Thomas de Maizière Mehr Geheimdienst-Austausch auch mit Türkei

Die Menschenrechtslage in der Türkei wird sehr kritisiert. Darf man im Antiterrorkampf mit ihren Geheimdiensten trotzdem enger zusammenarbeiten? Der Innenminister sagt: Man muss.

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Thomas de Maizière: Mehr Geheimdienst-Austausch auch mit Türkei Quelle: REUTERS

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) plädiert im Antiterrorkampf für einen stärkeren Austausch von Geheimdienstinformationen auch mit der Türkei. Im Deutschlandfunk verwies er am Wochenende unter anderem auf die geografische Schlüssellage des Landes. „Und deswegen kann man nicht wegen der Kritik an der menschenrechtlichen Situation auf die Zusammenarbeit verzichten. Im Gegenteil, durch Zusammenarbeit entsteht auch Nähe für das, was wir für richtig halten in Sachen Menschenrechte“, argumentierte er. Man könne nicht auf die Information über einen für Deutschland gefährlichen Menschen verzichten, nur weil sie aus einem Staat komme, in dem die Pressefreiheit nicht in vollem Umfang gewährleistet sei.

Ein im Juni im Bundestag beschlossenes Gesetzespaket sieht vor, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz in Zukunft gemeinsame Dateien mit „wichtigen ausländischen Nachrichtendiensten“ einrichten darf, besonders aus Nachbarstaaten und anderen EU- oder Nato-Ländern. Ziel ist, mehr Informationen über Terrorverdächtige zu teilen. Der zusätzliche Datenaustausch, vor allem mit der Türkei, ist umstritten.

Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping verwies auf Medienberichte, denen zufolge der türkische Geheimdienst mit der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) kooperiert haben soll. „Wenn nun der deutsche Geheimdienst mit dem türkischen Geheimdienst zusammenarbeiten soll, ist das ein neuer Tiefpunkt“, erklärte sie in Berlin. De Maizière sei ein Sicherheitsrisiko.

Nach Verfassungsschutz-Erkenntnissen sind bislang 17 IS-Anhänger im Auftrag der Terrormiliz als Flüchtlinge getarnt nach Europa gekommen. Dafür gebe es „belastbare Hinweise“, sagte der Präsident des Bundesamtes, Hans-Georg Maaßen, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstag). Die meisten seien inzwischen tot oder in Haft. Zwei starben als Attentäter der Pariser Anschläge im November.

Maaßen verwies darauf, dass es die Terrormiliz eigentlich nicht nötig habe, die bekannten Flüchtlingsrouten zu nutzen. „Vielmehr geht es dem IS um eine Machtdemonstration“, erklärte er. Hinweise, dass sich Dschihadisten unter Flüchtlinge gemischt haben, bekommt die deutsche Polizei Hunderte. Aber nur ein Bruchteil hat Substanz: Es sind viele unzutreffende Denunziationen darunter.

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