Trotz höherer Einnahmen Kanzlerin Merkel gegen vorschnelle Steuersenkungen

Die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden steigen deutlich stärker als gedacht. Vorschnelle Steuersenkungen soll es laut Kanzlerin Merkel dennoch nicht geben. Der Großteil des Geldregens ist schon verplant.

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Kanzlerin Angela Merkel will erstmal den Bundeshaushalt für 2012 in den Griff bekommen. Quelle: handelsblatt.com

Kanzlerin Angela Merkel sperrt sich trotz eines absehbaren Rekords bei den Steuereinnahmen gegen eine schnelle Entlastung der Bürger. „Die Bäume wachsen nicht in den Himmel“, warnte Merkel am Dienstag in Berlin vor überzogenen Erwartungen, auch in den Reihen von Union und FDP. Zu Beginn der Steuerschätzung in Fulda zeichnete sich ab, dass Bund, Länder und Gemeinden in diesem und in den kommenden drei Jahren etwa 140 Milliarden Euro mehr einstreichen werden als im November vorhergesagt. Ein Großteil des warmen Geldregens ist schon verplant. Der Rest reicht kaum aus, um absehbare Ausgaben für die Energiewende oder die Euro-Stabilisierung zu bestreiten. 

„Jetzt müssen wird erst einmal den Bundeshaushalt für 2012 hinbekommen“, sagte Merkel vor ausländischen Korrespondenten. So gebe es in der mittelfristigen Planung noch Posten wie eine Finanz-Transaktionssteuer, die sich international nur schwer durchsetzen lasse. Bisher plant die Regierung ab 2012 noch mit zwei Milliarden Euro zusätzlich aus der neuen Steuerquelle. Möglicherweise müsse dafür Ersatz gefunden werden, sagte Merkel.

Zugleich betonte Merkel, Steuerentlastungen blieben aber auf der Tagesordnung. Einen Zeitpunkt dafür nannte sie jedoch nicht.

Nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums für den Schätzerkreis nimmt der Fiskus in diesem und in den kommenden drei Jahren voraussichtlich 136 Milliarden Euro mehr ein als gedacht. Das Geld verteilt sich etwa zur Hälfte auf den Bund sowie die Länder, Gemeinden und die EU. Bis 2015 dürften die Einnahmen auf 655 Milliarden Euro steigen - ein Rekord. Das Niveau vor der Finanzkrise könnte 2012 wieder erreicht werden.

Der „Frankfurter Rundschau“ zufolge kann der Bund 2011 und 2012 mit jeweils 13 Milliarden Euro mehr rechnen; 2013 winken 21 und 2014 dann 22 Milliarden Euro zusätzlich. Allerdings hat die Regierung davon schon im Februar bis 2015 53 Milliarden Euro eingeplant. Die restlichen Milliarden gehen für Einzahlungen in den Euro-Schirms ESM und den schnelleren Atom-Ausstieg drauf.

Rohstoffpreise kosten Bürger Kaufkraft

Haushaltsexperten der Koalition betonten deshalb, zunächst müssten die in der Krise aus dem Ruder gelaufenen Etats ins Lot gebracht werden. Alleine der Bund hat eine Billion Euro Schulden und zahlt dafür fast 40 Milliarden Euro Zinsen im Jahr. „Auf Schuldenbergen können Kinder nicht spielen - und erst recht nichts lernen“, sagte der FDP-Budgetexperte Otto Fricke. Sein CDU-Kollege Norbert Barthle betonte: „Für zusätzliche Ausgaben oder Steuerentlastungen bestehen derzeit keine Spielräume.

Auch die Kommunen halten die Hände auf ihren Stadtsäckeln. „Wir freuen uns, dass der Aufschwung den Städten hilft und den Aufstieg aus dem Tal der Tränen beschleunigt“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetages, Stephan Articus. Die Finanzprobleme der Kommunen würden dadurch aber nicht gelöst.

Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs schloss nicht aus, dass sich nach der Haushaltssanierung Spielräume für Entlastungen ergeben könnten. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, in dem Fall sollten Durchschnittsverdiener entlastet werden. Ökonomen zufolge wäre das sinnvoll. So müssen nach UniCredit-Berechnungen die Bürger starke Kaufkraftverluste wegen der höheren Rohstoffpreise hinnehmen. Sollten die Preise für Energie- und Nahrungsmittel auf dem aktuellen Niveau verharren, koste das die Privathaushalte 17 Milliarden Euro mehr im Jahr.

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