Und auch bei der Steuer- und Wirtschaftspolitik hätte die FDP genug Fläche zu beackern. Spitzenkandidat Rainer Brüderle tut das – zumindest bei öffentlichen Auftritten. „Was wollen die anderen? Steuererhöhungen. So bauen sie Jobs ab, keine Schulden.“ Insbesondere im Clinch mit den Grünen läuft der ehemalige Wirtschaftsminister zur Höchstform auf. „Die Deutschen können mit ihrem hart erarbeiteten Geld gut selbst umgehen. Sie sind nicht so doof, wie Rot-Grün denkt.“ Das Steuer- und Parteiprogramm der Ökopartei sei eine „Anleitung zum Unglücklichsein“.
Leistung muss sich lohnen, mit diesem Mantra versucht die FDP auf den letzten Metern zu punkten. Das Problem: Nach vier Jahren schwarz-gelber Koalition – in der die Liberalen mit ihren Entlastungsplänen für die Bürger an der Kanzlerin und ihrem Finanzminister Wolfgang Schäuble gescheitert sind – glaubt kaum ein Wähler, dass die Liberalen ihr Wort dieses Mal halten können. Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags? Angela Merkels Nein wirkt wie in Stein gemeißelt.
Neue Konkurrenz gibt es mit der AfD zudem auch bei der umstrittenen Euro-Rettung. Richtig ist, dass sich die FDP von der Vergemeinschaftung der Schulden in Europa distanziert, dass ein Altschuldentilgungsfonds ein Tabubruch wäre. „Wir müssen den ordnungspolitischen Druck aufrechterhalten. Wir sind solidarisch, aber nicht doof“, so Brüderle. Und: „Die Schuldenkrise lässt sich nicht durch noch mehr Schulden lösen.“
Doch wer die Transferunion noch stoppen will, für den ist inzwischen die „Alternative für Deutschland“ möglicherweise die erste Anlaufstelle und nicht die FDP. Schließlich haben sich die Liberalen im Bundestag bei den Abstimmungen über die Euro-Hilfspakete und Krisenmechanismen mehrheitlich stets zum Kanzlerinnenkurs bekannt, sondern auch parteiintern den Euro-Rebellen um Frank Schäffler die Unterstützung versagt.
Die letzten Hoffnungen der FDP ruhen nun ausgerechnet auf Guido Westerwelle, dem langjährigen Parteichef, der nach einer Reihe von Wahlniederlagen im April 2011 seinen Platz räumen musste. Er versucht, die Wähler mit dem erhobenen Zeigefinger zur Wahl zu bewegen. „Seien Sie Staatsbürger und nicht Staatskunde: Gehen Sie wählen“, forderte er in Dortmund die Zuhörer auf. In Dutzenden Ländern würden sich die Menschen unter Lebensgefahr an den Wahllokalen anstellen. „Wenn Sie nicht wählen, ist das eine Ohrfeige für alle Unterdrückten.“
Eine Ansage, die so auch von vom politischen Lieblingsfeind, den Grünen, hätte kommen können. Der Schlingerkurs der FDP geht weiter. Der Abschied von der Macht wohlmöglich auch.
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