Die von SPD und Grünen geführten Landesregierungen wollen die Vermögensteuer wiedereinführen. Grundsätzlich sollen demnach Großvermögen von mehr als zwei Millionen Euro jährlich mit einem Prozent besteuert werden. Der Freibetrag für Ehepaare soll doppelt so hoch sein, wie der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) am Mittwoch in Düsseldorf berichtete.
Der Plan sei, bei einem Steuersatz von einem Prozent auf große Vermögen 11,5 Milliarden Euro zusätzlich in die klammen Landeskassen zu spülen, sagte der NRW-Finanzminister. Diesen Betrag hätten Experten des Deutsches Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) errechnet, die im Auftrag der Länder Rheinland Pfalz, NRW, Baden-Württemberg und Hamburg das Gutachten angefertigt haben. Nach der Sommerpause wollen diese Länder nun eine entsprechende Initiative in den Bundesrat einbringen.
"Eine Frage der ökonomischen Vernunft"
"Allein bis zu 3,5 Milliarden Euro - abzüglich etwa einer Milliarde für den Länderfinanzausgleich - würden auf NRW entfallen", betonte der SPD-Politiker Borjans. Damit wäre der Landeshaushalt ausgeglichen. "Es geht uns dabei nicht um Omas klein Häuschen oder das Sparbuch der Enkel", sagte der Minister.
Zudem solle keine Substanz vernichtet oder der Mittelstand in seiner Existenz gefährdet werden. Nach Berechnungen des DIW käme die vorgeschlagene Vermögensteuer bundesweit auf 140 000 natürliche und 165 000 juristische Personen zu - also Unternehmen und Kapitalgesellschaften.
Künftig solle in der jährlichen Vermögensteuererklärung der aktuelle Marktwert von Kapital-, Immobilien- und Grundstücksvermögen angegeben werden, erläuterte der Minister.
"Die angemessene Beteiligung großer Vermögen an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sie ist vor allem eine Frage der ökonomischen Vernunft," sagte Walter-Borjans. Wer in Deutschland auch künftig in Wohlstand leben und sein Vermögen mehren wolle, müsse ein Interesse daran haben, dass in Bildungssystem und in Infrastrukturen investiert werden könne.
Die Pläne sind noch nicht richtig ausgereift
An privaten Reichtum fehlt es nach Angaben von Borjans in Deutschland nicht: "Das private Geldvermögen ist in Deutschland extrem angewachsen - zwischen 2001 und 2011 von 3,6 auf 4,7 Billionen Euro." Einschließlich Sachvermögen betrage es schon fast zehn Billionen Euro. Gleichzeitig sei „die Gemeinschaftskasse“ mit insgesamt 6,3 Billionen tief im Minus. "Das wirkt destabilisierend."
Borjans sehe sich zudem durch Aussagen Vermögender wie etwa Post-Chef Frank Appel bestätigt, der eine "maßvolle Vermögensabgabe" befürwortet hatte. Kritik, zehn Prozent der Vermögenden würden ohnehin bereits die Hälfte aller Steuern zahlen, wies Walter-Borjans zurück. "Diese zehn Prozent verfügen auch über 40 Prozent des Einkommens."
Allerdings sind die Pläne nicht so ausgereift, wie der erste Eindruck vermitteln mag. Einzelheiten des Konzepts seien in den Gremien von SPD und Grünen noch nicht ausdiskutiert, sagte der Landesfinanzminister aus Düsseldorf. So müsse auch noch austariert werden, wie Doppelbesteuerung etwa von Aktionären in Kapitalgesellschaften vermieden werden könne. Zudem müssten Schlupflöcher geschlossen werden - wenn etwa Reiche ihr Privatvermögen in einer Firma verstecken wollten.
Kapitalflucht ist einkalkuliert
Eine mögliche Kapitalflucht sei bereits einkalkuliert. Borjans betonte aber, dass auch aus Anrainerstaaten wie etwa Dänemark Vermögen nach Deutschland fließe, da hierzulande die Bedingungen häufig besser seien als in anderen Ländern.
Das Bundesverfassungsgericht hatte 1995 die Vermögensteuer, die den Bundesländern zufiel, wegen ihrer unterschiedlichen Bewertung von Vermögen für verfassungswidrig erklärt. Auf eine Neuregelung hatte die damalige schwarz-gelbe Regierung von Helmut Kohl verzichtet und die Steuer 1997 abgeschafft. Seitdem wird sie nicht mehr erhoben. Die Gegner der Steuer argumentieren, dass sie nach Abzug der Erhebungskosten kaum etwas bringen würde.