Umfrage zu Russland Deutsche stehen hinter den Sanktionen

Die Deutschen wollen gerne an den Sanktionen gegen Russland festhalten, zeigt eine Umfrage, die der WirtschaftsWoche vorliegt. Doch in der EU wird das politisch nur schwer durchzusetzen sein.

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Deutsche und russische Flagge. Quelle: dpa

Wer nur auf soziale Medien blickt, könnte glauben, die deutsche Öffentlichkeit dränge auf ein baldiges Ende der Sanktionen gegen Russland. Denn dort dominiert, nicht zuletzt dank der Aktivität moskautreuer Online-Trolle, der Eindruck, das Land sei längst genug bestraft für seine Ukraine-Invasion. Meist mischen sich latent anti-amerikanische Töne dazu. Nicht selten äußern Kommentatoren gar offene Bewunderung für die Politik der eisernen Faust, mit der Kremlchef Wladimir Putin sein Land führt.

In der breiten deutschen Öffentlichkeit verfängt dies aber nicht. Laut einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung, die der WirtschaftsWoche vorliegt, befürworten 44 Prozent der Befragten die restriktive Russlandpolitik der Bundesregierung. Ein Festhalten an den im Sommer 2014 verhängten Sanktionen unterstützen 46 Prozent der Deutschen, 16 Prozent würden sie sogar verschärfen. Nur 27 Prozent plädieren für deren Aufhebung. Allerdings stellen die Forscher der Stiftung eine innerdeutsche Spaltung fest: „Ostdeutsche denken häufiger, die deutsche Politik sei zu anti-russisch“, heißt es in der Studie. Westdeutsche seien hingegen öfter der Meinung, dass die Politik Russland angemessen oder gar zu freundlich behandele.

Insgesamt hat sich das lange Zeit eher positive Verhältnis der Deutschen zu den Russen seit früheren Umfragen verschlechtert: 64 Prozent der Befragten sehen Putins Russland nicht mehr als „vertrauenswürdigen Partner“, die Energiekooperation spaltet die Deutschen: 55 Prozent betrachten die Abhängigkeit zwischen Gaslieferant und Gasverbraucher negativ, nur 39 Prozent bewerten diese positiv.

Werden die Deutschen sich mit ihrem harten Kurs durchsetzen können? Über die Verlängerung der Russland-Sanktionen entscheiden die EU-Mitgliedsstaaten auf einem Gipfel im Juni. Im Moment spricht vieles dagegen, dass die Sanktionen verlängert werden. Formal hängt ein Ende der Strafen von der Umsetzung des Friedensabkommens für die Ostukraine ab. Dieses „Minsk-II“-Paket ist aber praktisch Makulatur; fast täglich fallen Schüsse zwischen der ukrainischen Regierung und pro-russischen Separatisten der Russen. Kiew verweigert den umkämpften Gebieten die Autonomie, Moskau verweigert den Ukrainern den Zugang zu ihrer Grenze und versorgt die Separatisten nach wie vor mit Waffen.

Da keine der beiden Seiten den Vertrag vom Februar 2015 einhält, wird es für die Bundesregierung immer schwieriger, die EU-Partner vom Sinn weiterer Sanktionen zu überzeugen. Ungarn und Griechen waren von Anfang an Sanktionsskeptiker, nun verlangen Österreich und Italien ebenfalls Lockerungen.

Auch deutsche Unternehmer plädieren dafür. Laut einer Umfrage der Auslandshandelskammer in Moskau wollen 60 Prozent von ihnen die sofortige, 28 Prozent die schrittweise Aufhebung der Strafen. Kanzlerin Merkel will diesen Schritt aber erst gehen, wenn „Minsk-II“ umgesetzt wird.

Sollte die Kanzlerin sich damit nicht durchsetzen können, winkt ihr aber Rückendeckung von den USA. „Kippen wir unsere EU-Sanktionen“, glaubt ein deutscher Banker, „werden die Amerikaner ihre Strafen halt exterritorial durchsetzen.“ Er verweist auf den Fall Iran: Wer US-Sanktionen unterlief, dem drohten Strafen in Amerika. Aus Furcht um ihr Amerikageschäft verzichteten nichtamerikanische Unternehmen vorbeugend auf Iran-Aufträge.

Und weil Washington an Strafmaßnahmen gegen Russland festhalten wird, könnten die Amerikaner es Europa indirekt eine weiter strenge Russlandpolitik diktieren – ganz gleich, ob die Europäer an Sanktionen festhalten wollen oder nicht.

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