Verdacht illegaler Parteispende Bundestagsverwaltung nimmt AfD-Wahlkampfhilfe ins Visier

Eine dubiose Wahlwerbung für die AfD hat ein Nachspiel. Nachdem Politiker von CDU, Grünen  und FDP deutliche Kritik äußerten, schaltet sich nun die Bundestagsverwaltung ein und prüft, ob ein Rechtsverstoß vorliegt.

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Umstritten Wahlkampfhilfe: Ein Wahlplakat der Alternative für Deutschland (AfD) in Göppingen (Baden-Württemberg). Quelle: dpa

Berlin Die Bundestagsverwaltung prüft Vorwürfe unzulässiger Wahlkampfhilfen gegen die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD). Es werde eine „Sachverhaltsklärung“ durchführt, teilte ein Sprecher der Bundestagsverwaltung am Montag mit.

Zuvor hatten das Handelsblatt, „Bild“ und der „Spiegel“ berichtet, in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz seien massenhaft für die AfD werbende Wahlplakate aufgestellt und Wahlkampfbroschüren verteilt worden, deren Herkunft unklar sei. Es bestehe daher der Verdacht einer illegalen Parteispende. Ein AfD-Sprecher erklärte zu der Werbekampagne: „Mit der Aktion haben weder der Bundesvorstand noch die Landesverbände etwas zu tun.“

„Der Vorgang wirft Fragen auf“, sagte die Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann. Jetzt müsse das Ergebnis der Prüfung abgewartet werden. Zuvor hatte Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner im Handelsblatt gemutmaßt: „Die AfD versucht anscheinend, das Parteiengesetz mit seinen Transparenzpflichten zu umgehen.“ Die Bundestagsverwaltung solle das prüfen.

Der Chef der Südwest-CDU, Thomas Strobl, sagte der Zeitung, er vertraue darauf, „dass die Bundestagsverwaltung dann, wenn entsprechende Hinweise auf Verstöße gegen das Parteiengesetz vorliegen, diesen Dingen nachgehen wird“. FDP-Landeschef Michael Theurer sagte dem Blatt, sollte sich der Verdacht erhärten, „wäre eine Untersuchung durch die Bundestagsverwaltung unerlässlich“.

Der AfD-Sprecher sagte: „Ob die Aktion als unzulässig bewertet werden kann, wage ich zu bezweifeln.“ Der Sachverhalt müsse von der Bundestagsverwaltung geklärt werden.

Die AfD kann bei den Wahlen am kommenden Sonntag in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt mit zweistelligen Ergebnissen rechnen. In den vergangenen Tagen hatten riesige Plakate und ein gratis verteiltes „Extrablatt“ mit AfD-Werbung für Schlagzeilen gesorgt. Darin wird gegen Flüchtlinge Stimmung gemacht, den Medien Manipulation vorgeworfen und zur Wahl der AfD aufgerufen. Die AfD will aber nicht der Urheber sein.


„Die AfD selbst hätte so nicht plakatiert“

Baden-Württembergs AfD-Spitzenkandidat Jörg Meuthen betonte, weder vom „Extrablatt“ noch von den Großplakaten gewusst zu haben. Bei der Zeitung handle es sich „definitiv nicht um eine Publikation meiner Partei“, sagte Meuthen dem Handelsblatt. „Sollte es tatsächlich fremdenfeindliche Positionen und herabwürdigende Karikaturen enthalten, stünden diese ganz sicher nicht in Einklang mit den Positionen meiner Partei, da wir uns bekanntermaßen von Fremdenfeindlichkeit und Herabsetzung anderer Menschen egal welcher Herkunft klar distanzieren.“

Die Großplakate nehmen mit dem Slogan „Köln - Stuttgart - Hamburg... Mehr Sicherheit für unsere Frauen und Töchter! Jetzt AfD wählen“ Bezug auf die Silvester-Vorfälle von Köln. Das „Extrablatt“ greift das Thema auch mit Karikaturen auf, die im Stil an die frühere antisemitische Nazi-Wochenzeitung „Der Stürmer“ erinnern. Auftraggeber der Werbemittel ist eine „Vereinigung zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“, die nach eigenen Angaben von einer „Gruppe besorgter Bürgerinnen und Bürger“ gegründet wurde. Ihr gehe es darum, „über die negativen Folgen der Einwanderungs- und Euro-Politik zu informieren“.

Verantwortlicher Chefredakteur des Gratisblatts ist laut Impressum Josef Konrad, ein AfD-Mitglied aus Oberfranken. Finanziert habe es eine zwölfköpfige Gruppe, die die AfD stärken wolle, sagte Konrad dem „Spiegel“. Anwälte hätten versichert, es handele sich nicht um eine Parteispende. Die Plakate und das Gratisblatt sollen nach „Bild“-Informationen Hunderttausende Euro gekostet haben.

Meuthen sagte der Nachrichtenagentur dpa, er kenne Konrad als AfD-Mitglied. Der rheinland-pfälzische AfD-Chef Uwe Junge und Meuthen sind in dem „Extrablatt“ mit einem Interview vertreten. Dazu sagte Meuthen, er habe mit Konrads Publikation „Polifakt“ einmal ein Interview gemacht, das auch im dem anderen Blatt erschienen sei.

Meuthen, der auch Co-Bundesvorsitzender der AfD ist, nannte es im Handelsblatt grundsätzlich erfreulich, externe Unterstützung für die politische Arbeit der AfD in Form von Wahlempfehlungen zu bekommen. „Unabgestimmte Aktionen wie diese durch unbekannte externe Unterstützer bergen natürlich zugleich in sich das Risiko, mit den eigenen Positionen verzerrt wahrgenommen zu werden“, sagte Meuthen und fügte hinzu: „Die AfD selbst hätte so nicht plakatiert.“ Eine illegale Parteienfinanzierung sieht Meuthen durch die Unterstützung aber nicht. Entsprechende Vorwürfe der Grünen „entbehren jeder Grundlage“, sagte er.

Die Konstanzer Rechtsprofessorin Sophie Lenski sagte dagegen dem „Spiegel“: „Hier liegt der Verdacht einer verschleierten Zuwendung sehr nahe.“ Leider genüge es in der Praxis, dass die Empfänger ihre Unkenntnis über die Zuwendung behaupten. Die Bundestagsverwaltung zeige bedauerlich wenig Interesse an investigativer Kontrolle. Der Münchener Politikwissenschaftler Michael Koß sagte dem Handelsblatt, er halte die Praktiken für eine problematische Umwegfinanzierung von Parteien.

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