SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hat die CSU gewarnt, mit ihrer Dauerkritik an der Flüchtlingspolitik den Bestand der großen Koalition aufs Spiel zu setzen. Die bayerische Staatsregierung will in einem offiziellen Brief an den Bund eine wirksame Sicherung der deutschen Grenze verlangen. Wenn die Bundesregierung in ihrer Antwort die bayerische Forderung ablehnt, will Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Klage einreichen.
Was Flüchtlinge dürfen
Wer eine sogenannte Aufenthaltsgestattung bekommt, darf nach drei Monaten in Deutschland eine betriebliche Ausbildung beginnen. Wer geduldet ist, kann vom ersten Tag an eine Ausbildung machen. In beiden Fällen ist jedoch eine Erlaubnis durch die Ausländerbehörde nötig.
Gleiches gilt für Praktika oder den Bundesfreiwilligendienst beziehungsweise ein freiwilliges, soziales Jahr: Personen mit Aufenthaltsgestattung können nach drei Monaten ohne Zustimmung der ZAV damit beginnen, wer den Status „geduldet“ hat, darf das ab dem ersten Tag.
Wer studiert hat und eine Aufenthaltsgestattung besitzt, darf ohne Zustimmung der ZAV nach drei Monaten eine dem Abschluss entsprechende Beschäftigung aufnehmen, wenn sie einen anerkannten oder vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzen und mindestens 47.600 Euro brutto im Jahr verdienen werden oder einen deutschen Hochschulabschluss besitzen (unabhängig vom Einkommen).
Personen mit Duldung können dasselbe bereits ab dem ersten Tag des Aufenthalts.
Personen mit Aufenthaltsgestattung können nach vierjährigem Aufenthalt jede Beschäftigung ohne Zustimmung der ZAV aufnehmen.
Zu dem CSU-Brief an die Bundesregierung inklusive der erneuten Drohung, notfalls eine Verfassungsklage einzureichen, sagte Oppermann am Dienstag in Berlin: „Das ist die Ankündigung des Koalitionsbruchs. In einer Koalition schreibt man keine Drohbriefe, sondern löst Probleme.“ Es sei „unerträglich“, dass CDU und CSU ständig neue Querschläge gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung produzierten. „Damit wird die Lösung der Flüchtlingskrise immer schwieriger“, erklärte Oppermann.
Der Brief sei bereits auf dem Weg, sagte Seehofer kurz nach der Kabinettssitzung. Es gehe darum, Recht und Ordnung an den deutschen Grenzen wieder herzustellen. „Wir haben es hier mit Rechtsverletzungen zu tun, und die müssen abgestellt werden.“ Wie lange er Merkel konkret Zeit gibt und wann Bayern ansonsten klagen will, sagte Seehofer nicht. In dem Brief findet sich die Formulierung „unverzüglich“. Innenminister Joachim Herrmann sagte dazu, man wolle wirksame Maßnahmen „innerhalb der nächsten Wochen“.
Herrmann und Justizminister Winfried Bausback (beide CSU) nannten den Brief aus rechtlichen Gründen notwendig. „Hier geht es um einen formellen, verfassungsrechtlich relevanten Akt“, sagte Bausback. „Es geht um das Geltendmachen eines verfassungsrechtlichen Anspruchs des Freistaats.“