Werner knallhart

Bundeswehr-Werbung zielt auf die Duckmäuser

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„Ab jetzt wird zusammengefaltet“

Im Job haben wir uns daran gewöhnt: Teamwork bedeutet gegenseitige Wertschätzung, Respekt vor der Meinung des anderen, ausreden lassen, loben und Aussprache, wenn es mal knirscht.

Die Bundeswehr wirbt stattdessen damit, wie schön es ist, unterwürfig zu sein. Dass es wichtig ist, wie akkurat man sein Bett zu machen hat. Ein Ausbilder sagt in die laufende Kamera, er habe sein Bettzeug als Rekrut damals mit Stecknadeln befestigt, damit nichts verrutscht. Und auch heute gilt: Guckt die weiße Wäsche unter der BUND-Filzdecke hervor, gibt es Ärger. Oder wie der Ausbilder sagt: Ab kommender Woche werde scharf geschossen. So lachen Bundeswehr-Soldaten.

Auch in den Studios der Fitness-Kette McFit standen vor einiger Zeit "Die Rekruten"-Werbeaufsteller, auf denen mal wieder Leute ihre Stube aufräumen. Darüber der Spruch: „Ab jetzt wird zusammengefaltet.“ Was für eine Doppeldeutigkeit: Pedantisch Unterhosen falten, oder zusammengeschissen werden. Was haben die immer mit dem Zimmer-Aufräumen?

Wer aber will zum Bund, wenn er sieht, wie es da schon bei der Grundausbildung zugeht, wenn er doch stolz drauf ist, eine Persönlichkeit zu haben? Offenbar werden die gesucht, die sich ihrer Persönlichkeit noch nicht so sicher sind.

Wie wäre es stattdessen mit einem Militär, das wirbt: Lasst eure durchgewühlten Betten wie sie sind. Wir haben wirklich Wichtiges zu tun, als dauernd alles zu fegen und zu falten. Fit für den Cyber-War zur Verteidigung der freien Welt. Mit dem Laptop im Büro Online-Angriffe auf Wahlkämpfe abwehren, statt mit Blättern am Helm durchs Moos zu krabbeln. Die Abteilung Cyber-Truppe Digitale Kräfte gibt es ja nun, aber deren Kampagnen („Gegen virtuellen Terror hilft kein Dislike-Button“) prägen bislang kaum das Bild unserer Armee.

Stattdessen macht die Grundausbildung das Image der Bundeswehr in der Öffentlichkeit aus - wie Oktoberfest und Weißbier das Bild der Welt von Deutschland. Auch unabhängig von dieser Reality-Serie.
Auf der Website der Bundeswehr geht es überwiegend darum, körperlich an sein eigenes Limit zu gehen. Beim Tauchen, getarnt im Wald, im Kampfjet. „Nur wenn du deine Grenzen suchst, kannst du deine Stärken finden.“ Immer irgendwie martialisch für Leute auf der Suche.

Pannen bei der Bundeswehr


Auch in öffentlich-rechtlichen Fernseh-Reportagen über die Grundausbildung, wie jüngst in der WDR-Lokalzeit aus der Kaserne im lippischen Augustdorf mit einem 1,6-Abiturienten in der Grundausbildung. Es wirkt wie immer: Laut geht über schlau. Es lässt sich nicht verbergen.

Mag ja sein, dass es so, wie die Bundeswehr angelegt ist, gar nicht anders geht. Wer sich nicht gerne frech anschnauzen lässt, ist dort dann halt falsch. Und das ist womöglich das Problem. Solange die Bundeswehr nach außen auftritt, als brauche sie genau die, die sich an der Waffe und in Uniformen größer fühlen und davon träumen, selber mal morgens um fünf so durch den Flur brüllen zu dürfen, kann ich mir nicht vorstellen, dass sich kurzfristig genügend Leute finden, die unserem Militär dabei helfen, ihre Haltung ans 21. Jahrhundert anzupassen, wie es sich die Ministerin wünscht. Und den neuen Korpsgeist zu leben. Lauter in sich ruhende selbstbewusste Männer und Frauen, die erkennen, wenn was schief läuft, und die sich trauen, ihrer Bundeswehr gegenüber den Mund aufzumachen.

Sicher: Solche Leute gibt es auch schon heute bei der Bundeswehr. Aber offenbar noch lange nicht genug.



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