Verschwendung Es reicht! - Weniger Steuern sind möglich

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Schärferes Strafrecht

Wo Steuergelder verschwendet werden
Bunte Möhren für 230.000 Euro Quelle: dpa
Computer-Monitore für 150.000 Euro Quelle: dpa
Parkplätze für 20 Millionen Euro Quelle: dpa
2,5 Millionen Euro für eine viel zu frühe Sanierung Quelle: AP
Fehleinschätzung kostet mehrere Millionen Quelle: ZB
Das Doppelte für eine Schulmensa Quelle: dapd
Eine Millionen Euro für leerstehende Wohnungen Quelle: dpa

Die Verschwendung von Steuergeld zu bestrafen fordert der Steuerzahlerbund. Er will vor allem öffentlich Bedienstete unter Druck setzen, die vorsätzlich haushaltsrechtliche Vorschriften missachten. Berater Koetz fordert "die volle zivil-, straf- und dienstrechtliche Verantwortung für unbedachtes Handeln und Schlamperei". Seine Begründung: "Wenn keiner Verantwortung hat, setzt man gerne mal eine Milliarde in den Sand. Das ist wie bei den Finanzjongleuren – die würden das mit ihrem eigenen Geld auch nicht machen."

Teure Stadtstaaten

Zwar ist schon bisher Untreue strafbar, auch zulasten des Staates. Aber dies setzt Vorsatz voraus und einen eingetretenen Vermögensschaden. "Bei einem öffentlichen Großprojekt ist der Vermögensschaden oft nicht nachweisbar, weil es für diese Güter gar keinen Markt gibt", sagt Oberstaatsanwalt Peter Schneiderhan, der seinen Berufsstand im Präsidium des Deutschen Richterbundes vertritt. "Eine Differenz zwischen den angenommenen und den tatsächlichen Baukosten reicht dafür nicht aus." Wenn der Flughafen BER statt der geplanten zwei am Ende fünf Milliarden Euro kostet, wurde er zwar offensichtlich viel teurer. Aber ein Vermögensschaden wäre nur dann eingetreten, wenn die fertige Anlage weniger als jene fünf Milliarden Euro wert wäre; wenn es also eine Differenz gebe zwischen dem gezahlten Preis und dem erhaltenen Wert. "Aber wie will man feststellen, was eine Landebahn wert ist", fragt Oberstaatsanwalt Schneiderhan.

Auch Vorsatz ist schwierig nachzuweisen. Zwar genügt es schon, wenn der Bedienstete billigend in Kauf nimmt, dass ein Schaden eintreten könnte ("ist mir doch egal"). Deutlich erkennbar sei das aber nur, wenn etwa andere Stellen vor den Risiken gewarnt hätten. In jedem Fall aber erwartet Schneiderhan "sehr aufwendige Ermittlungen, für die wir derzeit gar nicht personell ausgestattet sind". Ein Teil der Fälle ließe sich mit einem enger gefassten Paragrafen zur Haushaltsuntreue, wie ihn der Steuerzahlerbund vorschlägt, durchaus erfassen. Nämlich jene Fälle, in denen sich die Beamten nicht an die Verfahrensvorschriften halten. Dazu zählt etwa der widerrechtliche Verzicht auf Ausschreibungen.

Dagegen warnt der bayrische Finanzminister Markus Söder (CSU:) "Ich halte nichts davon, jeden einzelnen Beamten zu kriminalisieren. Regelmäßige Berichte und ein klares Controlling genügen – mehr machen Unternehmen auch nicht". Der Beamtenbund übrigens mag sich zu der Frage, ob es einen Straftatbestand der Steuerverschwendung geben sollte, gar nicht äußern. Stattdessen verbreitet sich sein Bundesvorsitzender Klaus Dauderstädt über eine "in Teilen fehlgeleitete mediale und politische Debatte über den öffentlichen Dienst".
Mehr Effizienz in der Verwaltung

Die Beharrungskräfte des öffentlichen Dienstes sind immens. "Der Verwaltung fehlt die Fähigkeit, sich selbst zu modernisieren", urteil Jobst Fiedler von der Hertie School of Governance. Allerdings müssten einige Länder jetzt ihre Verwaltungen zwangsreformieren, so Fiedler, weil die Schuldenbremse teilweise einen zehnprozentigen Personalabbau erzwinge.

Eine weitere Peitsche ist die Demografie. Vor allem bei Behörden gleiche die Altersstruktur einem auf der Spitze stehenden Dreieck, so Thomas Northoff von der Beratungsgesellschaft Deloitte. Spätestens ab 2020 stelle sich die Frage, wie die öffentliche Verwaltung ihre Aufgaben mit dem verbleibenden Personal erfüllen könne.

Verbesserungspotenzial gibt es reichlich. Kommunen, die sich für die doppelte Buchführung entschieden haben, können gegenüber denen mit hergebrachter Kameralistik Verschwendungen besser erkennen – und beseitigen.

Wo die Beharrungskräfte schwinden, wachsen schließlich auch die Chancen für die ganz große Lösung: eine föderale Neuordnung. Berlin und Brandenburg hätten durch eine Fusion jährlich zwei Milliarden Euro einsparen können, rechnete der damalige Finanzsenator Thilo Sarrazin vor. Indes verweigerten die Bürger die Gefolgschaft und stimmten gegen den Zusammenschluss.

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