Werner knallhart

Schmückt den Weihnachtsbaum schwarz-rot-gold!

Warum überlassen wir unsere Nationalflagge eigentlich den Ewiggestrigen und Fremdenfeinden? Die deutsche Fahne gehört uns allen. Wir sollten sie ganz gelassen und mit Freude zeigen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Ein Gartenzwerg mit Flagge. Quelle: dpa

Ach, was war das für ein Sommer dieses Jahr. Die jungen Grünen posteten: "Zur Fußballeuropameisterschaft fordern wir alle Fans dazu auf, nationalistischem Gedankengut keinen Raum zu lassen! Fußballfans Fahnen runter!"

Diese Haltung ist nicht nur sehr grün, sie ist sehr deutsch. Stellen wir uns mal folgendes Experiment vor: Einhundert Menschen wird irgendwo in Deutschland an einem Tag ohne Fußball-Großereignis eine Deutschlandfahne in die Hand gedrückt mit der Aufgabe: "Überqueren Sie mit der wehenden Fahne in der Hand den belebten Marktplatz Ihrer Stadt."

Ich sage Ihnen, mindestens neunzig Leute würden sich dabei ziemlich bekloppt vorkommen. Ich käme mir auch komisch vor und hätte das Gefühl, die Passanten würden denken: "Wann schreit der Nazi wohl 'Sieg Heil'?"Und selbst Pegida-Anhänger dürften sich unbehaglich fühlen - außerhalb der wohligen Wärme des schützenden Mobs der Gleichgesinnten.

Und schuld daran sind Leute wie die verkrampften jungen Grünen. Die die Identifikation mit ihrem eigenen Land automatisch als feindliche Gesinnung brandmarken.

Die Konsequenz ist: Die deutsche Flagge wird alleine von jenen gehisst, die sie tatsächlich als Ausdruck von dumpfem Deutschtum hochhalten, um allem, das nicht deutsch ist, zu zeigen: Du gehörst nicht dazu. Damit legen all die, die Schwarz-Rot-Gold als beschämend empfinden, unsere Fahne freiwillig in die Hände derer, die unser Land wirklich beschämen.

Und all das nur, weil die symbolische Identifikation mit dem eigenen Land per se als Ausgrenzung empfunden wird. Das gilt aber doch nur, wenn "typisch deutsch" für "fremdenfeindlich" steht.

