Wahlsager

Keine Mehrheit für Schwarz-Gelb, AfD nicht im Parlament

Konrad Fischer Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Konrad Fischer Ressortleiter Unternehmen und Technologie

Die WirtschaftsWoche-Wahlsager wagen unmittelbar vor der Bundestagswahl konkrete Tipps, wie Deutschland wählt. Hier sind ihre zehn Thesen.

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Seit Monaten haben wir den Verlauf der Umfragen beobachtet und auf ihre Stärken und Schwächen untersucht, die wissenschaftlichen Vorhersagen über die Bundestagswahl haben wir nahezu umfassend ausgewertet. Auch im Netz haben wir das Verhalten der Parteien beobachtet, außerdem haben wir langfristige Wähleranalysen studiert und selbst vorgenommen. Aus all diesem Wissen wollen wir nun zehn Thesen ableiten und begründen, wie aus unserer Sicht wahrscheinlich die Wahl ausgehen wird. Die Thesen sind zum Teil sehr kontrovers, zum Teil alles andere als sicher – aber genau darin liegt der Reiz.

1. Schwarz-Gelb erreicht keine eigene Mehrheit

Das Rennen sei völlig offen, auf diese Deutung haben sich die meisten Institute geeinigt. Mit jeder einzelnen Umfrage kann man kurz vor der Wahl tatsächlich nicht sehr viel anfangen. Schaut man sich die Umfragen aller Institute zusammen an, werden jedoch Tendenzen erkennbar. Mit Ausnahme der Forschungsgruppe Wahlen sehen in der letzten Projektion vor der Wahl die großen Institute keine Mehrheit für Schwarz-Gelb – entweder es werden genau gleiche Anteile für die amtierende Koalition und Rot-Rot-Grün vorhergesagt oder ein minimaler Vorsprung von SPD, Grünen und der Linken. Auch wenn die Abstände sehr knapp sind und sich innerhalb des statistischen Fehlers bewegen, so wird in diesem Fall aus vielen schwachen Wahrscheinlichkeiten eine etwas stärkere.

So ergibt die Wahlsager-Projektion inzwischen nur noch eine Wahrscheinlichkeit von 29 Prozent für eine schwarz-gelbe Mehrheit.  Einschränkend ist allerdings zu sehen, dass sich unter der Annahme, dass die FDP (wie wir und die meisten Beobachter glauben) auf jeden Fall ins Parlament kommt, die Wahrscheinlichkeit ein Stück weit zugunsten von Schwarz-Gelb verschiebt (auf 43 Prozent). Selbst unter dieser Annahme spricht die Wahrscheinlichkeit aber eher für Rot-Rot-Grün.

Wahrscheinlichkeit: 71 Prozent bzw. 57 Prozent (wenn FDP-Einzug als sicher angesehen wird)

Deutschlands skurrilste Wahlplakate
Dieses Plakat der Piraten erreichte uns gleich mehrfach. Als gebe es einen Wettbewerb um unrealistische Wahlversprechen fordern die Piraten einfach "einen Wombat in jedem Haushalt". Sinnvoll oder einfach nur Papierverschwendung? Quelle: Piratenpartei
Auch der CDU-Abgeordnete Karl Schiewerling aus dem Wahlkreis Coesfeld/Steinfurt II verzichtet lieber gleich auf ein Wahlversprechen und wünscht seinen potenziellen Wählern lieber schöne Ferien. Auf seiner Homepage wirbt er dafür mit dem Slogan "Ihr Abgeordneter. Hält Wort."
Die Piratenpartei ist unter den skurrilen Plakaten gleich mehrfach vertreten, denn auch der Slogan "Themen statt Möpse" irritierte so manchen Wähler. Auch wenn der Mops mit ins Bild gerückt wurde, die Anspielung auf das freizügige Wahlplakat der CDU-Politikerin Vera Lengsfeld liegt nur allzu nah. Quelle: Stefan Butz
Dieses Plakat erinnerte unseren Leser an eine Situation am Grenzübergang in Salzburg vor vielen Jahren. "Warum wollen Sie denn nach Deutschland, bleiben Sie doch in Bayern", fragte der Grenzbeamte. Das Plakat zeigt, dass die Frage für einige immer noch aktuell ist. Quelle: Ernst Fojcik
Ein Beispiel dafür, dass Wahlplakate für sich allein hochseriös sein können, zusammen aber komisch wirken. Dieses Bild bekamen wir von einer Leserin aus Leipzig, unter dem Motto: "Drei Parteien, eine Brille". Quelle: Ulrike Bertus
Die Freien Wähler haben Kreativität bewiesen - und vor allem Fingerspitzengefühl bei der Positionierung des Plakats, es hängt nämlich direkt vor dem Springer-Haus in Hamburg. Quelle: Wolfgang Beecken
Ein Problem vieler Politiker und aller Parteien: Oft werden die Plakate verschandelt und sind schon nach kurzer Zeit nicht mehr wiederzuerkennen. Quelle: Martin Fuchs

2. Die Union bekommt weniger als 40 Prozent der Stimmen

Die CDU ist ein schwieriger Fall. Einerseits ist sie zuletzt in den Umfragen etwas abgesackt, anderseits sind die Beliebtheitswerte von Kanzlerin Angela Merkel nach wie vor überragend. Dennoch glauben wir, dass sie unter der Schwelle von vierzig Prozent bleiben wird. Das deckt sich zum einen mit der Wahlsager-Projektion und alternativen Prognoseverfahren wie den Expertenbefragungen von „Pollyvote“ und den Prognosemärkten. Zudem wurde die CDU in den Umfragen 2005 und 2009 vor der Wahl leicht überschätzt, was dafür spricht, dass die Partei ein gewisses Mobilisierungsproblem hat. Trotz aller Absagen an eine Zweitstimmen-Kampagne für die FDP ist auch damit zu rechnen, dass ein paar Fans der schwarz-gelben Koalition ihr Kreuzchen lieber bei den Liberalen machen, aus Sorge dass die es sonst nicht ins Parlament schaffen könnten.

Gegen diese These spricht vor allem, dass die meisten Institute das CDU-Problem inzwischen selbst erkannt haben. Um die Partei nicht erneut zu überschätzen, korrigieren sie die Zustimmungswerte offenbar bereits deutlich nach unten, so lag die Partei in den Rohdaten der Forschungsgruppe Wahlen zuletzt noch bei 44 Prozent. Hinzu kommen die historischen Wahlergebnisse der CDU, die auf einen Wählerstock schließen lassen, der durchaus für 40 Prozent gut zu sein scheint. Bis 1994 landete die Partei nie unter dieser Marke, außerdem sind die Voraussetzungen 2013 exzellent: Die Wirtschaft brummt, die Kanzlerin ist beliebt und der Koalitionspartner unbeliebt. Dennoch glauben wir in diesem Fall an den Trend der letzten Wahlkampfwochen, die erste Ziffer des CDU-Ergebnisses wird eine 3 sein.

Wahrscheinlichkeit: 70 Prozent

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