Verdacht der Grünen Betrugs-Aktiendeals bei weiteren Landesbanken

Es ist Zeit für die Landesbanken, reinen Tisch zu machen, finden die Grünen. Sie fordern, dass neben der LBBW auch andere staatseigene Geldinstitute, ihre Verstrickung in zweifelhafte Aktiendeals aufklären.

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Die baden-württembergische Landesbank hat's vorgemacht: Das Geldinstitut zahlte rund 150 Millionen Euro für umstrittene Aktiengeschäfte an die Finanzbehörden. Quelle: dpa

Berlin Die steuerpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagfraktion, Lisa Paus, vermutet, dass nicht nur die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) in umstrittene Aktiengeschäfte, sogenannten „Cum-Ex-Trades“, verstrickt ist. „Banken sollten den organisierten Betrug mit Cum-Ex-Geschäften endlich aufklären“, sagte Paus Handelsblatt Online. Die LBBW habe es vorgemacht. Alle Banken sollten nun diesem Beispiel folgen.

Die LBBW hatte an die Finanzbehörden rund 150 Millionen Euro für umstrittene Aktiengeschäfte gezahlt. Dabei geht es um Leerverkäufe von Aktien rund um den Dividendenstichtag. Dem Vernehmen nach fanden die umstrittenen Geschäfte mit dem Umweg über das Ausland in den Jahren 2007 und 2008 statt.

„Der Vorwurf wiegt schwer, kriminelle Strukturen unterstützt oder gar aufgebaut zu haben“, sagte Paus weiter. „Wenn staatseigene Banken beim Betrug um die mehrfache Erstattung einmal gezahlter Kapitalertragsteuer mitgemacht haben, ist jetzt die Zeit, reinen Tisch zu machen.“ Nach Milliarden schweren Rettungspaketen wäre es das Mindeste, um Vertrauen zurück zu gewinnen.

Die Grünen-Finanzministerin von Schleswig-Holstein, Monika Heinold, wies darauf hin, dass auch die HSH Nordbank zu den Cum-Ex-Geschäften im vergangenen Jahr von sich aus reinen Tisch gemacht habe. Die Landesbank habe die Ergebnisse einer von ihr selbst beauftragten Untersuchung veröffentlicht und 127 Millionen Euro Steuern nachgezahlt.

„Das war uns als Anteilseigner sehr wichtig“, sagte Heinold Handelsblatt Online. Eine Bank in überwiegend öffentlicher Trägerschaft dürfe sich an derartigen Geschäften nicht beteiligen. „Sofern andere Landesbanken Cum-Ex-Geschäfte getätigt haben, sollten sie dem Beispiel der HSH Nordbank folgen“, sagte die Ministerin.

Der Bundesfinanzhof befasst sich heute hinter verschlossenen Türen mit den zweifelhaften Aktiendeals. Solche Geschäfte sollen viele Banken, aber auch Fonds und Händler betrieben haben. Weil dabei einmal gezahlte Kapitalertragssteuer mehrfach erstattet wurde, soll der deutsche Fiskus mit den Cum-Ex-Deals um Milliarden gebracht worden sein. Möglich waren solche Geschäfte wegen bestimmter Börseneigenheiten, aber auch steuerrechtlicher Besonderheiten. Geschlossen wurde das Schlupfloch erst 2012 durch eine Neuregelung der Nachweispflichten.


Mehr als 50 Verfahren

Nachdem der Anwalt einer Verfahrensbeteiligten, nämlich der Hamburger DWH Beteiligungsgesellschaft, am Mittwoch einen entsprechenden Antrag bekräftigte, schloss der Vorsitzende Richter die Öffentlichkeit wegen des Steuergeheimnisses von der mündlichen Verhandlung aus. Angesichts des großen öffentlichen Interesses äußerte er sein Bedauern und ließ dabei auch Zweifel am Automatismus dieser Regelung durchblicken, über die man „mal nachdenken“ könne.

Die BFH-Richter haben wie immer einen konkreten Einzelfall auf dem Tisch, der jedoch Signalwirkung für die gesamte komplexe Thematik haben könnte. Deshalb hatte sich auch das Bundesfinanzministerium in das Verfahren eingeschaltet. Gegner der DWH Beteiligungsgesellschaft ist das Finanzamt Hamburg Altona. Vor Verhandlungsbeginn hatten sich die Beteiligten zu dem Verfahren nicht äußern wollen.

Bis eine Entscheidung öffentlich wird, dürfte es nun noch etwas dauern. Üblicherweise fällen die Richter ihr Urteil nach einer mündlichen Verhandlung mit Rechtsgespräch, über die die streitenden Parteien dann innerhalb von 14 Tagen zu unterrichten sind. Anschließend darf der BFH auch die Öffentlichkeit informieren. Schriftlich liegt das Urteil nach etwa zwei bis drei Monaten vor.

Bundesweit soll es mehr als 50 solcher Verfahren geben, wie die „Süddeutsche Zeitung“ kürzlich unter Berufung auf die Länder berichtete. Bekannt ist, dass unter anderem auch die Hypovereinsbank (HVB)betroffen ist.

Die HVB hatte bereits im Geschäftsjahr 2012 Rückstellungen für Risiken aus möglichen „Cum-Ex“-Geschäften gebildet. „Um ein weiteres Auflaufen von möglichen Zinsen und/oder Säumniszuschlägen zu vermeiden, haben die HVB und der Kunde 2012 unter Aufrechterhaltung ihrer jeweiligen Rechtspositionen vorläufige Zahlungen an die zuständigen Steuerbehörden geleistet“, erklärte die Bank am Mittwoch auf Anfrage. Dem Vernehmen nach soll die Größenordnung bei rund 200 Millionen Euro liegen.

Die Ermittlungsverfahren dauerten an, hieß es von der Bank. „Die umfassende Aufarbeitung wird von der HVB uneingeschränkt unterstützt.“ Es sei offen, in welchem Umfang der vor dem BFH verhandelte Fall zur Klärung „bisher nicht entschiedener steuerrechtlicher Fragen“ beitragen werde.

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