Trotz Milliarden-Puffers Schäuble warnt vor überzogenen Versprechen

Drei Monate vor der Bundestagswahl beschließt das Kabinett die Etatpläne bis 2021. Die werden wegen des Regierungswechsels so zwar nie beschlossen. Der in Aussicht gestellte Finanzpuffer ist aber ein Novum.

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Für den deutschen Finanzminister sind übertriebene Steuerversprechen kein Mittel für das Wahlprogramm. Quelle: Reuters

Berlin Wenige Tage vor dem Beschluss der Spitzen von CDU und CSU über das Wahlprogramm der Union hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vor übertriebenen Versprechen für Steuersenkungen gewarnt. „Eine maßvolle und verlässliche Finanzpolitik werde keinen sehr viel größeren Spielraum haben“ als die bisher von ihm in Aussicht gestellten 15 Milliarden Euro pro Jahr.

Bei der Vorlage seiner Etatpläne am Mittwoch in Berlin verwies der CDU-Politiker darauf, dass neben „maßvollen“ Korrekturen bei der Einkommensteuer auch ein Abbau des „Soli“ ab 2020 finanziert werden müsse – sowie weitere Maßnahmen wie eine Entlastung von Familien oder eine Stärkung der Altersvorsorge. Er habe immer gesagt, dass mit den 15 Milliarden Euro bei der Einkommensteuer-Entlastung „nicht allzu viel bewegt“ werden könne, bekräftigte Schäuble.

Die Spitzen von CDU und CSU wollen ihr Wahlprogramm am Montag beschließen. Die CSU und der Wirtschaftsflügel fordern stärkere Entlastungen.

Die gute Haushaltslage des Bundes dank sprudelnder Steuereinnahmen und niedriger Zinsen eröffnet schon jetzt für die nächsten Jahre einen gewissen Spielraum. Nach Schäubles Finanzplan kann sich die nächste Bundesregierung auf ein Finanzpolster von 14,8 Milliarden Euro zur Umsetzung von Wahlversprechen stützen. Dieser finanzielle Spielraum ergibt sich aber nicht für jedes Jahr, sondern in den Jahren 2019 bis 2021 für alle drei Jahre zusammen.

„Das ist kein Wahlkampfhaushalt, den wir vorlegen“, betonte Schäuble. Das Geld kann trotz steigender Ausgaben für Verteidigung, humanitäre Hilfe, Sicherheit, Bildung, Verkehr und Soziales zusätzlich für die von Parteien versprochenen Steuersenkungen oder andere Maßnahmen genutzt werden. Gleich zum Start 2018 muss die neue Regierung aber zunächst eine Milliardenlücke schließen. Um die erstmals 2014 erzielte „Schwarze Null“ zu halten, muss die neue Bundesregierung im kommenden Jahr ein Etatloch von 3,4 Milliarden Euro stopfen.


Kein Thema für den amtierenden Bundestag

Der noch amtierende Bundestag wird sich nicht mehr mit diesen Etatplänen befassen. Nach der Bundestagswahl Ende September und der Regierungsbildung wird ein neuer Haushalt aufgestellt – dann mit Schwerpunkten der neuen Bundesregierung. Die jetzigen Pläne bieten aber eine Grundlage.

Der Bund schwimme weder im Geld, noch ertrinke er in Schulden, sagte Schäuble: „Wir sind in einer insgesamt stabilen finanziellen Situation.“ Der Spielraum fällt im Jahr 2021 mit knapp zehn Milliarden Euro am höchsten aus. In den beiden Vorjahren beträgt er zusammen etwa fünf Milliarden Euro.

Die nächste Bundesregierung kann nach der Etat-Vorlage mit einer weiter guten Konjunktur rechnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Wirtschaft stärker zulege als in bisherigen Prognosen unterstellt, sei derzeit „eher dominant“, sagte Schäuble. Gerechnet werde mit einem „moderaten Zinsanstieg“, für den Vorsorge getroffen sei.

Die jüngsten Haushaltsüberschüsse sind in die Rücklage zur Finanzierung der Flüchtlingskosten geflossen. Diese Finanzreserve von 18,7 Milliarden ist bereits verplant, um auch längerfristig einen ausgeglichenen Haushalt sicherzustellen. Insgesamt sollen die Ausgaben des Bundes nach 329,1 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 337,5 Milliarden Euro im Jahr 2018 klettern, bis zum Jahr 2021 dann weiter auf 356,8 Milliarden Euro.

Die SPD-geführten Ministerien machten in der Kabinettssitzung deutlich, dass sie die Steigerung von Entwicklungshilfe und Krisenprävention an den steigenden Verteidigungsetat koppeln wollen. Gesine Lötzsch von den Linken warf der Bundesregierung vor, auf Kurs von US-Präsident Donald Trump zu sein. Mit dem Haushaltsentwurf werde an den Ungerechtigkeiten etwa im Steuersystem nichts geändert. Zugleich stiegen „Ausgaben für Waffen und Kriegseinsätze“. Auch Sven-Christian Kindler von den Grünen sprach von einem „Haushalt der Aufrüstung und sozialen Kälte“: „Es ist gut, dass dieser Haushalt nie Realität wird.“ Die Spielräume würden für weitere Aufrüstung und für Steuergeschenke für Gutverdienende genutzt.

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