Volkszählung Deutlich weniger Einwohner als gedacht

Deutschland hat weniger Einwohner als bislang angenommen. Das ergab die Volkszählung von 2011. Vor allem bei der Zahl der in Deutschland lebenden Ausländer lagen die Behörden kräftig daneben.

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Wo Deutschland die meisten Einwohner fehlen
Noch zum 30.04.2011 zählte das Statistische Bundesamt 81,27 Millionen Einwohner. Doch die Zahl musste nach unten korrigiert werden, denn im Mai 2011 waren es nur 80, 27 Millionen. Ein Minus 1,8 Prozent oder 1,5 Millionen weniger Einwohner.
74 Millionen Deutsche leben in Deutschland und 6,1 Millionen Ausländer. Doch auch bei diesen Zahlen gab es Abweichungen – und vor allem macht sich das bei der Statistik der hier lebenden Ausländer bemerkbar. Das waren nämlich deutlich weniger als noch in der Bevölkerungsfortschreibung aus dem April 2011 – und zwar 14,9 Prozent - oder 1,1 Millionen.
Das Bundesland, das am meisten Ausländer auf dem Papier verliert, ist Brandenburg mit 37,7 Prozent. Überhaupt sind die Länder im Osten am stärksten betroffen. Nach Brandenburg folgen Thüringen (33,1 Prozent) und Sachsen (-33 Prozent). Am besten sieht die Zahl noch in Hessen aus. Doch auch dort ist sie noch negativ, sie liegt bei -3,1 Prozent.
Aachen ist die Stadt (unter den Städten, die größer als 100.000 Einwohner sind), die insgesamt auf dem Papier am meisten Einwohner verliert. -8,5 Prozent hat die Stadt weniger Einwohner als angenommen, gefolgt von Mannheim (7,5 Prozent), Würzburg (6,8 Prozent), Freiburg (6,6 Prozent). In absoluten Zahlen ist Berlin der größte Verlierer (179.391) Doch in Prozent gesehen landet die Hauptstadt nur auf dem 11. Platz (-5,2 Prozent).
Es gibt auch einen Gewinner und das ist Bergisch Gladbach in Nordrhein-Westfalen. Drei Prozent mehr Einwohner (108. 878 statt 105.690) hat die Stadt als noch in der Statistik vom April verzeichnet. Auch Koblenz (1,3 Prozent), Bielefeld (1,2 Prozent) und Augsburg (1,1 Prozent) kommen ganz gut weg und verbuchen ein Plus bei der Einwohnergröße.
Die meisten Deutschen verliert das Land Hamburg (-3,3 Prozent), gefolgt von Berlin (-2,5 Prozent). Es gibt auch zwei Gewinner – und zwar Bremen (+0,5 Prozent) und das Saarland (+0,4) mit leichtem Zuwachs.
Schaut man sich die gesamten Altersstrukturen an, dann sind es vor allem die 30 bis 49-Jährigen, die den größten Anteil verlieren – und zwar 2,4 Prozent.

Deutschland hat sich verschätzt. Am 9. Mai 2011 lebten nach den jetzt vorliegenden Ergebnissen des Zensus 2011 in Deutschland 80,2 Millionen Einwohner - 1,5 Millionen Menschen weniger als bisher gedacht. Das ergab der Zensus 2011, den das Statistische Bundesamt am Freitag in Berlin vorstellte. Es ist die erste Volkszählung in Deutschland seit mehr als zwei Jahrzehnten. Die Einwohner wurden zuletzt 1987 in der damaligen Bundesrepublik und 1981 in der DDR gezählt. Auf der Grundlage der damaligen Ergebnisse wurden die Daten bislang fortgeschrieben und im Laufe der Zeit immer ungenauer. Bislang waren die Statistiker von einer Einwohnerzahl von 81,8 Millionen ausgegangen.

Die Abweichung liegt vor allem an der falsch prognostizierten Zahl der in Deutschland lebenden Ausländer. Glaubt man dem Zensus, leben in Deutschland 6,2 Millionen Menschen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit. 1,1 Millionen Personen weniger als bisher angenommen. Sprich: Die Abweichung der Behörden lag hier bei 14,9 Prozent. Der Vergleich der Zensusergebnisse mit den bisherigen Bevölkerungszahlen aus der amtlichen Bevölkerungsfortschreibung zeigt bei den Deutschen mit -0,6 Prozent hingegen nur eine relativ geringe Abweichung (-428.000 Personen). 74 Millionen Menschen besitzen damit die deutsche Staatsangehörigkeit.

