Treffen am Donnerstag Merkel will Opposition beim Fiskalpakt einbinden

In den deutschen Streit über den Fiskalpakt kommt Bewegung: Bundeskanzlerin Angela Merkel lädt alle Partei- und Fraktionschefs zum Gespräch, um eine Einigung zu erreichen. Die Opposition droht mit harten Verhandlungen.

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Sollen gemeinsam mit der Kanzlerin verhandeln: Wolfgang Schäuble (l.) und Guido Westerwelle (r.) Quelle: dpa

Berlin Angesetzt sei ein Treffen am Donnerstag von 15.00 bis 17.00 Uhr, kündigte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Montag in Berlin an. Die Opposition stellte umgehend Bedingungen. Gleichzeitig bekräftigte die Regierung ihr Nein zu Euro Bonds - trotz des jüngsten Vorstoßes aus Frankreich.

Union und FDP planen, den Fiskalpakt Ende Mai im Bundestag zu beschließen. Erforderlich ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Die Opposition lehnt diesen frühen Termin ab und hat ihre Zustimmung an Bedingungen geknüpft. Dazu zählen die Einführung einer Umsatzsteuer auf Finanzmarktgeschäfte und ein Programm zur Stärkung des Wirtschaftswachstums. Mit dem Pakt wollen sich die meisten europäischen Länder zu mehr Haushaltsdisziplin verpflichten.

Bei dem Treffen werden von Regierungsseite neben der CDU-Vorsitzenden Merkel Kanzleramtsminister Ronald Pofalla, Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) teilnehmen, ebenso Wirtschaftsminister Philipp Rösler, allerdings in seiner Eigenschaft als FDP-Chef.

Die Opposition bremste zunächst. Die SPD werde bei dem Gespräch alle kritischen Punkte wie etwa die Haushaltshoheit der Länder ansprechen, sagte Generalsekretärin Andrea Nahles und betonte: „Mit einer schnellen Lösung rechne ich am Donnerstag noch nicht.“

Die Grünen forderten substanzielle Änderungen an der Vereinbarung. Andernfalls werde ihre Partei den Plänen nicht zustimmen, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth. Fraktionschef Jürgen Trittin sagte, zur Bekämpfung der wachsenden Arbeitslosigkeit in Europa seien zusätzliche Investitionen in Ressourceneffizienz, ökologische Modernisierung, moderne Infrastruktur und Bildung nötig. „Dafür müssen das Kapital der Europäischen Investitionsbank erhöht und die europäischen Strukturfondsmittel besser genutzt werden“, verlangte er. Die Grünen wollen außerdem neue Einnahmen durch eine Finanztransaktionssteuer und eine Vermögensabgabe erreichen.


Weiter Nein zu Euro-Bonds

Das Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), Jörg Asmussen, dringt auf eine schnelle Umsetzung des Fiskalpakts. Es komme darauf an, den Fiskalpakt „unverändert in allen Staaten des Eurogebietes rasch umzusetzen“, sagte er in Berlin auf einer Konferenz der Tageszeitung „Die Welt“. Auch der neue Rettungsschirm ESM müsse dringend bis zum 1. Juli eingeführt werden, denn er verbessere das Krisenmanagement. Der Fiskalpakt könne jedoch um wachstumsfördernde Maßnahmen ergänzt werden. Asmussen sprach sich dafür aus, die Wirtschaftsstrukturen langfristig zu verbessern.

Unterdessen machte Merkel kurz vor dem informellen Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU am Mittwoch in Brüssel erneut klar, dass Deutschland gemeinsame europäische Staatsanleihen weiter ablehnt. Die sogenannten Euro-Bonds seien „kein Mittel zur Bewältigung der aktuellen Krise“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter in Berlin. „An dieser Position hat sich nichts geändert.“

Der neue französische Präsident François Hollande hatte beim G8-Gipfel in den USA angekündigt, er werde bei den anstehenden Beratungen der EU-Staats- und Regierungschefs gemeinsame Schuldscheine der Euroländer verlangen. „Zu meinen Wachstumsvorschlägen gehören auch Euro-Bonds. Und ich werde sie nicht alleine fordern“, sagte er. Unterstützung dürfte Hollande von Italiens Regierungschef Mario Monti bekommen.

Innerdeutsche Unterstützung bekommt Merkel vom Koalitionspartner FDP. Diese hält ihren Widerstand gegen die Einführung von Euro-Bonds aufrecht. Seine Partei wolle nicht, dass die Haftung für die Staatsschulden der einzelnen Mitglieder der Euro-Zone und der Europäischen Union „solidarisch verteilt“ werde, sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring. „Der Zins muss der Preis des Geldes bleiben - deshalb haben wir unterschiedliche Zinsniveaus in den Ländern der Euro-Zone“, sagte Döring weiter.

Auch das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft lehnte gemeinsame Anleihen europäischer Staaten ab. Diese seien keine Lösung, sondern die „Einladung zum fiskalpolitischen Schlendrian“, sagte IW-Direktor Michael Hüther am Montag in Berlin. Hüther hält außerdem einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone für verkraftbar. „Notfalls wird der Euro auch ohne Griechenland überleben. Die Euro-Zone sitzt auf jeden Fall am längeren Hebel“, so Hüther. Der Austritt wäre „schmerzlich, aber verkraftbar“.

Nach Einschätzung Hüthers würde der Finanzmarkt Griechenland als Spezialfall sehen und einen Euro-Austritt „möglicherweise sogar als Befreiungsschlag werten, zumal das griechische Desaster die andere Defizitstaaten disziplinieren dürfte“.

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