Ulrich Grillo „Flüchtlinge machen uns flexibler“

Der BDI-Chef Ulrich Grillo ist beeindruckt von Angela Merkels Willkommenskultur – und will den Mindestlohn auch an Flüchtlinge zahlen.

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Ulrich Grillo Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Herr Grillo, 87 Prozent deutscher Führungskräfte sprechen sich für eine Initiative der Wirtschaft aus, um Flüchtlingen zu helfen. Brauchen wir ein Bündnis für Integration?

Grillo: Wir haben längst ein Bündnis für Integration, wenn ich mir die vielen freiwilligen Helfer anschaue. Auch viele Unternehmen helfen mit Sachspenden und Geld. Wichtig ist aber zudem, Betrieben endlich bundesweit gültige Standards für die Ausbildung von Flüchtlingen zu setzen. Ausbildung ist nämlich von zentraler Bedeutung: Wenn nur ein geringer Teil der Zuwanderer qualifiziert ist, muss der Großteil ausgebildet werden – und viele können nicht einmal lesen und schreiben. Diese enorme Aufgabe können wir nur gemeinsam lösen: Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Zur Person

Wie soll Deutschland das bezahlen? Durch einen Flüchtlingssoli?

Faktisch zahlen wir zur Bewältigung der Krise bereits viele Milliarden Euro im nächsten Jahr – zwar nicht als Extrasteuer, aber aus dem allgemeinen Steueraufkommen. Vor einem Flüchtlingssoli kann ich nur warnen. So ein Instrument würde Populisten in die Hände spielen.

Kann die finanzielle Belastung Deutschland aus der Bahn werfen?

Wir haben durch unsere starke Wirtschaft und angesichts unserer Geschichte eine besondere Verantwortung in der Welt. Klar ist aber ebenso: Die Möglichkeiten jedes Landes sind begrenzt. Daher hoffe ich auf eine europäische Lösung und bin optimistisch, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel sie erreichen kann. Wie entschlossen die Kanzlerin in der Krise aufgetreten ist, hat mich wirklich beeindruckt. Sie hat christliche Werte vorgelebt – und richtig gehandelt. Für Deutschland kann diese Krise zudem wirtschaftlich Positives bewirken.

Nämlich?

Die Flüchtlinge werden uns flexibler machen. Auch, weil sonst die Krise nicht zu bewältigen ist. Ich hoffe, es wird etwa bald pragmatischere Vorgaben für Unterkünfte geben. Oder mehr Flexibilität bei Ausbildung und Praktika ...

... oder bei dem von Ihnen lange bekämpften Mindestlohn?

So wenig ich vom staatlich verordneten Mindestlohn halte, so sehr warne ich davor, Ausnahmen für Flüchtlinge zu schaffen. Denn dann könnte es ganz schnell heißen, dass der für einen Billiglohn arbeitende Syrer einem Beschäftigten die Arbeit wegnimmt. Das wäre kontraproduktiv für die Stimmung im Lande. Trotzdem sollten die Flüchtlinge schneller arbeiten können. Ich denke an gemeinnützige Tätigkeiten und zum Beispiel an die Gastronomie, wo Personal gesucht wird und nicht jeder eine dreijährige Ausbildung braucht. Wir sollten auch überlegen, Flüchtlinge über das freiwillige soziale Jahr zu integrieren.

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