Veranstalter verspricht „Keine Auftritte türkischer Minister mehr in Deutschland“

Der ausrichtende Verein aller bisherigen Auftritte türkischer Minister in Deutschland plant keine Veranstaltungen mehr bis zum Referendum. Präsident Tayyip Erdogan geht damit eine wichtige Plattform verloren.

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Merkel weist türkische Kritik an Bundesregierung zurück
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Kritik der türkischen Regierung an dem abgesagten Auftritt von Justizminister Bekir Bozdag in Gaggenau zurückgewiesen. Die Entscheidung über solche Versammlungen liege in Deutschland auf der kommunalen Ebene und nicht bei der Bundesregierung, sagte Merkel am Freitag bei einem Besuch in Tunis. Merkel kritisierte zudem erneut die Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei im Zusammenhang mit der Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel. Gerade deshalb sei die Betonung wichtig, dass in Deutschland diese Rechte uneingeschränkt gelten würden. Zu der Ankündigung des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu, Deutschland drohten nach der abgesagten Veranstaltung mit Bozdag Konsequenzen, nahm Merkel keine Stellung. Quelle: REUTERS
Joachim Gauck Quelle: dpa
Heiko Maas (SPD) Quelle: dpa
Das Auswärtige Amt Quelle: dpa
Türkischer Justizminister Bekir Bozdag Quelle: dpa
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu Quelle: AP
CHP-Chef und Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu Quelle: dpa

Dem türkischen Präsident Tayyip Erdogan geht die wichtigste Plattform für Wahlkampfauftritte in Deutschland verloren. „Wir werden bis zum Referendum keine weiteren Veranstaltungen mit türkischen Regierungsvertretern organisieren“, sagte Zafer Sirakaya, Präsident der Union Europäisch-türkischer Demokraten (UETD) der WirtschaftsWoche, dies umfasse auch Veranstaltungen, wo diese formell als Privatpersonen aufträten.

Am 16. April wird in der Türkei über eine Verfassungsänderung abgestimmt, die dem Präsidenten weitreichende Befugnisse einräumen würde. Dabei sind auch die in Deutschland lebenden türkischen Staatsbürger wahlberechtigt. Unter ihnen ist der Anteil der AKP-Wähler traditionell größer als in der Türkei selbst.

Die UETD, ein formell parteiunabhängiger Verein, hatte die umstrittenen Auftritte türkischer Minister in Köln und Oberhausen organisiert, ebenso die letztlich abgesagten Veranstaltungen in Gaggenau und Hamburg-Wilhelmsburg. Man werde zwar weiterhin auf lokaler Ebene Informationsveranstaltungen zum Referendum organisieren, so Sirakaya, Gastauftritte türkischer Politiker werde es dabei aber nicht mehr geben.

Wann sind türkische Politiker in Deutschland aufgetreten?

Die UETD gilt vielen als Plattform der türkischen Regierungspartei AKP in Europa, offizielle Verbindungen zwischen der UETD und der AKP gibt es aber nicht. Der Verein selbst sieht sich vor allem als Interessensvertretung der in Europa lebenden Türken gegenüber den Regierungen in der Türkei und in Europa. Dennoch war die UETD in der Vergangenheit bei allen bedeutenden Wahlkampfveranstaltungen der AKP in Deutschland als Veranstalter aufgetreten.

Die Absage kommt durchaus überraschend, da Politiker der AKP zuletzt wiederholt betont hatten, trotz der Absagen in der Vergangenheit an weiteren Auftritten festzuhalten. Sirakaya begründet die Absage einerseits mit den zunehmenden Spannungen innerhalb der deutschtürkischen Gemeinde. „Es hat inzwischen bereits elfmal Angriffe extremistischer Gruppen auf unsere Einrichtungen gegeben“, so Sirakaya. „Wir fordern deshalb, dass der deutsche Staat sich um unsere Sicherheit kümmert.“ Vor allem aber führt Sirakaya das gesellschaftliche Klima in Deutschland ins Feld, das aus seiner Sicht derzeit keine freie Meinungsäußerung mehr zulasse. „Unser Ziel ist es, den Menschen die Möglichkeit zu geben, sich über das Referendum zu informieren. Das ist derzeit leider nicht möglich.“

"Annäherung an die EU immer schwieriger"
Bundeskanzlerin Angela Merkel Quelle: dpa
Außenminister Sigmar Gabriel Quelle: dpa
Bundesjustizminister Heiko Maas Quelle: AP
FDP-Bundesvorsitzener Christian Lindner Quelle: dpa
Grünen-Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu Quelle: dpa
Axel-Springer- Vorstandschef Mathias Döpfner Quelle: dpa
Menschenrechtsorganisation Amnesty International Quelle: REUTERS

Die AKP ist bei der Organisation ihrer Wahlkampfauftritte zwar nicht zwingend auf die UETD angewiesen. Als die örtlichen Behörden Anfang des Monats einen Auftritt des Außenministers Mevlüt Cavusoglu im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg abgesagt hatten, wich der kurzerhand ins türkische Generalkonsulat aus.

Um jedoch eine breitere Gruppe unter den Deutschtürken zu erreichen, ist die Zusammenarbeit mit der UETD von großer Bedeutung. Zudem ist es nur so möglich, dass die AKP-Politiker in Deutschland formell als Privatpersonen auftreten. Würden die Auftritte vom Generalkonsulat organisiert, wäre das nicht mehr durchzuhalten. Als offizielle Vertreter des türkischen Staats müsste dann jedoch der Bund den Auftritten explizit zustimmen.

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