Ukraine-Berichterstattung Grüne attackieren ZDF-Chefredakteur

Die Kritik am ZDF wegen seiner Ukraine-Berichterstattung wächst. Nachdem der Chefredakteur des Senders im Fernsehrat kritische Nachfragen der Linken abblockte, melden sich nun die Grünen zu Wort.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Peter Frey, Chefredakteur des ZDF: Keine Antworten auf kritische Nachfragen. Quelle: dpa

Berlin Dass der ZDF-Chefredakteur Peter Frey im Fernsehrat des Senders kritische Fragen der Linksfraktion-Abgeordneten Gesine Lötzsch zu einem Ukraine-Beitrag in einer „Heute“-Sendung nicht beantworten wollte, stößt auf Kritik bei den Grünen. „Dass kritische Fragen unbeantwortet bleiben, weil der Unterton nicht passt – zumal auch andere Medien, wie die „Jüdische Allgemeine“ das Thema behandelt haben – ist sicherlich nicht förderlich für die Arbeit dieses Gremiums“, sagte die medienpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Tabea Rößner, dem Handelsblatt (Online-Ausgabe).

„Wenn die Arbeit wegen Befindlichkeiten zum Stocken kommt, ist es an dem Vorsitzenden des Fernsehrates, einzugreifen, so dass Themen vollständig diskutiert und Fragen beantwortet werden.“ Vorsitzender des Fernsehrats ist der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz.

Rößner wies darauf hin, dass das ZDF Zuschauern einen „objektiven Überblick“ über das Weltgeschehen geben und insbesondere ein „umfassendes Bild“ der deutschen Wirklichkeit vermitteln und die individuelle und öffentliche Meinungsbildung fördern solle. „Der Fernsehrat ist dementsprechend dazu da die Sendungen des ZDF auf Anspruch und Wirklichkeit hin zu überprüfen“, sagte die Grünen-Politikerin und fügte hinzu: „Dazu gehört es, dass Fernsehratsmitglieder auch kritische Fragen stellen dürfen.“

Hintergrund ist, dass Frey in der Fernsehrat-Sitzung am vergangenen Freitag kritische Nachfragen der Linkspartei-Politikerin Lötzsch zu einem Bericht über die Ost-Ukraine, in dem Kämpfer mit Hakenkreuz und SS-Rune am Stahlhelm gezeigt werden, nicht beantworten wollte. Das geht aus einem Brief von Lötzsch an Frey hervor, der dem Handelsblatt (Online-Ausgabe) vorliegt.

Frey war demnach vom „Unterton“ der Fragen von Lötzsch befremdet. „Mit diesem allgemeinen Vorwurf kann ich nichts anfangen“, schreibt die Bundestagsabgeordnete in ihrem Brief. „Besonders ärgerlich ist es, wenn Sie Fragen eines Fernsehratsmitgliedes kritisieren, um sie nicht beantworten zu müssen.“ Lötzsch forderte Frey auf, ihre Fragen schriftlich zu beantworten.


„Wo ist die journalistische Sorgfaltspflicht des ZDF geblieben?“

Lötzsch nahm dabei Bezug auf einen Bericht in der „Jüdischen Allgemeinen“. Darin wird bemängelt, dass am 8. September in der ZDF-Nachrichtensendung „Heute“ ein Beitrag ausgestrahlt wurde, in dem auch Mitglieder des nationalistischen Asow-Bataillons gezeigt werden, das in der Ost-Ukraine an der Seite der Regierungstruppen gegen die Separatisten kämpft. An ihren Stahlhelmen tragen die Kämpfer Hakenkreuze und SS-Runen.

„Dies blieb völlig unkommentiert“, schrieb die Zeitung und fragte: „Wo ist die journalistische Sorgfaltspflicht des ZDF geblieben?“ Tatsächlich ging der ZDF-Korrespondent auf die Nazi-Symbole in seinem Beitrag nicht ein. Dort heißt es vielmehr: „Freiwilligenbataillone aus nahezu jedem politischen Spektrum verstärken etwa die Regierungsseite - und in der Ukraine ist Wahlkampf: Eine Friedenslösung ist dadurch nicht einfacher geworden.“

Dass ZDF-Chefredakteur Frey dazu nicht Stellung nehmen wollte, hält Lötzsch für einen einmaligen Vorgang. „Ihre heutige Kritik im Fernsehrat an meinen Fragen hat mich nachdenklich gestimmt“, schreibt sie in ihrem Brief an Frey. Seit 2002 sei sie Mitglied des Deutschen Bundestages. „Noch nie hat die Kanzlerin oder ein Minister meine Fragen beanstandet.“ Kritische Fragen seien in einer lebendigen Demokratie selbstverständlich. Sie finde es auch „völlig normal“, wenn ihr Journalisten „sehr kritische Fragen“ stellten. „Sie erwarten zu Recht, dass ich ihre Fragen beantworte und nicht kritisiere.“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%