Von der Leyens Rüstungspläne „Unsinnig, Panzer im Ausland zu kaufen“

Ist die deutsche Rüstungsindustrie teilweise entbehrlich, wie die Verteidigungsministerin meint. Ja, meinen Experten. Unsinnig wäre aber, Panzer im Ausland zu kaufen, wenn der deutsche Leo 2 der Exportschlager ist.

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Ein Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 in voller Fahrt auf einem Testgelände (undatierte Aufnahme): Abschied vom deutschen Exportschlager? Quelle: dpa

Berlin Überlegungen von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), bei der Beschaffung bestimmter Waffensysteme für die Bundeswehr künftig stärker auf Einkäufe aus dem Ausland zu setzen, werden von Experten unterschiedlich bewertet. „Da in der Vergangenheit Rüstungsindustrie nationale Industriepolitik war, ist es schwer vorstellbar, dass man traditionsreiche deutsche Rüstungsfirmen zukünftig nicht mehr mit Aufträgen berücksichtigen wird“, sagte Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München, dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). „Es macht auch keinen Sinn, zum Beispiel U-Boote im Ausland zu kaufen, wenn die deutschen Produkte den ausländischen bei weitem überlegen sind.“

Sicherlich gebe es einige Bereiche, wie etwa Drohnen, bei denen man zukünftig im freien Handel kaufen könne, sagte Masala, der auch dem von der Bundesregierung eingesetzten Beirat der Bundesakademie für Sicherheitspolitik angehört, weiter. Israelische Unternehmen beispielsweise produzierten Drohnen, die billiger und besser seien, als das was gegenwärtig im Beschaffungsprozess der Bundeswehr eingestellt sei. „Aber wenn es um schweres Gerät geht, dann macht es keinen Sinn, einen Panzer im Ausland zu kaufen, wenn der Leopard 2 der deutsche Exportschlager ist.“

Dagegen ist der Direktor des Hamburger Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH), Michael Brzoska, der Überzeugung, dass der Vorschlag von der Leyens in die richtige Richtung geht. „Die de facto Bevorzugung großer Teile der deutschen Rüstungsindustrie nützt, wie die aktuelle Diskussionen um die Probleme bei der Beschaffung deutlich machen, weder der Bundeswehr noch dem Steuerzahler“, sagte Brzoska dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). „Sie ist sicherheitspolitisch für ein wirtschaftlich stark verflochtenes und multilateral vernetztes Land wie Deutschland weder sinnvoll noch nötig.“  

Aus Brzoskas Sicht sollte die Bundesregierung daher ihre Bemühungen für einen offenen Wettbewerb intensivieren, „damit in Europa eine effiziente Rüstungsindustrie entsteht, von der auch die international konkurrenzfähigen deutschen Anbieter profitieren können“.

Masala glaubt hingegen nicht, dass die Regierung nun einen „strategischen Schwenk“ vollziehen werde, „sondern eher, dass es sich um eine Ankündigung handelt, die Druck auf die deutsche Rüstungsindustrie ausüben soll“. Er erinnerte daran, dass der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) etwas Ähnliches während seiner Amtszeit versucht habe und damit gescheitert sei. „So lange Rüstungsindustrie als nationale Industriepolitik behandelt wird, so lange wird es in der Frage der Beschaffung keinen substanziellen Schwenk geben“, betonte der Experte. „Und die Frage nach der Bedeutung der deutschen Rüstungsindustrie für die deutsche Wirtschaft wird nicht im Verteidigungsministerium entschieden.“


Gabriel zweifelt an Leyens Plänen

Dass erklärt auch, warum die Bundesregierung auf einen Streit über die Rüstungspolitik zusteuert. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte jedenfalls am Mittwoch mit Blick auf Vorschläge der Verteidigungsministerin vor einer „sehr schmalen Festlegung“ auf deutsche Kernfähigkeiten. Die Ministerin bekräftigte dagegen: „Wirklich nationale Schlüsseltechnologien können nur einige wenige sein.“ Beide Minister betonten, hier müsse die Bundesregierung noch eine Linie finden.

Er sei überrascht, dass von der Leyen den U-Boot-Bau nicht zu den Schlüsseltechnologien zähle, sagte Gabriel in einer Grundsatzrede zur Rüstungsexportpolitik in Berlin. Der Export gelte als unproblematisch, und ThyssenKrupp beschäftige Tausende Menschen in der Sparte. Die Einstufung als Kernfähigkeit entscheidet darüber, ob der Erhalt einer Technologie in Deutschland mit staatlicher Hilfe gesichert werden soll.

Von der Leyen bekräftigte im Bundestag, Verschlüsselung und Technologien für die militärische Führung und Aufklärung seien aus ihrer Sicht unverzichtbare Kompetenzen der deutschen Rüstungsindustrie. Dies gilt ihren Worten zufolge aber nicht für die Exportschlager der deutschen Rüstungsindustrie: „Panzer, U-Boote und Handfeuerwaffen - hier muss die Bundesregierung eine gemeinsame Antwort finden.“

Die zentrale Frage der Bundesregierung sei, ob man die starke Position bei einigen Produkten für den sicherheitspolitischen Einfluss Deutschlands in der Welt nutzen wolle, erklärte von der Leyen. Es sei klar, dass der Bedarf der Bundeswehr nicht für eine gesunde Industrie ausreiche. „Sondern hier ist die Frage nach dem Export auch zu stellen.“

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