Deutschland ist im vergangenen Jahr hinter den USA und Russland der drittgrößte Waffenexporteur weltweit gewesen. Wie der Branchendienst „Jane's“ in seinem jährlichen Rüstungsbericht feststellt, verkauften deutsche Unternehmen 2015 Rüstungsgüter im Wert von rund 4,78 Milliarden US-Dollar (4,2 Mrd Euro) ins Ausland - Kleinwaffen und Munition nicht mitgerechnet.
Davon ging etwas weniger als ein Drittel (29 Prozent) in den Krisengürtel Nahost-Nordafrika. Wichtigster Abnehmer in dieser Region war im vergangenen Jahr Saudi-Arabien, gefolgt von Algerien, Ägypten und Katar. Laut „Jane's“ werden die Lieferungen nach Nordafrika und Nahost 2018 sogar 40 Prozent der deutschen Rüstungsexporte ausmachen. Danach fällt der Anteil voraussichtlich wieder ab, auf 28 Prozent.
Im Vorjahr hatte Deutschland in der Liste der größten Exporteure noch auf dem fünften Platz gelegen. Dass es 2016 wohl nur für den vierten Platz reichen wird, liegt nach Auskunft des Autors Ben Moores allerdings nicht daran, dass Deutschland seine Rüstungsexporte zurückfährt. Im Gegenteil: Der Gesamtbetrag wird den Berechnungen zufolge sogar noch einmal minimal steigen.
Deutschlands Rüstungsexporte: Vergleich der ersten Halbjahre 2013 und 2014
Die Bundesregierung legt in ihrem Zwischenbericht über die Rüstungsexporte im ersten Halbjahr 2014 Zahlen zu Genehmigungsentscheidungen für Rüstungsgüter vor. Die Daten ermöglichen auch den Vergleich zum ersten Halbjahr des Vorjahres.
Quelle: Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im ersten Halbjahr 2014
Anzahl der Genehmigungen im 1. Hj 2013: 3.381
Anzahl der Genehmigungen im 1. Hj 2014: 2.350
Gesamtwert im 1. Hj. 2013: 761,320 Millionen Euro
Gesamtwert im 1. Hj. 2014: 400,070 Millionen Euro
Anzahl der Genehmigungen im 1. Hj 2013: 4.504
Anzahl der Genehmigungen im 1. Hj 2014: 2.148
Gesamtwert im 1. Hj. 2013: 676,664 Millionen Euro
Gesamtwert im 1. Hj. 2014: 412,568 Millionen Euro
(*und NATO-gleichgestellte Länder)
Anzahl der Genehmigungen im 1. Hj 2013: 2.163
Anzahl der Genehmigungen im 1. Hj 2014: 1.441
Gesamtwert im 1. Hj. 2013: 1,487 Milliarden Euro
Gesamtwert im 1. Hj. 2014: 1,417 Milliarden Euro
Anzahl der Genehmigungen im 1. Hj 2013: 10.048
Anzahl der Genehmigungen im 1. Hj 2014: 5.939
Gesamtwert im 1. Hj. 2013: 2,925 Milliarden Euro
Gesamtwert im 1. Hj. 2014: 2,229 Milliarden Euro
Grund sei vielmehr die Tatsache, dass Frankreich seine Rüstungsindustrie „wiederbelebt“ habe, sagte Moores. Die Gesamtsumme der französischen Rüstungsexporte in diesem Jahr schätzt er auf rund sechs Milliarden US-Dollar. Seinen Berechnungen zufolge wird Frankreich 2018 sogar Russland überrunden und zum zweitgrößten Exporteur von Rüstungsgütern aufsteigen.
Der weltweit größte Importeur von Waffen und Ausrüstung ist und bleibt Saudi-Arabien. Laut „Jane's“ wurden im vergangenen Jahr Rüstungsgüter im Wert von rund 9,3 Milliarden US-Dollar in das islamische Königreich geliefert. In diesem Jahr liegen die saudischen Militär-Importe sogar knapp über zehn Milliarden Dollar.
Indien belegte in der Liste der wichtigsten Importeure in diesem und im vergangenen Jahr jeweils den zweiten Platz. Die Emirate steigern ihre Rüstungsausgaben den Angaben zufolge massiv. In diesem Jahr sollen sie Material im Wert von rund drei Milliarden US-Dollar erhalten. Damit sind sie aktuell der drittgrößte Importeur von Rüstungsgütern.
Diese Länder bekommen Deutschlands Rüstungsgüter
Die Bundesregierung legt in ihrem Zwischenbericht über die Rüstungsexporte im ersten Halbjahr 2014 Zahlen zu Genehmigungsentscheidungen für Rüstungsgüter vor. Die Daten weisen unter anderem die wichtigsten Abnehmer deutscher Waffen- und Rüstungsgüter aus.
