Umweltministerin kritisiert Energie-Beschlüsse Hendricks fällt Gabriel in den Rücken

Verzicht auf Gabriels Kohleabgabe, Verlegung teurer Erdkabel: Die Energie-Kompromisse der Koalitionsspitzen sind sehr kostspielig. Die Kritik ist groß – und reicht von Umweltverbänden bis in die eigenen Reihen.

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Die Bundesumweltministerin spricht von „Zukunftsverweigerung“ in der Koalition. Quelle: dpa

Berlin Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ist auf Distanz zu den energiepolitischen Beschlüssen des Koalitionsgipfels gegangen. Die Union habe mit ihrer Ablehnung der Kohleabgabe „eine deutlich teurere Alternative erwirkt“, schrieb die SPD-Politikerin in einem Gastbeitrag für die „Welt“ (Freitag).

Der Stromsektor erbringe nur einen Teil der eigentlich erforderlichen 22 Millionen Tonnen CO2-Minderung, kritisierte Hendricks und stellte weitere Regulierungen in Aussicht: „Allen Beteiligten muss klar sein, dass der Kohlestromsektor daraus keineswegs den Schluss ziehen kann, auch in Zukunft von seiner Klimaschutzpflicht verschont zu werden – ganz im Gegenteil!“

Die Spitzen der großen Koalition hatten in der Nacht zum Donnerstag vereinbart, auf die umstrittene Strafabgabe für alte Kohlekraftwerke zu verzichten, mit der der Ausstoß von Kohlendioxid reduziert werden sollte. Um die Klima-Ziele zu erreichen, setzen Union und SPD nun auf einen Maßnahmen-Mix und weitere Steuermilliarden. Die Zusatzkosten bis 2020 belaufen sich auf mehr als zehn Milliarden Euro.

Im Streit um die Kohleabgabe habe es „viele Polemiken und so manchen Unfug gegeben“, kritisierte Hendricks. Dazu gehöre die Behauptung, 100.000 Arbeitsplätze seien durch die Einsparung von weiteren 22 Millionen Tonnen CO2 gefährdet. „Für mich sind solche Äußerungen Ausdruck politischer Unfähigkeit und Zukunftsverweigerung.“

Kritik ließ die Ministerin an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erkennen. „Man kann nicht in Elmau die klimaneutrale Weltwirtschaft verkünden und gleichzeitig so tun, als ob das alles für die Kohleregionen in unserem Land nicht gilt“, schrieb Hendricks. Im Kampf gegen die Erderwärmung hatten die G7-Staaten Anfang Juni in Elmau den schrittweisen Ausstieg aus dem Zeitalter von Öl, Gas und Kohle angekündigt.

Im Streit um den Ausbau der Stromnetze hatten sich die Parteispitzen auf einen Kompromiss verständigt. Um CSU-Chef Horst Seehofer entgegenzukommen, sollen bei den neuen Nord-Süd-Stromautobahnen stärker bestehende Trassen genutzt werden. Auch sollen teure Erdkabel vorrangig verlegt werden.

Seehofer geht nicht davon aus, dass dieser Kompromiss den Bau neuer Stromtrassen hinauszögert. „Ich rechne jetzt nicht mehr mit großem Widerstand in der Bevölkerung“, sagte der bayerische Ministerpräsident dem Ingolstädter „Donaukurier“ (Freitag). „So gesehen haben wir jetzt sogar Zeit gewonnen.“

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