… wobei die Grundfrage trotz aller romantischen Begeisterung im Nebel bleibt: Wie soll man’s finanzieren?
Ob wir je ein Grundeinkommen haben werden, weiß ich nicht. Da bin ich auch völlig relaxt. Aber wofür wir sorgen müssen: Dass Arbeitseinkommen gegenüber Robotereinkommen künftig nicht diskriminiert wird. Die Maschine zahlt keine Sozialabgaben, verdrängt aber jenen Menschen, der auch wegen dieser einseitigen Belastungen zu teuer geworden ist.
„Radikal gerecht“ heißt Ihr Buch zum Thema. Wie hoch könnte ein Grundeinkommen konkret sein?
1000 Euro hielte ich in Deutschland für absolut finanzierbar. Aber nageln Sie mich bitte nicht auf eine Summe fest. Letztlich ist die Höhe des Grundeinkommens eine politisch zu entscheidende Frage.
Haben wir das Grundeinkommen nicht sogar längst? Es heißt Hartz IV plus sonstige Sozialleistungen.
Korrekt. Am Ende geht es ja auch nicht nur um ein Grundeinkommen, sondern um die Debatte der vielen Stellschrauben, die wir in der Sozialpolitik längst besitzen. Und wir sollten endlich die Illusion aufgeben zu glauben, dass der Erfolg der deutschen Volkswirtschaft davon abhängig sein wird, Hartz-IV-Empfänger mit teils unwürdigen Methoden in den Arbeitsmarkt zu prügeln. Ein Grundeinkommen könnte es den vielen Leistungsfähigen und -willigen, die wir in Deutschland haben, ermöglichen, künftig einfacher das zu tun, was sie wirklich wollen…
… zum Beispiel die Füße hochlegen…
… woran ich nicht glaube. So ist der Mensch nicht. Und eine Sozialpolitik, die sich nicht um die Chancen, sondern nur die Probleme kümmert, finde ich armselig. Die Digitalisierung ist nicht ohne Gefahren, aber zugleich eine Jahrhundertchance.
Ihre Heimat Schweiz hat sich zuletzt per Volksabstimmung gegen ein Grundeinkommen entschieden. Haben Sie mit abgestimmt?
Ja, und ich war in diesem Fall aus zweierlei Gründen dagegen: Die geforderte Summe von 2500 Franken war für mich nicht nachvollziehbar. Ebenso wenig wie die Mechanik der Finanzierung. Dazu kommt: Das deutsche System der einseitig aus dem Arbeitseinkommen der Unselbständigen finanzierten Sozialversicherungen kennt die Schweiz gar nicht…
…was für ein Paradies!
Ja, trotzdem finde ich Deutschland durchaus auch attraktiv.
Wo konkret?
Manche Deutsche wissen gar nicht mehr, in welch unfassbar freiem Land sie leben. Selbst in der Schweiz werden viele Themen nicht mal ansatzweise so liberal gehandhabt wie hier. Aber der G20-Gipfel hat mal wieder eindrucksvoll gezeigt: Wir haben es immer noch nicht geschafft, die Bevölkerung hinter der Globalisierung zu versammeln, obschon wir als Gesellschaft insgesamt davon profitieren – beim nächsten Mal, also bei der anstehenden Digitalisierung, sollten wir es wirklich besser hinkriegen. Das Grundeinkommen wäre ein erfolgversprechender Weg.
Herr Straubhaar, vielen Dank für das Gespräch.