Wahlsager

Keine Mehrheit für Schwarz-Gelb, AfD nicht im Parlament

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SPD und Grüne

3. Die SPD erreicht mehr als 26 Prozent 

Die wichtigste Basis unserer Vorhersage ist auch hier die Wahlsager-Projektion. Da verzeichnete die Partei zuletzt einen leichten Trend nach oben, der letzte Wert liegt über 26 Prozent. Auch hier wird die These von anderen Erhebungen gestützt, in Expertenbefragungen schafft die Partei diese Hürde locker. Auch für diese These gibt es aber ernstzunehmende Gegenargumente: Da ist zum einen das deutlich schlechtere Wahlergebnis 2009, auch hier wurde der Partei in den letzten Wochen ein leichter Aufwärtstrend unterstellt, den es so wohl gar nicht gab.

Außerdem sind die Umfrageergebnisse hier in sich ziemlich widersprüchlich, in den Prognosemärkten erreicht die Partei mal mehr, mal weniger als 26 Prozent. Vor allem aber könnte es die Partei auf den letzten Metern schwächen, dass eine Mehrheit für Rot-Grün nahezu aussichtslos ist, was die Mobilisierung verringern könnte. Wir glauben aber, dass die zuletzt leicht steigende Beliebtheit des Kandidaten Steinbrück und vielleicht auch der Wunsch nach einer großen Koalition am Ende den Ausschlag geben werden.

Wahrscheinlichkeit: 64 Prozent

"Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch"
Begleitet von rund 200 Sympathisanten zogen die Grünen vor 30 Jahren in den Bundestag ein. Unter ihnen waren die Abgeordneten Gert Bastian, Petra Kelly, Otto Schily und Marieluise Beck-Oberdorf (von links nach rechts). Der Bundestag war völlig unvorbereitet auf diese neue Art der Politik. Quelle: dpa
Zwei Tage nach dem 5,6-Prozent-Erfolg der Grünen bei der Wahl am 6. März 1983 kamen die 27 Abgeordneten erstmals zu einer Sitzung zusammen. Der Konferenzsaal des Abgeordnetenhauses am Bonner Tulpenfeld war viel zu eng. Auch Basisvertreter und Nachrücker waren dabei, nach zwei Jahren sollten die frisch gewählten Abgeordneten wieder aus dem Parlament hinausrotieren. Quelle: dpa
Trotz Ermahnungen der politisch Etablierten zu ordnungsgemäßer Kleidung dominierten Strickpullis und Zauselhaare. Nur eine weibliche Abgeordnete erschien mit Anzug und Krawatte. Einige brachten Strickzeug mit in den Bundestag, andere erschienen mit Blumentöpfen zur ersten Sitzung. Quelle: dpa
Auch Blumen gießen gehörte in den Anfangsjahren dazu – hier streng beobachtet von Otto Schily (rechts) und der amüsierten SPD-Politikerin Ingrid Matthäus-Maier. Über den fehlenden Platz für die Neuparlamentarier verhandelten die Grünen-Fraktionsvorständler Petra Kelly und Otto Schily sowie Fraktionsgeschäftsführer Joschka Fischer mit Bundestagspräsident Richard Stücklen. Die alteingesessenen Parteien zeigten sich skeptisch gegenüber den Neulingen. Helmut Kohl hielt die Grünen nur für eine zwischenzeitliche Episode. „Zwei Jahre gebe ich denen, dann gehen sie Mann für Mann zur SPD über“, sagte er. Quelle: dpa
Doch die Grünen blieben. Schon früh setzten die Grünen themenpolitische Akzente, mit der sie die ganze Republik umkrempelten. Sie sprachen sich nicht nur früh gegen Atomkraft und für den Umweltschutz aus, sondern forderten damals schon gleiche Rechte für Homosexuelle, eine multikulturelle Gesellschaft und die Abschaffung der Wehrpflicht ein – alles Themen, die bis heute auf der Agenda stehen. Waltraud Schoppe (Mitte) sorgte mit ihrer ersten Rede gar für Entsetzen. „Wir fordern Sie alle auf, den alltäglichen Sexismus in diesem Parlament einzustellen.“ Ein Satz, der ob der Sexismus-Debatte auch 30 Jahre später noch aktuell ist. Quelle: dpa
Zu den ersten Abgeordneten zählten auch Petra Kelly (links, mit Blumen) und Marieluise Beck-Oberdorf (rechts). „Auch wenn wir uns antiautoritär gaben, so hatte doch dieser altehrwürdige Plenarsaal etwas Respekt einflößendes“, sagte Beck-Oberdorf in einem Interview mit tageschau.de. Trotzdem habe es das Gefühl gegeben, man sei keine „normale“ Partei. Quelle: dpa
Grünen-Gründungsmitglied Kelly, hier mit dem damaligen SPD-Vorsitzenden Willy Brandt, gehörte zu den Ikonen der grünen Anfangsjahre. Sie prägte zum Beispiel den Ausdruck der „Anti-Parteien-Partei“ und der „Instandbesetzung des Bundestages“. Sie setzte sich besonders für Frieden und Menschenrechte ein. Noch mehr Beachtung als ihr Tun fand ihr Tod. Ihr Lebensgefährte und Mitstreiter Gert Bastian erschoss sie 1992 im Schlaf – und tötete sich selbst ebenfalls. Quelle: dpa

4. Die Grünen erreichen ein schlechteres Ergebnis als 2009

Wir glauben an den Trend. Und der spricht gegen die Grünen. In der letzten Wahlsager-Projektion (9,7 Prozent) liegen sie nur einen Prozentpunkt unter ihrem Wahlergebnis von 2009 (10,7 Prozent). Die Grünen kommen aber von zeitweise stabilen 14 Prozent, anders als die meisten Parteien haben sie in den letzten Wochen vor der Wahl fast ausschließlich negative Schlagzeilen produziert. Vor allem aber ist die Situation diesmal eine völlig andere als 2009: Während vor vier Jahren die meisten Menschen eine große Koalition abwählen wollten, nehmen sie diese 2013 zumindest billigend in Kauf. Da scheint es für Sympathisant des gemäßigt linken Spektrums womöglich sinnvoller, SPD zu wählen.

Für die Grünen spricht zum einen die Widersprüchlichkeit der Umfrageergebnisse, drei Institute sahen zuletzt immerhin noch 11 Prozent Zustimmung. Zudem muss man den Grünen ein immenses Mobilisierungspotenzial unterstellen, 2011 wollten zeitweise über 20 Prozent die Partei wählen. Das wird aus unserer Sicht aber nicht reichen, um den negativen Trend zu drehen.

Wahrscheinlichkeit: 85 Prozent

 

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