Was den Deutschen wirklich wichtig ist
Freiheit, Familie oder Gesundheit? Was den Deutschen besonders wichtig ist, soll der sogenannte Werte-Index 2016 offenlegen. Ein Expertenteam hat dafür 5,7 Millionen Beiträge von Nutzern auf deutschen Internetseiten von März 2014 bis Ende Februar 2015 ausgewertet. Untersucht wurde, welche Rolle verschiedene vorab ausgewählte Werte im Netz spielen. Erhoben wird der Index seit 2009 alle zwei Jahre vom Hamburger Trendforscher Peter Wippermann und von Jens Krüger, dem Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts TNS Infratest. Zuletzt stand Gesundheit auf Platz eins - gefolgt von Freiheit und Erfolg. Quelle: dpa
Die Nachhaltigkeit liegt auf Platz zehn – im Vorjahr war es noch der neunte Rang. In der Definition der Experten heißt es zur Nachhaltigkeit: „Die moderne Gesellschaft muss eine äußere Balance in ihrem Verhältnis zur Umwelt, zur Natur finden, die ausgebeutet und verschmutzt wird. Die ökologische Beschreibung der Welt hat in den letzten Jahrzehnten aus der Menschheit wieder eine Schicksalsgemeinschaft gemacht.“Die Definitionen wurden von Norbert Bolz verfasst, der am Institut für Sprache und Kommunikation der technischen Universität Berlin lehrt. Von 1992 bis 2002 war er Professor für Kommunikationstheorie an der Universität Duisburg/Essen. Er beschäftigt sich mit der Frage wie technologische und ökonomische Veränderungen kulturell antizipiert werden. Quelle: AP
Auf dem neunten Platz liegt die Gerechtigkeit. Das meint: „Die meisten Menschen können nicht sagen, was Gerechtigkeit ist, aber sie haben ein sehr genaues Empfinden für Ungerechtigkeiten. Das ethische Bedürfnis nach Rechtfertigung ist heute stärker als jedes materielle Bedürfnis.“ Quelle: dpa
Auf Platz acht kommt die Anerkennung. Davon erhielt Sängerin Ariana Grande zuletzt reichlich. Wer nur sein Eigeninteresse befriedigt, steigert damit nicht auch sein Selbstwertgefühl. Das Bedürfnis ist das Thema der Ökonomie, der Wunsch ist das Thema der Psychologie und das Begehren nach Anerkennung ist das Thema der Soziologie. Dass Wünsche unerfüllbar sind, liegt daran, dass sie nur Stellvertreter eines Begehrens sind, das unser ganzes Leben beherrscht: das Begehren nach Anerkennung. Quelle: REUTERS
Zur Sicherheit heißt es in dem Index: Sicherheit gibt es heute nicht mehr. Um so dringender brauchen wir einen Ersatz. Die moderne Welt findet ihr Sicherheitsäquivalent in zirkulierender Unsicherheit. Man könnte auch sagen: Sicherheit gibt es heute nicht mehr durch Gewissheit, sondern nur noch durch Vertrauen. Gerade das hat die Bankenkrise wieder deutlich gemacht. Quelle: dpa
Familien produzieren Gefühle. Genauer, nämlich mit dem Ökonomen Gary Becker gesagt, sie produzieren die family commodity. Kinder sind dauerhafte Konsumgüter, die psychische Befriedigung verschaffen. Es gibt eine Menge Güter, die in den Berechnungen des Bruttosozialprodukts nicht auftauchen, z. B. Zahl und Qualität der Kinder, aber auch die sexuelle Befriedigung, Liebe und Gespräche. Das Faszinierende dieser Familiengüter besteht darin, dass man sie konsumieren kann, ohne damit anderen Haushaltsmitgliedern etwas wegzunehmen. Im Bild eine besondere TV-Familie aus den USA: Kim Kardashian, Kendall Jenner, Kylie Jenner, Lamar Odom, Khloe Kardashian, Kourtney Kardashian Quelle: AP
Die Gemeinschaft landet auf Platz fünf. Empirische Untersuchungen zum sogenannten Well-being zeigen immer wieder, dass nichts für Glück und Wohlbefinden wichtiger ist, als mit anderen in enger Verbindung zu stehen. Soziale Bindungen schränken aber Freiheit und Autonomie ein. Daraus folgt aber, dass Glück nicht mit Unabhängigkeit korreliert ist. Eher gilt umgekehrt: Was uns glücklich macht, bindet uns. Quelle: dpa

Aber wenn man sich aktuelle Umfragen anguckt, die zeigen, dass die Mehrheit der Deutschen es auch heute noch für richtig hält, dass wir damals die vielen Flüchtlinge bei uns aufgenommen haben, dann steht "typisch deutsch" eben gerade nicht für Ausgrenzung. Es kommt einem aber so vor: Denn "Deutschland!" wird voller Inbrunst und fahnenschwenkend eben nur von jenen gebrüllt, die die Ausländer loswerden wollen.

Oder eben von Fußball-Fans. Denen zu sagen "Fahnen runter" ist gleich doppelt bescheuert. Denn es gibt ja nur zwei Möglichkeiten: Entweder man unterstellt abwegigerweise: Alle Fußballfans sind fremdenfeindliche Nationalisten. Dann bleiben sie es auch, wenn man ihnen die Fahnen wegnimmt. Nur dass man ihre Gesinnung nicht mehr erkennt.

Oder man unterstellt: Die Fußballfans demonstrieren mit der Fahne überwiegend ihre Zuneigung zur deutschen Mannschaft. Dann ist die Fahne Fan-Symbol im Wettstreit der Nationen. Wer "Nation gegen Nation" nicht will, muss internationale Sportturniere mit Länderwertung wie die Olympischen Spiele nach aktuellem Schema abschaffen. Viel Spaß!

