Teure Handy-Rückrufe Netzagentur stoppt Abzocke-Masche

Sie rufen aus Ländern an, deren Vorwahlen Nummern deutscher Städte ähneln. Wer die Anrufe erwidert, zahlt oft viel Geld. Dieser Masche wirkt die Bundesnetzagentur nun entgegen.

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Die stark gestiegenen Beschwerdezahlen zeigten laut dem Präsident der Bundesnetzagentur, dass die Kunden Hilfe bräuchten. Quelle: dpa

Bonn, Frankfurt Im Kampf gegen Abzocke am Telefon und mangelhafte Postdienstleistungen will die Aufsichtsbehörde mit teuren Bußgeldern die Kunden besser schützen. „Solche Bußgelder sieht das Gesetz bisher nicht vor“, sagte der Präsident der zuständigen Bundesnetzagentur, Jochen Homann, am Montag in Bonn. Aber die stark gestiegenen Beschwerdezahlen zeigten, dass die Kunden Hilfe bräuchten. Bußgelder sollten - wie bei Kartellverfahren - bis zu zehn Prozent des Firmenumsatzes betragen dürfen, schlug der Chef der Monopolkommission, Achim Wambach, vor.

Unter anderem wegen des Online-Bestellbooms und der stark zugenommenen Paketzahlen sei die Zahl der Beschwerden über zu spät oder beschädigt zugestellte Sendungen um rund ein Viertel gestiegen. Die Zahl der Schlichtungsanträge in Streitfällen zwischen Kunden und Postdienstleistern habe sich seit 2016 sogar verdreifacht, hieß es.

Betroffene berichten auf einem Beschwerdeportal der Verbraucherzentrale NRW von zerquetschten Paketen oder Blumensträußen, die bis zur Zustellung längst verdorrt sind. Lahme Zustellung habe in einem Fall dazu geführt, dass eine Beerdigung fast ohne Trauergäste stattfand - die Briefe seien zu spät gekommen, sagte Homann. Schlichtungsverfahren würden von vielen Unternehmen in den Geschäftsbedingungen von vornherein ausgeschlossen.

Insgesamt sei die Zahl der Kurier-, Express- und Paketsendungen 2016 im Vorjahresvergleich um 6,6 Prozent gestiegen. Trotz Internets legte im vergangenen Jahr auch die Zahl der Briefe in Deutschland etwas auf 15,9 Millionen Stück zu - offenbar, weil vermehrt auch leichte Waren wie Bücher und Elektronikteile in Briefen verschickt werden.

Die Deutsche Post beherrsche mit 84 Prozent Marktanteil das Briefgeschäft weiter klar, auch wenn die Konkurrenz ihren Anteil von 14 auf 16 Prozent gesteigert habe, sagte Homann. Die Monopolkommission fordert, Vorteile der Deutschen Post gegenüber der Konkurrenz etwa beim grenzüberschreitenden Postverkehr abzubauen.

Erfolge hat die Bundesnetzagentur laut Homann bereits bei der Regulierung von kundenunfreundlichen Telekommunikationsdiensten erreicht. So müssen bis spätestens zum 15. Januar 2018 bei sogenannten Ping-Anrufen aufs Handy, mit denen teure Rückrufe ins Ausland provoziert werden, kostenlose Preisansagen geschaltet werden. „Damit machen wir das rechtswidrige Geschäftsmodell wirtschaftlich unattraktiv“, sagte Homann.

Dank einer Transparenzverordnung haben Kunden seit Mitte 2017 auch das Recht, die tatsächliche Leistung ihres Internetanschlusses zu erfahren - nicht nur eine potenzielle Bandbreite, die im Alltagsbetrieb fast nie erreicht wird. Die Netzagentur bietet dazu den Verbrauchern ein Messwerkzeug im Netz an.

Eingegriffen hat die Behörde außerdem bei unerlaubter Werbung am Telefon ohne ausdrückliche Genehmigung der Verbraucher. Hier sind bereits Bußgelder möglich. 2016 sei ein Rekord-Bußgeld von knapp 1,2 Millionen Euro erreicht worden.

Mit dem Ausbautempo bei schnellen Internet-Leitungen zeigte Homann sich unzufrieden. „Damit die nächste Mobilfunkgeneration 5G möglichst schnell ankommt bei den Menschen, streben wir für 2018 die Bereitstellung der erforderlichen Frequenzen an“, sagte der Präsident der Regulierungsbehörde. Vor allem die Versorgung in den ländlichen Regionen sei noch unzureichend.

So hätten nur 36 Prozent der Haushalte Zugang zu Übertragungsgeschwindigkeiten von 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s). In Städten könnten bereits 90 Prozent der Haushalte darauf zurückgreifen. „Wir dürfen weitere Investitionen nicht in die ferne Zukunft verschieben und so die Chancen der Digitalisierung verstreichen lassen“, betonte Homann. Verbraucher fragten zudem immer häufiger nach Anschlüssen mit einer Geschwindigkeit von mindestens 100 Mbit/s.

Union und SPD hatten sich in der vergangenen Wahlperiode zum Ziel gesetzt, ab 2018 überall in Deutschland Breitbandanschlüsse mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 50 Mbit/s zur Verfügung zu stellen. Bislang sind damit laut Homann insgesamt nur rund 77 Prozent der Haushalte versorgt. Kritiker monieren, Deutschland hinke beim Digitalausbau heillos hinterher und rangiere hinter wesentlich ärmeren Staaten wie Litauen und der Slowakei.

Einer der Gründe ist, dass die Deutsche Telekom, Marktführer bei Internet-Anschlüssen, ihr altes Kupfer-Telefonnetz so lange wie möglich weiternutzen will. Dieses ist jedoch nicht in der Lage, die mittlerweile anfallenden gigantischen Datenmengen zu transportieren. Auf den Hauptstrecken in Deutschland setzt die Telekom auf Glasfaser, problematisch ist allerdings das letzte Stück direkt bis in die gut 40 Millionen Haushalte. Dieser ist wegen der vor Jahrzehnten einfach verbauten Telefonleitungen ein Flaschenhals, auf dem sich entscheidet, welche Datenraten bei Kunden ankommen.

Die Bonner setzten daher dort das sogenannte Vectoring ein, mit dem Störsignale zwischen den Kupferdrähten unterdrückt werden sollen. Konkurrenten wie Vodafone und United Internet laufen dagegen Sturm. Ein Sprecher der Telekom betonte, der Konzern forciere den Ausbau von Glasfaser und verlege etwa in Neubaugebieten in der Regel ausschließlich solche Anschlüsse..

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