Vertrauensverlust reicht nicht Zschäpe muss Verteidiger behalten

Einen Vertrauensverlust in ihre Anwälte hat die Hauptangeklagte im NSU-Prozess beklagt. Bestellt das Gericht neue Pflichtverteidiger? Die „FAZ“ hat erfahren: Nein. Die mutmaßliche Terroristin muss alle Anwälte behalten.

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Beate Zschäpe wird nach Medieninformationen ihre Verteidiger behalten müssen. Quelle: Reuters

Frankfurt Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, wird nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Dienstag) ihre bisherigen drei Pflichtverteidiger behalten müssen. Das Oberlandesgericht (OLG) München habe Zschäpes Antrag auf Entpflichtung zurückgewiesen, berichtete die Zeitung. Auch ein zusätzlicher Pflichtverteidiger werde nicht bestellt. Zschäpe habe keine konkreten Anhaltspunkte für eine endgültige und nachhaltige Erschütterung des Vertrauensverhältnisses zwischen ihr und den Verteidigern vorgebracht, heißt es dem Bericht zufolge in der Begründung des Vorsitzenden Richter Manfred Götzl.

Eine Bestätigung des Gerichts war am Montagabend zunächst nicht zu erhalten. Die Richter hatten zuvor hinter verschlossenen Türen über Zschäpes Misstrauensantrag beraten. Den für diesen Dienstagvormittag geladenen Zeugen sagte das Gericht ab. OLG-Sprecherin Andrea Titz sagte nur, das Gericht benötige zusätzliche Zeit.

Zschäpe hatte in der vergangenen Woche überraschend erklärt, ihren drei Pflichtverteidigern nicht mehr zu vertrauen. Das Gericht verlangte daraufhin eine schriftliche Begründung - und hatte zu klären, ob diese Erklärung plausible Argumente enthält.

Die Zeitung schrieb, in einer am Freitag abgegebenen schriftlichen Begründung habe Zschäpe dem Gericht mitgeteilt, dass es Meinungsverschiedenheiten über die Verteidigungsstrategie gebe. Dafür, dass sie sich zu den Tatvorwürfen äußern wolle, gebe es nach wie vor keine Anhaltspunkte.

Der Vorgänger des jetzigen Vorsitzenden Richters beim Münchner Staatsschutzsenat, Bernd von Heintschel-Heinegg, riet dem Gericht, Zschäpe entgegenzukommen. In einem juristischen Blog schrieb er, das Gericht werde „zu prüfen haben, ob nicht ein vierter Pflichtverteidiger beizuordnen ist, der das volle Vertrauen der Angeklagten hat“. Heintschel-Heinegg lehrt als Jura-Professor in Regensburg und diente dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags als Ermittlungsbeauftragter.

Bei der Verhandlung am Dienstagnachmittag wird das Gericht zwei Zeugen befragen, die das NSU-Trio zufällig beim Urlaub an der Ostsee getroffen hatten. Um das Feuer, mit dem Zschäpe die Fluchtwohnung in Zwickau zerstört hatte, wird es erst zu einem späteren Termin gehen. Dieses Thema war ursprünglich für den Vormittag vorgesehen.

Die Bundesanwaltschaft wirft Zschäpe Mittäterschaft bei den zehn Morden des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ vor. Sie soll beim Zerstören der Fluchtwohnung außerdem den Tod ihrer hochbetagten Nachbarin billigend in Kauf genommen haben.

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