Wahl im Saarland Das ist mehr als ein schwarz-rotes Damen-Duell

Werden beim Auftakt ins Superwahljahr die Karten an der Saar neu gemischt? Nach wochenlangem Wahlkampf zeigt sich am Sonntag, ob der „Schulz-Bonus“ der SPD an die Macht verhilft. Der Druck für Rot-Rot ist groß.

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Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und Anke Rehlinger (SPD) sind die Spitzenkandidaten der Landtagswahl im Saarland. Quelle: dpa

An diesem Sonntag schaut ganz Deutschland aufs Saarland. Denn die Landtagswahl an der Saar ist der Auftakt ins Superwahljahr - und noch wichtiger: Sie ist der erste Testlauf von Martin Schulz. Nun zeigt sich, ob sich die mit dem SPD-Kanzlerkandidaten in die Höhe geschossenen Umfragewerte der Genossen an der Saar auch in baren Wählerstimmen auszahlen. Es könnte zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen kommen: zwischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und Herausforderin Anke Rehlinger (SPD). Ein schwarz-rotes Duell also, denn beide wollen die neue Regierung anführen. Bisher haben die Damen gemeinsam in einer großen Koalition das kleine Land regiert.

"Alles verdammt eng"

„Kramp-Karrenbauer kann sich nicht sicher sein, dass sie Ministerpräsidentin bleiben kann“, sagt Politikwissenschaftler Uwe Jun von der Universität Trier. Sie sagt es selbst - auf den letzten Metern im Wahlkampf: „Das Rennen ist absolut offen.“ Egal, ob der Abstand zwischen CDU und SPD in Umfragen mal ein bisschen größer oder kleiner sei: „Es ist alles verdammt eng“, sagt die Frau, seit 2011 erste Ministerpräsidentin des Saarlandes. Denn Rehlinger powert extrem, um 18 Jahre CDU-Macht in der Staatskanzlei zu beenden.

Ganz klar, die SPD verdankt ihren neuen Schub Martin Schulz. Der hat sie in Umfragen einige Prozentpunkte nach oben katapultiert. Aber eben nur in Umfragen. Die CDU bleibt weiterhin stärkste Kraft. „Bei der Wahl wird der ein oder andere Wähler noch erkennen, dass er nicht Schulz wählt, sondern Kramp-Karrenbauer oder Rehlinger“, prophezeit Politikexperte Jun. Bei der letzten Landtagswahl im März 2012 hatte die CDU 35,2 Prozent der Stimmen bekommen, die SPD 30,6 Prozent.

Schulz hat rot-rot seinen Segen gegeben

Die bundesweiten Blicke richten sich aber auch deshalb auf die Saar, weil es dort zur ersten Landesregierung mit der Linkspartei in einem westdeutschen Bundesland kommen könnte: Rot-Rot, wenn auch mit einer knappen Mehrheit, wie Meinungsforscher annehmen. Viel hängt davon ab, ob es einen Landtag mit vier Parteien geben wird (CDU, SPD, Linke, AfD) - oder ob auch Grüne und FDP reinkommen.

Jun hält es für nicht unwahrscheinlich, dass die SPD nach dem Amt der Ministerpräsidentin greifen wird - wenn es dafür eine Möglichkeit gibt. Heißt: Auch dann, wenn die CDU zwar stärkste Partei wird, es aber eine rot-rote Mehrheit im Landesparlament gibt. „Der Druck aus der Partei wird da groß sein.“ Und: Rehlinger kann auch gut mit Linke-Fraktionschef Oskar Lafontaine. Der persönliche Umgang mit ihm sei „sehr angenehm“, sagt sie.

Hinzu kommt, dass der SPD-Bundesvorsitzende Schulz einem möglichen rot-roten Bündnis an der Saar bereits seinen Segen gegeben hat. „Das erhöht den Druck auf Rehlinger“, sagt Jun. Bei ein paar Sitzen Mehrheit für Rot-Rot werde sie daher auf jeden Fall Verhandlungen mit der Linken führen. „Da kann sie sich nicht entziehen.“ Nur bei einer Mehrheit von nur einem Sitz könne sie sagen, dass sei ihr „zu wenig, zu riskant“. Eine bundespolitische Signalwirkung hätte eine Koalition mit der Linken nicht: „Rot-Rot auf Bundesebene wird nicht reichen“, sagt Jun. Aber trotzdem gebe es Berliner Nebenwirkungen: Die Union würde bei einem Machtwechsel nur noch in 4 von 16 Bundesländern den Regierungschef stellen, die SPD dann in 10.

Richtungswahl für Kramp-Karrenbauer

Für Amtsinhaberin Kramp-Karrenbauer ist die Wahl eine Richtungswahl - für das Saarland. Sie will die große Koalition fortsetzen, weil das 2012 begonnene „Projekt“ noch nicht beendet sei: Die Eigenständigkeit des Landes über die neugeregelten Bund-Länder-Finanzen zu sichern, was dem Land ab 2020 rund 500 Millionen Euro extra in die Kassen spült. Dazu brauche es auch in den nächsten fünf Jahren „stabile Verhältnisse“. Rot-Rot ist für sie ein „klarer Rückschritt“.

Und auch persönlich stellt sie die Weichen: Wenn sie nicht wieder Ministerpräsidentin werde, ziehe sie sich aus der Landespolitik zurück, hat sie schon mehrfach erklärt. Sie setze aber darauf, dass die Wähler letztlich doch nach Landesgesichtspunkten entscheiden - und nicht nach einer Stimmung auf Bundesebene, sagt sie mit Blick auf die Begeisterung um Schulz.

Und Rehlinger? Sie hat im Wahlkampf auf das „Schulz-Ticket“ gesetzt - und reichlich Themen der sozialen Gerechtigkeit gespielt. Dabei kam ihr zugute, dass Schulz an gleich drei Tagen zum Wahlkampf an die Saar kam - und er familiäre Wurzeln im Saarland hat: Sein Vater wurde dort geboren und wuchs dort auf. „Er ist ein halber Saarländer“, sagte sie immer wieder und verquickte damit geschickt bundesweite SPD-Begeisterung mit Landesgefühl. Am Sonntag wird sich zeigen, ob diese Taktik erfolgreich war.

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