Diese Nationen wollen nach Deutschland
Die Krise in Südeuropa und die EU-Osterweiterung haben Deutschland die stärkste Zuwanderung seit 1995 gebracht. Rund 1,08 Millionen Menschen zogen im vergangenen Jahr zu und damit so viele wie zuletzt vor 17 Jahren. Im Vergleich zum Vorjahr betrug das Plus noch einmal 13 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Etwa 966.000 Zuwanderer waren den vorläufigen Ergebnissen zufolge Ausländer (plus 15 Prozent). Die Zahl der Zuzüge von Spätaussiedlern und deutschen Rückkehrern aus dem Ausland blieb mit rund 115.000 nahezu konstant. Quelle: dpa
Einen großen Zuwachs verbuchten die deutschen Einwohnermeldeämter aus Italien: 2012 kehrten 40 Prozent mehr Italiener ihrer Heimat den Rücken um nach Deutschland zu kommen, als noch 2011. Die Zuwanderungszahlen sagen allerdings nichts darüber aus, wie lange die Menschen bleiben. So kehrten im vergangenen Jahr auch rund 712.000 Menschen Deutschland den Rücken, das waren fünf Prozent mehr als im Vorjahr. 579.000 von ihnen hatten keinen deutschen Pass. Aus den Zu- und Fortzügen ergibt sich für das Jahr 2012 ein Einwohnergewinn von 369.000 Menschen, dies ist der höchste Wert seit 1995. Quelle: dpa
Auch aus den krisengebeutelten Ländern Portugal und Griechenland kommen immer mehr Menschen ins vergleichsweise wohlsituierte Deutschland. Aus beiden Ländern sind die Einwandererzahlen im vergangenen Jahr um 43 Prozent gestiegen. Quelle: dpa
Auch die Zahl der Spanier, die nach Deutschland auswanderten, ist 2012 um 45 Prozent angestiegen. Somit gab es im vergangenen Jahr besonders starke Zuwächse aus den südeuropäischen EU-Krisenstaaten. Drei Viertel der Ausländer, die nach Deutschland kamen, zog es in fünf Bundesländer: Das Gros ging nach Bayern (192.000), gefolgt von Nordrhein-Westfalen (186.000), Baden-Württemberg (171.000), Hessen (90.000) und Niedersachsen (89.000). Quelle: dpa
Aus den osteuropäischen Ländern, die erst seit 2004 oder 2007 zur EU gehören, kamen ebenfalls mehr Menschen nach Deutschland als im Vorjahr. Besonders stark war der prozentuale Zuwachs aus Slowenien (62 Prozent). Quelle: dapd
Allerdings kamen die meisten Zuwanderer weder aus Slowenien noch aus Südeuropa. Mit 59.000 Einwanderern stellte Bulgarien die drittgrößte Gruppe. Quelle: dpa
Seit dem 1. Januar 2007 ist Rumänien ein Mitglied der EU. Die Einwohner des Landes nutzen die europaweite Freizügigkeit: 2012 kamen 116.000 Rumänen nach Deutschland. Damit machen sie die zweitgrößte Einwanderungsgruppe aus. Quelle: dpa

Im Mai 2011 gab es in Deutschland knapp 34.000 eingetragene (gleichgeschlechtliche) Lebenspartnerschaften, davon waren rund 40 Prozent Lebenspartnerschaften von Frauen. Insgesamt lebten 5700 Kinder in Familien, deren Eltern eine eingetragene Lebenspartnerschaft führten, die meisten davon (86 Prozent) in Lebenspartnerschaften von Frauen. In Deutschland waren zum Zeitpunkt des Zensus rund 40 Millionen Menschen erwerbstätig, 53,2 Prozent Männer und 46,8 Prozent Frauen. Die ermittelten Erwerbstätigenzahlen bestätigen damit im Wesentlichen die Ergebnisse des Mikrozensus 2011. Die Erwerbstätigenquote, das ist der Anteil der Erwerbstätigen im Alter von 15 bis 74 Jahren an der Bevölkerung im gleichen Alter, betrug 64,5 Prozent. 2,1 Millionen Personen waren erwerbslos.

Zum Zensusstichtag hatten 35,6 Prozent der Personen über 15 Jahren einen Haupt- beziehungsweise Volksschulabschluss, 26,9 Prozent besaßen die mittlere Reife oder einen gleichwertigen Abschluss und 28,3 Prozent die Fachhochschul- oder Hochschulreife. 4,4 Prozent befanden sich am Zensusstichtag noch in schulischer Ausbildung. Ohne Schulabschluss sind nach den Zensusergebnissen 4,7 Prozent der Bevölkerung über 15 Jahren, das sind 3,2 Millionen Menschen.

In Deutschland lebten Anfang Mai 2011 insgesamt 15 Millionen Personen mit Migrationshintergrund; dies entspricht knapp 19 Prozent der Bevölkerung. Als Personen mit Migrationshintergrund zählen im Zensus 2011 alle Ausländer sowie alle Deutschen, die nach 1955 auf das Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland zugewandert sind oder mindestens einen nach 1955 zugewanderten Elternteil haben. Dieser Anteil variiert zwischen den Bundesländern stark. Den höchsten Anteil in den westlichen Bundesländern gab es mit 27,5 Prozent in Hamburg, den geringsten Anteil in Schleswig-Holstein (11,7 Prozenz). In den östlichen Bundesländern liegt der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund durchweg unter 5 Prozent.

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