehr, ganz rechts der neu entwickelte Multitarn. Quelle: Weweb, Bundeswehr
Ein Soldat der Bundeswehr im dreifarbigen Tropentarn. Quelle: Sean Harriman, U.S. Army [Public domain], Wikimedia Commons
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen trägt beim Truppenbesuch in Mali beige, ihre Soldaten den dreifarbigen Wüstentarnanzug. Quelle: AP
Multicam USA Quelle: Cooper T. Cash [Public domain], Wikimedia Commons
Russian Armed Forces Quelle: REUTERS
Ein Soldat der britischen Armee im aktuellen Tarnanzug. Quelle: Ministry of Defence UK, OPL
French Army Quelle: REUTERS

Im Fall des Mali-Einsatzes arbeitet die Abteilung eng mit den Franzosen zusammen. Neu sind Kontakte mit den stark terrorbedrohten Ländern Jordanien und Tunesien. Der Datenaustausch sei „ein heikles Thema“, stellt der Oberst ergänzend fest, auch auf nationaler Ebene. Das Fehlen ressortübergreifender Datenbanken, der Datenschutz und die durch das Grundgesetz vorgegebene Trennung von äußerer und innerer Sicherheit sind komplexe Themen, für die es keine „schnellen Lösungen“ geben könne. „Es gibt noch viel zu tun“ ergänzt Thorsten Ludwig, verbunden mit der Hoffnung, dass in Deutschland auch weiterhin kein IED-Anschlag gelingen wird.

Im Mittelpunkt soll dabei der Schwerpunkt des gesamten C-IED Ansatzes stehen, den die NATO-Mitglieder für alle Bündnisstaaten festgelegt haben: Beeinflussung von freundlich gesinnten, von neutralen und von feindlichen Netzwerken in aktuellen und zukünftigen Einsatzgebieten. Dazu müssen unter anderem internationale Finanzströme und die Weitergabe von Material beobachtet werden – unter Federführung von Nato-Dienststellen oder des deutschen Außen- und des Innenministeriums. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass viele der Vorgänge als „Verschlusssache“ behandelt werden müssen, da bei vollkommener Öffentlichkeit keine Erfolge mehr gewährleistet werden können. „Es geht um die Isolierung der Teilkomponenten von Netzwerken durch punktgenaue physische und kognitive Maßnahmen gegen das IED-System“, lautet die verklausulierte Feststellung. Das schließt neben vielen anderen Maßnahmen offenbar auch militärische Gegenangriffe gegen die Bombenbastler ein.

Deutlicher wird Ludwig bei der steigenden Gefahr durch Drohnenangriffe aus der Luft: „Auf Arbeitsebene“ gebe es dazu Kontakte mit der deutschen Polizei. „Wir müssen zum Beispiel lernen, eine gemeinsame Sprache zu sprechen und gemeinsame Abwehrverfahren zu entwickeln. Wenn wir das erst anpacken, wenn es erste Opfer gibt, ist es zu spät.“ Ludwigs düstere Prognose: „IED werden als ,Waffe des kleinen Mannes’ in nahezu allen Konfliktregionen und damit auch in den zukünftigen Einsatzgebieten der Bundeswehr präsent bleiben. Eine Bedrohung hier vor Ort in Deutschland kann leider ebenfalls nicht ausgeschlossen werden.“

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