VW-Vorbericht Winterkorn soll seine Rente Kunden überlassen

Am Tag vor dem Verhör im Abgas-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags erhöhen Verbraucherschützer und Grüne den Druck auf Ex-VW-Chef Winterkorn. Für viele steht längst fest, dass er verantwortlich ist.

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Die Abgeordneten wollen wissen, was Martin Winterkorn seinerzeit wusste und ob er womöglich die Abgas-Manipulationen gebilligt hat. Quelle: dpa

Berlin Am Donnerstagvormittag, um zehn Uhr, wird Martin Winterkorn im Ausschusssaal E 700 des Deutschen Bundestags sitzen und sich unangenehme Fragen anhören müssen. Zur Sicherheit werden ihn seine Anwälte begleiten, schließlich vernimmt der Ausschuss Zeugen und Sachverständige und kann auch Ermittlungen durch Gerichte und Verwaltungsbehörden vornehmen lassen. Die Abgeordneten wollen den größten Skandal aufdecken, den Volkswagen je erlebt und hat.

Sie wollen wissen, was der Chef seinerzeit wusste, ob er womöglich die Abgas-Manipulationen gebilligt hat. „Vor dem Hintergrund der neuen Erkenntnisse aus den USA wollen wir von Herrn Winterkorn wissen, ob der Vorstand tatsächlich darüber informiert war, dass illegale Abschalteinrichtungen in VW-Fahrzeugen verwendet wurden“, fordert bereits der Ausschussvorsitzende Herbert Behrens (Linke). „Wir erwarten da ein klares Ja oder Nein.“ Sollte Winterkorn nichts sagen, so käme dies „einem Schuldeingeständnis gleich.“

Für viele steht fest: Winterkorn ist verantwortlich, so oder so. Nach Ansicht des Chefs des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV), Klaus Müller, sollte der langjährige Volkswagen-Konzernchef individuell Verantwortung für die weltweite Abgasmanipulation übernehmen. „Für die Kundinnen und Kunden, die von Volkswagen getäuscht wurden und in Deutschland leer ausgehen, sind die Meldungen über Winterkorns Vergünstigungen ein Schlag ins Gesicht“, sagte Müller dem Handelsblatt. „Mit den über 3.000 Euro Rente pro Tag sollte Herr Winterkorn besser betrogene Kunden entschädigen und ein Zeichen der Demut setzen.“
Von der Bundesregierung forderte Müller, künftiger „mutiger“ gegen Unternehmen vorzugehen, die betrügen und vertuschen. „Verbraucherbelange im Automobilsektor müssen stärker berücksichtigt werden“, sagte der VZBV-Chef. „Die Zulassung neuer Kfz-Modelle muss unabhängig erfolgen und die Marktüberwachung durch das Kraftfahrtbundesamt muss neu aufgestellt werden.“ Das fordert auch der Ausschussvorsitzende Behrens wie auch die Grünen. Deren Fraktionsvize Oliver Krischer geht hart ins Gericht mit der Regierung, speziell mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Der Ausschuss habe bereits jetzt mit seiner Arbeit die Strukturen des Skandals offen gelegt. „Das ist eine Einflussnahme der Autoindustrie auf die Entscheidungen, die das Maß gewöhnlicher Lobbyarbeit weit übersteigt“, sagte Krischer dem Handelsblatt.

„Die Bundesregierung hat die Kontrolle der Autoindustrie im Abgasbereich fast komplett abgeschafft.“ Die Industrie habe dies gewusst und sich in Sicherheit gewähnt. „Dieses organisierte Staatsversagen hat den Abgasskandal erst möglich gemacht“, sagte Krischer. Die Bundesregierung habe die zuständigen Behörden zu „zahnlosen Tigern“ gemacht. Minister Dobrindt habe bislang „nichts unternommen diese Strukturen zu ändern – im Gegenteil er hält seine schützende Hand darüber. Jenseits der Sonntagsreden läuft alles so weiter wie bisher. Dobrindts Aufklärung ist Show, Konsequenzen Fehlanzeige.“
Neben Winterkorn werden auch die Manager Gerwin Postel (VW), Axel Eiser (Audi) und Andreas Dindorf (Opel) verhört sowie Eckart von Klaeden (CDU), einst Staatssekretär im Kanzleramt und seit drei Jahren Cheflobbyist bei Daimler. Bei ihm wie bei dem Verhör von Automobilverbandschef Mathias Wissmann (VDA) dürfte es vor allem um deren Einfluss auf die Abgasgesetzgebung gehen. Wissmann war früher selbst Bundesverkehrsminister.
In den vergangenen Sitzungen hatte der Ausschuss bereits Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) verhört. Sie gaben an, im Vorfeld nichts von den Manipulationen gewusst zu haben.

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