Wahl im Saarland Ein Stimmungswechsel bringt noch keine Stimmen

Die CDU fühlt sich zum Start des Marathon-Wahljahres bestätigt. Im Saarland gewinnt Amtsinhaberin Kramp-Karrenbauer im Stil einer „Mini-Merkel“. Was das Ergebnis zeigt – und was nicht.

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„Wir haben das Wahlziel leider nicht erreicht, obwohl wir eine tolle Aufholjagd hatten“, sagt die Spitzenkandidaten der SPD, Anke Rehlinger. Quelle: dpa

Der erste Eindruck zählt, aber entscheidend ist der letzte. Hinter diesem Spruch kann sich die CDU nach der ersten Entscheidung im langen Wahljahr 2017 versammeln. Die Christdemokraten haben die Wahl im Saarland gewonnen. Geschafft hat das Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, die ganz ähnlich wie Parteichefin Angela Merkel nüchtern-pragmatisch in einer schwarz-roten Koalition regiert hat.

Saarland: Die Knackpunkte der Verhandlungen von CDU und SPD

Ein guter Start aus Sicht der CDU: Auch wenn Generalsekretär Peter Tauber sich bei seinem Auftritt am Abend im Konrad-Adenauer-Haus sichtlich windete, möglichst keine Schlüsse für die Bundestagswahl im September zu ziehen. Es scheint, als ob die Union noch länger ohne Wahlkampfmodus unterwegs sein will. Die Union baut darauf, dass der letzte Eindruck von den Regierenden zählt, der sich in den letzten Wochen vor einer Wahl bei den Bürgern festsetzt.


Mehr Spannung dank Schulz

Aus der Wahl im kleinen Bundesland im Südwesten lassen sich dennoch drei Schlüsse für den Bund ziehen: Ein Stimmungswechsel ist noch keine Wechselstimmung. Mit Martin Schulz als SPD-Spitzenkandidat für den Bundestag ist die politische Auseinandersetzung dennoch wieder spannender geworden. Die Wähler allerdings scheinen sich nicht nach einer rot-rot-grünen Regierung zu sehnen.



Die Stimmung unter den Wählern hat sich seit der Ausrufung von Martin Schulz als Anführer der Sozialdemokraten geändert. Noch hat der Kandidat ja wenig Konkretes im Angebot, doch die Umfragewerte seiner Partei zogen an und ließen die SPD in die Nähe der Union kommen. Hinter einem solchen Stimmungswechsel, steckt aber noch nicht unbedingt eine Wechselstimmung. Sichtbar wird nur, dass es neben einer Kanzlerin einen anderen ernstzunehmenden Anwärter auf den Job geben kann.

Wechselstimmung kommt erst zu Stande, wenn die Bürger denken, dass sie bisher schlecht fahren und unter einer anders geführten Regierung besser abschneiden. Dann zahlen genug Stimmen aufs Konto der Merkel-Konkurrenz ein. Es ist die härteste Währung im politischen Geschäft und die CDU scheint – bei richtigen Kandidaten – da der SPD nicht unterlegen.

