Bei den Sonntagsfragen kann das natürlich keiner überprüfen, weil nächsten Sonntag keine Wahl stattfindet, spätestens bei der Wahl aber wird sich der Wert dieser Aussage erweisen. Aus zwei Gründen könnte dieser Erfolg dennoch nicht eintreten. Erstens: Eine einzelne Umfrage kann immer besser abschneiden als der Mittelwert, man weiß allerdings vorher nie ob das der Fall ist und die Umfrage welchen Instituts das sein wird - deshalb sollte der gewichtete Mittelwert meistens besser abschneiden. Zweitens: Sollten alle Umfragen eine gleichartige Fehlerquelle in sich bergen, von der wir nichts wissen, würden auch wir diesem Fehler unterliegen. Wir sollten der schnellste in der Herde sein, aber wenn die ganze Herde falschliegt, dann stürzen wir mit ins Elend.
Wir wollen aber nicht nur mehr aus den Daten der Institute machen, wir wollen auch ehrlich sagen, wo die Grenzen von Umfragen liegen. Denn an dieser Stelle lassen die Institute zu, dass ihre Werte zu wörtlich genommen werden. Sie veröffentlichen ihre Ergebnisse als sogenannte Punktschätzungen, zum Beispiel: CDU 38,5 Prozent. Klar, das lässt sich besser verkaufen, doch ihre Daten geben das gar nicht her. Wie alle Statistiker unterliegen auch die Meinungsforscher einer Reihe von Fehlerquellen und insbesondere dem Zufallsfehler. Will heißen: Wenn man ein und dieselbe Untersuchung mehrmals durchführt, wird nicht in allen Fällen exakt das gleiche herauskommen. Vielmehr streuen die Ergebnisse rund um einen mittleren Schätzwert. Wir werden deshalb die sogenannten Konfidenzintervalle mit veröffentlichen. Das sieht dann zwar nicht mehr so schön eindeutig aus, bei einem mittleren Schätzwert von beispielsweise 4,5 Prozent für die FDP sind Aussagen wie "FDP schafft es nicht mehr ins Parlament" dann nur noch sehr eingeschränkt möglich. Dafür lassen die Intervalle eine zutreffende Aussage zu: "Mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent würde das Wahlergebnis der FDP momentan zwischen 3,1 und 5,9 Prozent liegen." Die meisten Institute geben zwar Fehlermargen an, in den Medienberichten über Umfrageergebnisse spielen diese aber meistens keine oder nur eine untergeordnete Rolle.
Die vermeintlichen Punktschätzungen fallen den Instituten immer dann auf die Füße, wenn die Wahl besonders knapp verläuft. Durch die Punktschätzungen vermitteln sie den Eindruck, eine Aussage über Sieg und Niederlage treffen zu können. Auch wenn sie im Sinne des Konfidenzintervalls am Ende des Wahlabends völlig richtig liegen, haben sie dann scheinbar auf das falsche Pferd gesetzt. Bestes Beispiel dafür war die jüngste Niedersachsen-Wahl: Selbst nach den ersten Hochrechnungen war noch unklar, wer gewinnen würde. Wie soll da eine Umfrage zehn Tage vorher richtig liegen?