Diese Liste zeigt die zehn wichtigsten Bestimmungsländer für erteilte Einzelgenehmigungen im ersten Halbjahr 2014.
Quelle: Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im ersten Halbjahr 2014
Staat: Italien
Anzahl der Genehmigungen: 210
Wert im 1. Hj. 2014: 63,285 Millionen Euro
Art der Güter: Kommunikationsausrüstung, Navigationsausrüstung, Messausrüstung, Prüfausrüstung und Teile für elektronische Ausrüstung, Kommunikationsausrüstung, elektronische Kampfführung, Ortungsausrüstung, Baugruppen, Stromversorgungen (50,4 Prozent);
Luftbetankungsausrüstung und Teile für Kampfflugzeuge, Flugzeuge, Hubschrauber, unbemannte Luftfahrzeuge, Triebwerke, Bodengeräte, Fallschirme (16,0 Prozent);
Schiffskörperdurchführungen und Teile für U-Boote, Kampfschiffe, Unterwasserortungsgeräte (9 Prozent);
Munition für Granatpistolen, Granatmaschinenwaffen und Teile für Haubitzenmunition, Mörsermunition (6,8 Prozent)
Staat: Saudi-Arabien
Anzahl der Genehmigungen: 73
Wert im 1. Hj. 2014: 65, 911 Millionen Euro
Art der Güter: Flugkörper, Abfeuereinrichtungen, Funkzündmaschinen und Teile für Flugkörper, Bodengeräte für Flugkörper, Funkzündmaschinen (40,5 Prozent);
Ausrüstung für elektronische Kampfführung, Stromversorgungen und Teile für elektronische Ausrüstung, elektronische Kampfführung (39,4 Prozent);
Lkw und Teile für Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, Flugabwehrsysteme, Lkw (7,4 Prozent)
Staat: Algerien
Anzahl der Genehmigungen: 9
Wert im 1. Hj. 2014: 71,801 Millionen Euro
Art der Güter: Fertigungsausrüstung für gepanzerte Fahrzeuge, Radargeräte und Teile für die Fertigungsausrüstung für gepanzerte Fahrzeuge (43,8 Prozent);
Lkw und Teile für Lkw (38,6 Prozent)
Staat: Kanada
Anzahl der Genehmigungen: 294
Wert im 1. Hj. 2014: 74,285 Millionen Euro
Art der Güter: Ortungsausrüstung und Teile für Ortungsausrüstung, elektronische Ausrüstung (71,9 Prozent);
Bergepanzer, Geländewagen und Teile für Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, Geländewagen, Landfahrzeuge (11,8 Prozent)
Staat: Vereinigtes Königreich
Anzahl der Genehmigungen: 337
Wert im 1. Hj. 2014: 96,358 Millionen Euro
Art der Güter: Elektronische Ausrüstung, Kommunikationsausrüstung, Messausrüstung, Prüfausrüstung, Baugruppen, Bauelemente und Teile für elektronische Ausrüstung, Kommunikationsausrüstung, Ortungsausrüstung, Navigationsausrüstung, Messausrüstung, Prüfausrüstung, Baugruppen (36,6 Prozent);
Schleudersitze und Teile für Kampfflugzeuge, Kampfhubschrauber, Flugzeuge, Hubschrauber, Triebwerke, Luftbetankungsausrüstung, Bodengeräte (19,0 Prozent);
Munition für Gewehre, Maschinengewehre und Teile für Geschützmunition, Haubitzenmunition, Kanonenmunition, Mörsermunition, Werfermunition (16,9 Prozent);
Teile für U-Boote, Kampfschiffe, Schiffe und Unterwasserortungsgeräte (9,4 Prozent)
Staat: Brunei Darussalam
Anzahl der Genehmigungen: 7
Wert im 1. Hj. 2014: 97,173 Millionen Euro
Art der Güter: Patrouillenboot und Teile für Patrouillenboot (97,1 Prozent)
Staat: Republik Korea
Anzahl der Genehmigungen: 148
Wert im 1. Hj. 2014: 152,658 Millionen Euro
Art der Güter: Teile für Panzer, gepanzerte Fahrzeuge und Lkw (70,5 Prozent);
Schiffskörperdurchführungen und Teile für U-Boote, Fregatten, Minenräumer, U-Boot-Elektromotoren, Unterwasserortungsgeräte, Steuereinrichtungen für Ortungsgeräte (8,7 Prozent);
Flugkörper und Teile für Raketen, Flugkörper (7,9 Prozent)
Staat: Singapur
Anzahl der Genehmigungen: 74
Wert im 1. Hj. 2014: 207,574 Millionen Euro
