Wahl-O-Mat Wie digitale Helfer die Wahl erleichtern

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Weitere Wahlhilfen

Während der Wahl-O-Mat nur Parteien miteinander vergleicht, nimmt abgeordnetenwatch.de einzelne Kandidaten unter die Lupe. Der Nutzer gibt seine Postleitzahl ein und sieht alle Kandidaten für den entsprechenden Stimmbezirk. Auch kann er Fragen beantworten und vergleichen, wie die Kandidaten dazu stehen.

Für den Kandidatencheck des WDR haben sich 960 angetretene Politiker Video-Interviews gestellt. Die Mehrheit der AfD-Kandidaten hat sich allerdings nicht beteiligt.

Parteivergleich.eu funktioniert etwas anders: Das Tool gibt vor, unabhängig zu sein, weil nicht eine Redaktion aus Experten die Fragen formuliert, sondern die Parteien selbst Thesen in einem mehrstufigen Prozess einreichen. "Zielgruppe sind alle, die ein Wahlvergleichsprogramm haben wollen, das die Themen aller Parteien gleichstark berücksichtigt und staatsfern ist", sagt Michael Schultz von parteivergleich.eu. "Anders als beim Wahl-O-Mat kommen die Themen aller Parteien gleichberechtigt vor", wie es auf der Seite heißt. Der Nachteil: Das Verfahren ist freiwillig – dementsprechend machen nicht alle Parteien mit und die politische Realität wird nicht zu hundert Prozent abgebildet. Bei der Bundestagswahl 2013 beantworteten vier große Parteien, CDU, CSU, SPD und Grüne, die Fragen nicht. Parteivergleich wich auf Parteiprogramme und Interviews aus.

Thorsten Faas, Professor für Empirische Politikforschung an der Johannes Gutenberg Universität Mainz, findet Wahlhilfe-Programme für die politische Meinungsbildung sinnvoll: "Gerade durch ihren spielerischen Ansatz bauen Wahltools Brücken bei Menschen, an denen der Wahlkampf ansonsten vorbeizieht. Das ist eine wichtige Funktion – das heißt aber im Umkehrschluss auch, dass gerade in politikferneren Gruppen von einem beachtlichen Einfluss ausgegangen werden kann."

Eine Schwäche vieler VAAs ist das Fehlen differenzierter Antwortmöglichkeiten. Beim NRW-Wahl-O-Mat lautete eine Frage beispielsweise: "Alle Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen sollen ausschließlich an Regelschulen unterrichtet werden." Doch vermutlich gibt es viele Bürger, die Inklusion grundsätzlich begrüßen, aber verstehen, dass sie nicht immer funktionieren kann. Das "ausschließlich" schränkt die Frage stark ein. Klare Aussagen seien in der Politik aber wichtig, findet Regine Renner. Sie begrüßt, dass die Thesen nicht "hochschwellig" formuliert seien, also verständlich für junge Wähler, für die der Wahlhelfer der bpb hauptsächlich gedacht sei. Andere VAAs wie ParteieNavi für die Landtagswahlen im Saarland seien komplexer formuliert und hätten einen akademischen Anspruch.

Wer erst wenige Tage vor den Wahlen Online-Tools zu Rate zieht, hat weniger Zeit, um sich weiter mit Wahlkampfthemen auseinander zu setzen. Für einen Überblick über die wichtigen Themen dürften aber alle VAAs herhalten. Thorsten Faas von der Uni Mainz meint: „Es steht jeder Wählerin und jedem Wähler völlig frei, sich zu informieren, wie sie oder er möchte.“ Es ist im Netz eine Plattform für Wahlkommunikation entstanden – und es gibt viele Profiteure, die Parteien und die Wähler. „Der Wahl-O-Mat ist ein Einstieg in die Politik, kein Ausstieg“, betont Wahlforscher Marschall.

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