Übergriffe in der Silvesternacht „Die Täter von Köln müssen hart bestraft werden“

Mahmoud Serhan ist entsetzt. Der syrische Flüchtling und Journalist fordert eine harte Bestrafung der Täter von Köln und vertraut auf die deutsche Justiz. Er warnt vor den Folgen der Silvesternacht – für beide Seiten.

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Die Übergriffe von Köln sind entsetzlich. Doch Kolumnist Mahmoud Serhan fürchtet auch den Rassismus, dem sie neuen Nährboden geben. Quelle: dpa

Berlin Die sexuellen Belästigungen und Diebstähle in Köln haben in Deutschland eine hitzige Debatte über die Migrationspolitik der deutschen Regierung ausgelöst. Auch unter uns Flüchtlingen haben wir intensiv über die Vorfälle gesprochen. Wir verurteilen diese kriminellen Taten.

Wir haben sehr großen Respekt vor dem großen Wohlwollen und der Unterstützung, die wir von den Deutschen erfahren haben, als wir in dieses Land gekommen sind. Keiner von uns wird jemals vergessen, wie im vergangenen Herbst Frauen und Männer an die Bahnhöfe gekommen sind, um die Neuankömmlinge zu begrüßen, ihnen zu helfen und sie zu unterstützen. Deshalb werden wir nicht akzeptieren, dass diesen gütigen Menschen Leid zugefügt wird.

Ich spreche für alle Flüchtlinge, die ich kenne, wenn ich sage, dass wir geschockt sind von den Vorkommnissen in Köln. Wir betrachten die Täter als Menschen mit sozialen und psychischen Problemen, die nicht für die Mehrheit der Flüchtlinge stehen.

Die Menschen, die diese Taten begangenen haben, müssen hart bestraft werden, genauso, wie es Bundeskanzlerin Angela Merkel und weitere Regierungsmitglieder gefordert haben. Sie müssen die sozialen und moralischen Regeln und Gesetze in Deutschland lernen und sie akzeptieren, damit sie gute Bürger dieser Gesellschaft werden können.

Die deutsche Regierung hat stets davor gewarnt, Vorfälle wie die in Köln zu verallgemeinern und Migranten generell unter Verdacht zu stellen. Aber, wie wir befürchtet hatten, scheren sich Gruppen wie Pegida nicht um diese Warnungen. Gruppen, die ohnehin gegen Migranten sind, nutzen nun die Taten, die in Köln begangenen wurden, um die Integrationsbemühungen der Flüchtlinge, der Gesellschaft und der Regierung zu beschädigen.

Dabei ist es ihnen auch egal, dass unter den mutmaßlichen Tätern von Köln laut offizieller Polizeistatistik nicht nur „Nordafrikaner und Araber“, sondern auch Männer ohne Migrationshintergrund waren, darunter auch ein Amerikaner und zwei Deutsche.


„Frauen müssten soziale Konsequenzen bei Anzeigen fürchten“

In den Diskussionen unter den Flüchtlingen selbst wurde auch darüber gesprochen, dass möglicherweise auch Flüchtlinge unter den Opfern in Köln gewesen sind. Dass diese Frauen die Belästigungen vielfach nicht zur Anzeige gebracht haben, hängt vermutlich damit zusammen, dass sie aus Kulturen stammen, in denen sie soziale Konsequenzen fürchten müssen, wenn sie derlei Anschuldigungen öffentlich machen.

Dass der Hass, der von den rechten Gruppen geschürt wird, immer mehr zu einer Gefahr für die Flüchtlinge wird, zeigte sich ebenfalls in der Silvesternacht. In Chemnitz wurde ein 13-jähriges tunesisches Mädchen von einer rechten Bande so schlimm verprügelt, dass sie ins Krankenhaus gebracht werden musste. Auch in Köln wurden Ausländer bereits von fremdenfeindlichen Gruppen attackiert.

Ich glaube, wie viele andere, dass solche Attacken und die Stimmungsmache gegen Ausländer dazu führen werden, dass die Kluft zwischen der deutschen Gesellschaft und den Flüchtlingen und Zugewanderten größer werden wird. Deshalb müssen solche Vergehen, egal welche Herkunft die Täter haben, hart bestraft werden.

Wir vertrauen dabei auf die deutschen Obrigkeiten, dass sie alle Menschen in diesem Land beschützen. Deutschland ist ein Land der Freiheiten, in dem jeder seine Meinung sagen darf. Deutschland ist aber auch ein Land, in dem Gesetze herrschen. Ich glaube, die Durchsetzung dieser Gesetze ist die beste Antwort auf die Attacken von Köln und die Angriffe auf Migranten.

Übersetzung aus dem Englischen: Dana Heide

Mahmoud Serhan ist syrischer Journalist und absolviert derzeit ein Praktikum in der Berliner Redaktion des Handelsblatts.

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