Art der Güter: Kampfpanzer, Brückenlegepanzer, Lkw und Teile für Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, amphibische Fahrzeuge, Lkw (97,1 Prozent)
Staat: USA
Wert im 1. Hj. 2014: 217,580 Millionen Euro
Anzahl der Genehmigungen: 751
Art der Güter: Maschinenpistolen, Gewehre, Pistolen, Waffenzielgeräte (44,3 Prozent);
Munition (19,0 Prozent);
Schmiedestücke, Gussstücke und unfertige Erzeugnisse (10,9 Prozent);
Abfeuereinrichtungen, Ausrüstung zum Räumen von Seeminen, Leuchtraketen, Simulatoren, Teile für Flugkörper, Handgranaten, Ausrüstung zum Räumen von Seeminen, Selbstschutzsysteme (5,8 Prozent);
Triebwerke, Bodengeräte und Teile für Kampfflugzeuge, Kampfhubschrauber, Flugzeuge, Hubschrauber, unbemannte Luftfahrzeuge, Triebwerke, Luftbetankungsausrüstung, Bodengeräte (5,5 Prozent)
Staat: Israel
Anzahl der Genehmigungen: 125
Wert im 1. Hj. 2014: 616,780 Millionen Euro
Art der Güter: U-Boot, Schiffskörperdurchführungen und Teile für U-Boote, Unterwasserortungsgeräte (97,5 Prozent)
Zwar macht den Golfstaaten der Rückgang der Öl- und Gaspreise zu schaffen. Moores gibt allerdings zu bedenken: „Nur weil ein Land sehr stark von Öleinkünften abhängig ist, heißt das nicht automatisch, dass es seine Verteidigungsausgaben senken wird, nur weil der Ölpreis sinkt.“
Saudi-Arabien habe große Ölreserven und kaum Schulden. Dies ermögliche es dem Königreich, auch in den kommenden Jahren große Aufträge an Rüstungskonzerne zu vergeben. Anders sei dies im Falle Russlands oder des Sultanats Oman. In beiden Staaten sei bei einem anhaltend niedrigen Ölpreis langfristig mit sinkenden Rüstungsausgaben zu rechnen.
Große deutsche Rüstungskonzerne
Diehl Defence ist die Rüstungssparte des Nürnberger Diehl-Konzerns, stellt unter anderem Munition, Raketen und Ketten für Panzer her.
Umsatz 2013: 533 Millionen Euro
Der Handwaffenspezialist aus dem badischen Oberndorf fertigt unter anderem Pistolen, Sturm- und Präzisionsgewehre.
Umsatz 2013: 200 Millionen Euro
KMW in München baut etwa den Kampfpanzer „Leopard“, den Schützenpanzer „Puma“ oder die Panzerhaubitze „2000“
Umsatz 2013: 900 Millionen Euro
MTU Aero Engines ist ein Triebwerksbauer aus München, der auch für militärische Flugzeuge fertigt, etwa den Motor für den Eurofighter
Umsatz 2013 (Wehrgeschäft): 501 Millionen Euro
Rheinmetall Defence ist die Wehrsparte von Rheinmetall aus Düsseldorf und fertigt Panzer, aber auch Munition oder etwa Flugabwehrsysteme.
Umsatz 2013: 2,2 Milliarden Euro
ThyssenKrupp Marine Systems in Kiel baut U-Boote und Kriegsschiffe. Die Firma entstand aus Blohm+Voss und der Howaldtswerke-Deutsche Werft GmbH.
Umsatz 2012/13: 1,2 Milliarden Euro
Aus der Art der Rüstungsgüter, die von den arabischen Staaten derzeit bestellt werden, lässt sich laut Moores viel über ihre strategischen Ziele und Allianzen ablesen. Er sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Saudi-Arabien, Katar und die Emirate investieren viel in Späh- und Überwachungstechnik.“ Dies könne auf ein wachsendes Streben nach Unabhängigkeit von ihrem Langzeit-Sicherheitspartner USA hindeuten.
Die Golfstaaten und Ägypten hätten sich zudem Militärtechnik zugelegt, die auch anderen Zwecken diene als der rein defensiven Landesverteidigung. Der neue Fokus auf Präzisions-Lenkwaffen deutet nach Ansicht des Rüstungsexperten darauf hin, dass man sich auf Konflikte vorbereitet, „in denen es auch darum geht, sich die Unterstützung der Bevölkerung zu sichern, indem man eine große Anzahl ziviler Opfer vermeidet“.