Die weltoffenen Deutschen müssen sich ihre Fahne zurückholen

Man könnte es aber auch anders sehen: Warum ist ein Sylt-Aufkleber auf dem Auto nur spießig, ein Deutschland-Aufkleber aber befremdlich? Warum kann man jederzeit bedenkenlos die Europa-Flagge auf dem Balkon-Hissen, Schwarz-Rot-Gold aber nur alle zwei Jahre zu Zeiten der großen Fußball-Turniere?

Warum hat es einfach was heimeliges, wenn jemand sagt: "Ich bin stolz, ein Kölner zu sein"? - und peinlich zu sagen: "Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein"?

In NRW wird es regelrecht als kulturelles Manko empfunden, dass sich die Menschen im Rheinland, in Westfalen und in Lippe in diesem künstlich zusammengesetzten Bundesland nicht als Nordrhein-Westfalen empfinden. Warum sollte ein Zusammengehörigkeitsgefühl auf Bundesebene dann aber schädlich sein?

Antwort wieder: Weil "deutsch" von den Falschen unter Beschlag genommen wird. Genauso aber, wie die Bundeskanzlerin sinngemäß sagt, sie lasse sich von "Wir sind das Volk"-Rufen der Ewiggestrigen nicht absprechen, ebenfalls Teil dieses Volkes zu sein, genauso wenig sollten wir uns unsere Nationalflagge von den Fremdenfeinden und EU-Hassern abspenstig machen lassen.

Schwarz-Rot-Gold sind mehrheitlich die Farben der fried- und freiheitsliebenden, weltoffenen Deutschen. Basta! Wir müssen da nur umdenken.

Beispiel: Hitler war Vegetarier. Und trotzdem hat keiner den Grünen vorgeworfen, mit dem Veggi-Day im rechten Lager wildern zu wollen. Weil das Image vom Vegetarismus trotz allem in Ordnung ist. Und so, wie Grüne selbstbewusst auf Fleisch verzichten, könnten sie doch auch die Fahne schwenken. Für ein lockeres Schwarz-Rot-Gold auf die grüne Art.

Daraus folgt: Die weltoffenen Deutschen müssen sich ihre Flagge zurückholen und sie selber hissen. Im übertragenen Sinne.

„Eiserne Lady“ ohne Vision
Angela Merkel Quelle: dpa
Angela Merkel mit Norbert Röttgen Quelle: dapd
Angela Merkel Quelle: dpa
Angela Merkel Quelle: dpa
Angela Merkel Quelle: REUTERS
Angela Merkel Quelle: REUTERS
Angela Merkel Quelle: AP

Das Münchner Streetwear-Modelabel K1X startet morgen, am 15. Dezember, in Kooperation mit den Modebloggern von Dandy Diary die Kollektion "Das Deutschland Pack" (benannt frei nach Sigmar Gabriel): eine Kombination aus Jacke, Kapuzenpulli, Hose, Kappe, T-Shirt und Stiefeln. Das Motiv auf den Teilen ist die Deutschlandflagge. "Unser Ziel ist es, die Flagge in einem neuen Kontext zu zeigen", sagt Blogger David Roth der WELT. "Fernab von AfD und Pegida, die in den vergangenen Jahren diese Symbolik erfolgreich instrumentalisiert haben. (...) Denen sagen wir: Nein, diese Flagge gehört nicht euch! Sie gehört uns allen!"

Das könnten wir doch alle mal probieren. Muss ja nicht gleich ein Sonntagsspaziergang mit wehenden Fahnen um Hals und Hüfte sein. Es geht auch anders: Die Schweden zum Beispiel hängen Girlanden aus kleinen schwedischen Fahnen in den Weihnachtsbaum.

Warum nicht mal ein Weihnachtsbaum in Schwarz-Rot-Gold? Hohoho! Ist das Frevel? Oder zumindest eine Verweltlichung des Weihnachtsbrauchs? Naja, Zweites vielleicht ein bisschen. Aber für den guten Zweck. Und im weitesten Sinne ja als Symbol für Nächstenliebe.

Und der Schritt dahin wäre ja nicht allzu groß. Rot und Gold hängt bei vielen von uns meist eh schon am Baum.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%