"Gestern war ein schöner und ermutigender Tag"
Angela Merkel:Die Bundeskanzlerin hat den Erfolg ihrer CDU als Rückenwind bis zur Bundestagswahl im Herbst gewertet. „Der gestrige Tag war ein schöner Tag und damit auch ein ermutigender Tag“, sagte die CDU-Vorsitzende. Auf eine Koalitionsaussage für die Zeit nach der Bundestagswahl im Herbst wollte sich Merkel erwartungsgemäß nicht festlegen: „Ich weigere mich jetzt, irgendwann im März, zu erklären, was im September möglich ist. Das lege ich in die Hand der Wählerinnen und Wähler.“ Egal, ob die Union in einer großen Koalition arbeite oder in einer Regierung wie früher mit der FDP: Immer solle man sich „Mühe geben, eine ordentliche Regierungsarbeit zu leisten und dann zu dieser Regierungsarbeit auch zu stehen“, sagte Merkel. „Mein Credo für die Wahlen heißt: Ich möchte den Menschen gerne vor einer Wahl sagen, dass es ihnen am Ende einer Legislaturperiode besser geht, als es ihnen zu Beginn einer Legislaturperiode ging.“ Quelle: dpa
Annegret Kramp-Karrenbauer Die Siegerin bei der Landtagswahl im Saarland sieht den Erfolgs-Nimbus des SPD-Kanzlerkandidaten angekratzt. „Martin Schulz ist zu schlagen“, sagte sie im Interview der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf das mäßige Ergebnis der Sozialdemokraten. Die gewonnene Landtagswahl gebe auch ein klares Signal für die Bundestagswahl. „Die SPD wird von den Menschen nicht uneingeschränkt unterstützt für ihre Pläne für Rot-Rot. Dies ist das wichtigste Signal, das von dieser Wahl ausgeht.“ Kramp-Karrenbauer sagte, das satte Plus für die CDU von 5,5 Prozentpunkten zeige, dass die ihre Partei Wähler „in ihr Lager“ mobilisieren könne. Für die geplante Wiederauflage der großen Koalition sieht sie eine Strukturreform im Saarland als große Aufgabe. Quelle: dpa
Sahra Wagenknecht Quelle: dpa
Anke RehlingerDie saarländische SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger hat die Niederlage ihrer Partei bei der Landtagswahl eingeräumt. „Wir haben das Wahlziel leider nicht erreicht, obwohl wir eine tolle Aufholjagd hatten“, sagte sie am Sonntagabend. Man habe aber auf Sieg, nicht auf Platz gespielt. Die vor der Wahl nicht ausgeschlossene Option für eine rot-rotes Bündnis mit der Linke könnte Wählerstimmen gekostet haben. „Durchaus möglich, dass wir dafür auch ein paar Prozentpünktchen haben abgeben müssen“, sagte Rehlinger in der ARD. Bei einer Fortsetzung der großen Koalition dürfte die 40-Jährige Vize-Regierungschefin bleiben. Die frühere Kugelstoßerin hatte mit Kramp-Karrenbauer in der Regierung gut kooperiert und sich dann in dem Frauenduell um Abgrenzung bemüht. Doch nach Umfragen sahen 66 Prozent der Wahlberechtigten das Land von der großen Koalition gut regiert. Quelle: REUTERS
Cem Özdemir, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen:Grünen-Chef Cem Özdemir hat nach dem Scheitern seiner Partei bei der Landtagswahl im Saarland die Bundestagswahl ins Visier genommen. „Heute Abend beginnt auch der Kampf gegen die große Koalition. Denn das Wahlergebnis im Saarland zeigt: Die Alternative zu uns ist eine GroKo“, sagte Özdemir am Sonntagabend. „GroKo heißt Streit, GroKo heißt Stillstand fürs Land. Das Gegenteil von dem, was Deutschland jetzt braucht.“ Das Ergebnis zeige, „dass Stimmungen noch keine Stimmen sind“, sagte Özdemir und ergänzte: „Das gilt für die SPD, das gilt für uns, das gilt für alle. Alles ist offen, wir haben alle Chancen, das jetzt noch zu drehen. Wir werden das drehen.“ Quelle: dpa
Julia Klöckner, Fraktionsvorsitzende der CDU Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz Quelle: dpa
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer „Es ist schon bemerkenswert: Seit Wochen wird immer von diesem Schulz-Effekt geredet, der Schulz-Zug rollt. Ich stelle fest: Der ist heute ordentlich aus den Schienen gesprungen.“ Quelle: dpa

SPD-Mann Schulz hat mit seinem Selbstbewusstsein und emotionaler Rasanz das Rennen immerhin wieder spannend gemacht. Sie SPD sammelt sich hinter ihm, findet wieder Optimismus. Das bedeutet, dass Wähler tatsächlich wieder Alternativen jenseits der GroKo erwarten können.

Bittere Botschaft für die Sozialdemokraten

Das tut der Demokratie gut. Im Saarland sind deutlich mehr Menschen wählen gegangen als vor fünf Jahren. Zugleich scheint der Schulz-Effekt aber kleinere Parteien wie die Grünen zu schwächen. Auch die AfD gewinnt durch die Polarisierung zwischen Schwarz und Rot bisher nicht.

Schließlich birgt der klare Sieg der CDU-Ministerpräsidentin über die Vize-Regierungschefin Anke Rehlinger noch eine weitere bittere Botschaft für die Sozialdemokraten. Mehrere Umfragen deuten darauf hin, dass viele Wähler eine Koalition mit Beteiligung der Linkspartei weiter nicht gut finden.



Dafür spricht das Wahlergebnis von der Saar. Trotz Linken-Promi Oskar Lafontaine schnitt seine Partei schlechter ab als das vorige Mal. Trotz der Aussicht auf Regierungsbeteiligung konnten weder die Grünen noch die Linkspartei punkten. Die Grünen flogen ganz raus. Rehlinger, die eine Koalition mit Lafontaine immer offen ließ, konnte nicht genug Anhänger mit der Aussicht auf mehr SPD in einer rot-roten Koalition hinter sich sammeln.

Kramp-Karrenbauer: CDU-Sieg auch Signal an den Bund

Das ist die wichtige wie unangenehme Botschaft für SPD-Spitzenkandidat Schulz. Bestätigen Wahlforscher die Abneigung gegen Rot-Rot-Grün noch im Detail, bleiben ihm kaum Optionen, Kanzler zu werden. Leicht wird das Wahljahr allerdings auch für Kanzlerin Merkel nicht. Bei den nächsten Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und NRW wird für ihre Partei nicht viel zu holen sein. Aufbruch und Begeisterung kommen so nicht zu Stande.

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