Von der Leyen "Wir müssen rückhaltlos aufklären"

Ursula von der Leyen steht unter Druck. Jetzt verspricht sie Aufklärung und verteidigt gleichzeitig die Mehrheit der Soldaten. Doch die Kritik an der Verteidigungsministerin hält an.

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Ursula von der Leyen, Bundesverteidigungsministerin Quelle: REUTERS

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will die Ursachen für das Versagen von Kontrollen gegen Rechtsextremismus und Schikanen in der Bundeswehr aufdecken. "Wir müssen rückhaltlos aufklären", kündigte die CDU-Politikerin am Mittwoch bei einem Besuch der Leclerc-Kaserne im elsässischen Illkirch an. Es sei undenkbar, dass rassistische und rechtsextreme Inhalte der Masterarbeit des unter Terror-Verdacht stehenden Offiziers Franco A. kleingeredet worden seien. Die Disziplinarordnung müsse auf Lücken untersucht werden. Während sich Bundeskanzlerin Angela Merkel demonstrativ hinter von der Leyen stellte, warf SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz ebenso wie Oppositionspolitiker der Ministerin vor, eigene Verantwortung auf die Bundeswehr abzuwälzen.

Die Baustellen der Verteidigungsministerin
Die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen steht wegen der Affäre um den rechtsextremen Offizier Franco A. unter Druck. Während sie von Seiten der Opposition und der SPD harte Kritik einstecken muss, sichert ihr die Kanzlerin "volle Unterstützung" zu. Und von der Leyen kündigt umfangreiche Aufklärung an. Doch der Fall "Franco A." ist nicht die einzige Baustelle der Verteidigungsministerin. Quelle: dpa
Bundeswehr-Personal Quelle: dpa
Skandale Quelle: dpa
Ausrüstung Quelle: dpa
Mängel Quelle: REUTERS
Das größte Sorgenkind ist das Transportflugzeug „A400M“ - rund neun Jahre ist dessen Auslieferung verzögert. Bislang besitzt die Bundeswehr acht von insgesamt 53 beim Hersteller Airbus bestellte Maschinen. Doch ist selbst deren Einsatz nicht uneingeschränkt möglich. Quelle: dpa
Einsätze Quelle: dpa

"Wo gibt es Möglichkeiten, dass Vorfälle, die gemeldet werden müssen, nicht weitergeleitet werden, weil das System in sich nicht stimmig ist?", sagte die Ministerin. Sie bezog sich damit auf den Fall Franco A. und auf Schikanen Untergebener, wie Fälle von sexueller Erniedrigung etwa in Pfullendorf. Für den Donnerstag kündigte sie ein Führungskräfte-Treffen der Bundeswehr an, bei dem das Versagen der Kontrollen erörtert werden soll.

Zu Berichten, wonach rund um Franco A. ein Netz von rechtsextremen Soldaten existierte, wollte sich die Ministerin nicht äußern. Nach einem Medienbericht standen neben Einzelpersonen auch religiöse Verbände und Menschenrechtsaktivisten im Visier des Oberleutnants.

Der Kommandeur der französischen Militärakademie St. Cyr, an der der Soldat studierte, hatte dessen Prüfungsarbeit als inakzeptabel abgelehnt und deutsche Vorgesetzte informiert. Das Streitkräfteamt der Bundeswehr prüfte den Fall nach Angaben aus Ministeriumskreisen, ordnete aber trotz der vernichtenden Beurteilung der Arbeit durch einen Wissenschaftler keine weitere Untersuchung an.

Leyen: Bundeswehr steht nicht in Tradition der Wehrmacht

Die Ministerin wandte sich auch gegen ein Verständnis der Bundeswehr als Nachfolge der Wehrmacht. In der Kaserne in Illkirch schaute sie sich einen Aufenthaltsraum des Jägerbataillons 291 an, in dem die Armee Hitlers mit Wandgemälden gewürdigt wurde. "Die Wehrmacht ist in keiner Form traditionsstiftend für die Bundeswehr", betonte von der Leyen.

Die Ministerin versuchte Vorwürfe zu zerstreuen, sie kritisiere die Bundeswehr als Ganzes: "Wir sollten uns vor Pauschalisierungen hüten." Die große Mehrheit der Soldaten verdiene Unterstützung und Respekt. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, von der Leyen haben die volle Unterstützung Merkels. Dagegen sagte SPD-Chef Schulz dem WDR, er könne es verstehen, dass es zu Verbitterung in der Bundeswehr führe, wenn die gesamte Truppe unter Generalverdacht gestellt werde. "Frau von der Leyen macht eindeutig für die Lage in der Bundeswehr alle verantwortlich und tut so, als habe sie selbst damit nichts zu tun." Dabei sei sie nicht erst seit einem Tag Verteidigungsministerin.

Ähnlich äußerte sich die Verteidigungsexpertin der Grünen Agnieszka Brugger: "Eine Ministerin, die sich in erster Linie einmal mehr nur um ihre eigene Darstellung sorgt statt Probleme tatsächlich aufzuklären und abzustellen, wird ihrer Aufgabe nicht gerecht." Schulz und Brugger bezogen sich auf Äußerungen der CDU-Politikerin vom Wochenende, in denen sie der Bundeswehr ein "Haltungsproblem" und "eine Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen" bescheinigt hatte.

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