Die Liberalen sind nun strategisch geschwächt, denn nach den Verlusten etlicher Bundesländer und Landesregierungen fehlt ihr nun im Wesentlichen eine Basis für die weitere politische Arbeit. Auch werden in der Sitzung am Montag etliche Köpfe rollen. Zwar haben Spitzenkandidat Rainer Brüderle und Parteichef Philipp Rösler das Wort Rücktritt am Wahlabend noch vermieden. Aber Brüderles Zeit ist mit dem Abschied aus dem Bundestag ohnehin abgelaufen. Und Rösler würde sich an der Spitze nicht einmal halten können, wenn er dies wollte. Der vorige Vorsitzende Guido Westerwelle wurde vom Hof gejagt, weil er die Partei von 14,6 auf rund sieben Prozent heruntergewirtschaftet hatte. Rösler hat sie sogar aus dem Parlament regiert.
Linda Teuteberg, Mitglied im FDP-Bundesvorstand und Hoffnungsträgerin im brandenburgischen Landtag sieht nun schwierige Stunden heraufziehen: "Das werden harte Gremiensitzungen morgen. Alle werden auf Christian Lindner schauen." Der Partei- und Fraktionsvorsitzende in Nordrhein-Westfalen ist bereits stellvertretender Bundesvorsitzender. Er gehört zu den wenigen, die überhaupt noch eine parlamentarische Basis haben, um Politik sichtbar zu betreiben.
Für die FDP war es noch ein kleiner Trost, dass die AfD ebenfalls unter der Fünf-Prozent-Hürde blieb. Denn sonst wäre an ihrer Stelle eine andere bürgerliche Partei ins Parlament eingezogen, die sich als wirtschaftspolitisches Kontrastprogramm zur immer weiter nach links rückenden Union hätte profilieren können. Aber das AfD-Trauma der Liberalen dürfte in wenigen Monaten folgen. Denn bei der Europawahl im Juni dürften die Euroskeptiker mit ihrem Wahlergebnis durch die Decke schießen. Denn dann steht ihr Thema zwangsläufig im Mittelpunkt, und auch die nächsten Hilfsgelder für Griechenland dürften dann bereits fällig werden. Zudem haben sie schwankenden Wählern gezeigt, dass es genügend Gleichgesinnte gibt, um die AfD zu einem kleinen Machtfaktor zu machen. Und schließlich verfügt die AfD dann dank der Wahlkampfkostenerstattung über ausreichend Wahlkampfmittel.
Für die FDP dagegen beginnt nun die Zeit des Darbens. Sie muss ihren Apparat verkleinern, verliert die parlamentarische Plattform für ihre politische Arbeit – und rund 500 Mitarbeiter ihren Job. Eine „Anschlussverwendung“, wie Philipp Rösler dies bei den Schlecker-Frauen nannte, kann er auch ihnen nicht bieten.