Der Bundesverband der Deutschen Industrie hat sich vor dem G20-Gipfeltreffen in Hamburg für ein Signal der Geschlossenheit ausgesprochen – unter Einschluss der USA. „Es wäre für die deutsche Wirtschaft enorm enttäuschend, wenn sich auf dem G20-Gipfel nur 19 Staaten zum offenen und fairen Handel bekennen würden“, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang.
Der BDI erwartet von der Bundeskanzlerin, auf Trump zuzugehen. „Handelspolitik an den USA vorbei greift zu kurz. Eine 19:1-Lösung ist deswegen keine wirkliche Lösung.“
Manche Beobachter und nicht zuletzt der Fraktionschef der SPD, Thomas Oppermann, hatten von Bundeskanzlerin Angela Merkel eine deutliche Auseinandersetzung mit Trump verlangt. Notfalls müsse Merkel auf dem Gipfeltreffen eine „19:1-Erklärung“ ohne die USA erzwingen. Bereits vor dem G20-Gipfel wird die Kanzlerin den US-Präsidenten am Donnerstagabend zu bilateralen Gesprächen treffen.
Zehn Dinge, die man über G20 wissen sollte
Die "Gruppe der 20" besteht aus der Europäischen Union und den stärksten Volkswirtschaften aller Kontinente. Das sind folgende 19 Länder: Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, Türkei und die USA.
Die "Gruppe der 20" hat bei jedem Gipfel internationale Organisationen wie die Weltbank und die Vereinten Nationen (UN) zu Gast. Ständiger Gast ist zudem Spanien. Außerdem werden vom Gastgeber in der Regel weitere Länder eingeladen. Diesmal sind es Norwegen, die Niederlande und Singapur.
Die "Gruppe der 20" repräsentiert knapp zwei Drittel der Weltbevölkerung.
Die "Gruppe der 20" vereint vier Fünftel der weltweiten Wirtschaftskraft und drei Viertel des Welthandels.
Die "Gruppe der 20 "wurde zur internationalen Abstimmung in Finanz- und Wirtschaftsfragen gegründet.
Die "Gruppe der 20" beschäftigt sich inzwischen aber auch mit vielen anderen globalen Themen von der Terrorbekämpfung bis zum Klimaschutz.
Die "Gruppe der 20" trifft sich seit 2008 in der Regel einmal im Jahr auf Ebene der Staats- und Regierungschefs. Während der Finanzkrise 2009 und 2010 gab es sogar zwei Treffen. Schon seit 1999 treffen sich die Finanzminister und Notenbankchefs jährlich.
Die "Gruppe der 20" beschließt bei ihren Gipfeltreffen gemeinsame Erklärungen, die zwar rechtlich nicht bindend sind, politisch aber trotzdem eine starke Signalwirkung haben.
Die "Gruppe der 20" kommt auf Spitzenebene dieses Jahr erstmals in Deutschland zusammen und zum dritten Mal in Europa.
Die "Gruppe der 20" tagt nächstes Jahr in Argentinien, das am 1. Dezember die Präsidentschaft von Deutschland übernimmt.
Auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz erwartet von Merkel, dass sie sich beim G20-Gipfel nicht auf Minimalkompromisse einlässt. „G20 darf die virulenten Probleme im internationalen Handel, in der Entwicklungszusammenarbeit, im Klimaschutz, nicht ignorieren“, sagte der SPD-Chef am Donnerstag. Vor allem dürften am Ende keine Beschlüsse auf der Grundlage eines „kleinsten gemeinsamen Nenners“ gefasst werden.
Vor allem bei den Themen Freihandel und Klimaschutz gibt es massive Differenzen zwischen den Europäern und US-Präsident Donald Trump. Da die Staatengruppe der wichtigsten Wirtschaftsmächte beim G20-Gipfel ihre Abschlusserklärung einstimmig verabschiedet, muss sich Merkel entscheiden: Entweder sie wählt den kleinsten gemeinsamen Nenner oder es wird ein Dissens festgeschrieben.
"Geschlossenheit und Führungsstärke"
„Geschlossenheit und Führungsstärke bei der Gestaltung der Globalisierung“ wünscht sich auch Jürgen Heraeus, Präsident des offiziellen Wirtschaftsdialoges Business 20 (B20), in dem Wirtschaftsorganisationen aller G20-Staaten anlässlich im Vorfeld des Gipfels in Hamburg zusammenkamen: „Wir stehen für offene und regelbasierte Märkte ein. Gleichzeitig müssen wir sicherstellen, dass alle vom Nutzen der Globalisierung profitieren können. Beispielsweise müssen wir mehr in Bildung und lebenslanges Lernen investieren.“
Die B20 sprach sich entschieden gegen Protektionismus und für die Stärkung der multilateralen Handelsordnung mit der Welthandelsorganisation WTO im Zentrum aus.
Die B20 bekannte sich auch zum Pariser Klimaabkommen: „Klimaschutz und Wirtschaftswachstum müssen sich nicht ausschließen“, sagte Heraeus. „Um die dafür nötigen Innovationen in den Unternehmen unter Berücksichtigung des Erhalts ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit aber noch weiter voranzutreiben und einen fairen Wettbewerb sicherzustellen, braucht es die verlässliche Umsetzung des Pariser Klimaabkommens“, sagte Heraeus.
Die widerholte Kritik des US-Präsidenten Donald Trump an Deutschland wegen dessen Handelsüberschuss weist der BDI zurück. „Der deutsche Handelsüberschuss mit den USA ist kein Resultat von unfairer Handelspolitik“, sagte Lang. „Wir haben viele Unternehmen, die sehr wettbewerbsfähig sind. Außerdem helfen uns auch der günstige Wechselkurs und die hohe Sparneigung der Deutschen.“ Auf der anderen Seite seien auch die enormen deutschen Kapitalexporte zu sehen: „Deutsche Unternehmen schaffen mit ihren Auslandsinvestitionen Millionen gut qualifizierter Jobs, nahezu fast 700.000 allein in den USA“, sagte Lang.